Kuli
(Coolie), in
Vorderindien
Name eines jeden
Tagelöhners ohne Pachtbesitz, eine
Verstümmelung des tamulischen Woliya,
nach andern von
Kol (s. d.) abgeleitet; dann Bezeichnung für jeden aus
Ostasien, besonders
China
[* 2] und
Japan, nach tropischen
Ländern zur
Auswanderung veranlaßten
Tagelöhner behufs Verrichtung jener
Arbeiten, zu welchen vor Unterdrückung
des
Sklavenhandels
Neger angekauft wurden. In
Britisch-Indien ist die Anwerbung von Auswanderern durch die
Gesetzgebung geregelt
worden; sie begann 1842, als
Mauritius anfing, Kulis
zu importieren, 1845 folgte Britisch-Westindien, 1860
Natal, 1878
Fidschi.
Von den französischen
Kolonien importierte
Réunion zuerst 1860,
Guayana und
Französisch-Westindien 1873 und in
demselben Jahr auch
Surinam ostindische Kulis.
Nach dem dänischen Ste.-Croix kamen dieselben 1864.
In dem Zeitraum 1842 bis 1870 wanderten
523,535 Kulis
aus, und 112,178 kehrten wieder zurück; 1874-84 wanderten 171,347 aus, davon über
Kalkutta
[* 3] 126,890, der Rest
über
Madras,
[* 4]
Bombay
[* 5] und französische Häfen. Nur in den letztern dürfen jetzt Kulis
für die französischen
Kolonien angeworben werden. Es befanden sich 1883 in den britischen
Kolonien 429,400 (davon 248,000 in
Mauritius), in den französischen
Kolonien
(Réunion und
Westindien)
[* 6] 73,000, in
Surinam 4156, in Ste.-Croix 87 Kulis.
Die in die Heimat Zurückkehrenden bringen oft bedeutende Ersparnisse mit sich. In China drängte die Dichtigkeit der Bevölkerung [* 7] von jeher zum Aufsuchen überseeischer Arbeitsfelder. Daher begann mit der Entdeckung von Gold [* 8] in Kalifornien und Australien [* 9] seit 1850 schnell eine bedeutende Auswanderung nach diesen Ländern, die aber infolge der rohen Ausschreitungen der dortigen weißen Bevölkerung und der ihr auch seitens der Regierungen bereiteten Hindernisse in jüngster Zeit bedeutend abgenommen hat; die Zahl sämtlicher Chinesen in den Vereinigten Staaten [* 10] belief sich 1880 auf 104,541 Seelen. Viele wandten sich auch nach dem benachbarten ¶
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Britisch-Amerika, dort zählte man 1881: 4383 chinesische Kulis.
In Australien und Neuseeland war die Zahl chinesischer Kulis
früher eine weit größere; 1881 zählte man aber nur 43,706, so viel wie Victoria
[* 12] früher allein beherbergte. Hier hat das
Fallen der
[* 13] Erträge der Goldfelder und die Einwanderung erschwerende Bedingungen (Kopfsteuer etc.) eine solche
Verminderung bewirkt. Während diese Auswanderung eine durchaus freiwillige war, nahm dieselbe mit Eröffnung der chinesischen
Häfen durch den Frieden von Peking
[* 14] (1860) einen ganz andern Charakter an. Macao wurde der Mittelpunkt für die Auswanderung nach
solchen Ländern, welche Arbeiter für ihre Baumwoll- und Zuckerplantagen bedürfen, und der Sammelplatz für
die mit den verwerflichsten Mitteln, selbst durch Menschenraub Zusammengebrachten.
Indes schritten die englischen Behörden in Hongkong seit 1872 gegen die Schiffe,
[* 15] welche mit geraubten Kulis
Macao zusteuerten,
sehr energisch ein, und auch China erhob Beschwerde bei der portugiesischen Regierung, so daß die letztere sich
genötigt sah, den Kuli
handel in Macao gänzlich abzuschaffen. Diese Auswanderer erfuhren in Peru,
[* 16] wo 1876 sich
50,032 Kulis
befanden, und in Cuba (1882: 48,811) sowie in Kolumbien, wo bei den Eisenbahnarbeiten auf der Landenge von Panama
[* 17] chinesische Kulis
in Massen hinstarben, die schmählichste Behandlung; eine menschenwürdige wurde ihnen in Peru und in den
spanisch-amerikanischen Besitzungen erst durch die seitens Chinas mit Peru und mit Spanien
[* 18] abgeschlossenen
Verträge gesichert. In jüngster Zeit hat auch eine zunehmende Auswanderung nach Hawai
[* 19] stattgefunden, wo 1884 sich 17,939 chinesische
Kulis
befanden.
Vgl. Beta, Der Kuli
handel (in »Unsere Zeit« 1871);
Ratzel, Die chinesische Auswanderung (Berl. 1876).