Küsnacht
(Kt. Zürich, Bez. Meilen). 427 m. Gem. und Pfarrdorf, am rechten Ufer des Zürichsees und 7 km nnw. Meilen. Station der rechtsufrigen Zürichseebahn (Zürich-Meilen-Rapperswil) und Dampfbootstation. Postbureau, Telegraph, Telephon. Die Gemeinde steigt vom Seeufer bis zum Kamm der Zürichbergkette auf, über die der Uebergang der Forch (685 m) ins Glattthal hinüber führt. Gemeinde, mit Almend, Ausseralmend, Bogleren, Bühl, Goldbach, Heslibach, Itschnach, Limberg, Schmalzgrub, Schübel, Wangen und einem Teil von Forch: 472 Häuser, 3391 Ew., wovon 2902 Reformierte;
Dorf: 228 Häuser, 1808 Ew. Reform. und kathol. Pfarrkirche. 620 ha Wiesen;
145 ha Reben, die einen geschätzten Wein (Wangensbacher) liefern.
Eine Seidenweberei, eine Dreherwerkstätte, 3 mechanische Werkstätten; in Goldbach eine chemische Kleiderfärberei mit 120 Arbeitern. Elektrisches Licht. Einzelfund aus der Bronzeperiode; römische Siedelung beim Isiskilchli ob Goldbach; Alemannensiedelung.
Chussenacho = Kuosenach = vom fliessenden
Wasser (ach) angeschwemmtes Kiesland (kuosen =
Kies). Im 8. und 9. Jahrhundert: Chussenacho,
Chussenachun; 1087: Chussinach; 1290: Kuessenach. ^[Berichtigung: 1087: Cussinach;
1180: Chossenach;
1230: Kussenacha;
1313 Kuessenach. Enthält den Personennamen Cusso.] Der Name früher häufig
Küssnacht geschrieben,
dann aber nach langen Debatten offiziell in Küsnacht
umgeändert.
Grossmünster und Fraumünster in Zürich
waren in der Gemeinde
begütert, ebenso die
Klöster
Rüti,
Kappel,
Einsiedeln und einzelne Zürcher Bürger. 1188 wird die wohl schon länger bestehende
Kirche zum erstenmal urkundlich erwähnt. Später gehörte der Kirchensatz den Freiherren von Thengen,
denen auch
Höfe und
Güter und der grösste Teil des Zehntens zustanden. Die
Grafen von
Lenzburg und die Herzoge von Zähringen
hatten als Inhaber der Reichsvogtei Zürich,
zu der Küsnacht
gehörte, im Dorf Ammänner, die wahrscheinlich auf der Burg
Wulp
oder Wurp gewohnt haben. Es war dies ein einfacher Burgstall, der im
Tobel auf einem vorspringenden Hügel stand und von dem
heute nur noch Reste des Fundament-Mauerwerkes vorhanden sind.
Nach dem Aussterben der Zähringer kam die Gerichtshoheit über Küsnacht
an die Freiherren von
Regensberg, denen die Zürcher
im Bunde mit Rudolf von
Habsburg 1268 die Burg
Wulp brachen. Die
Regensberger verkauften die
Herrschaft Küsnacht
im 14. Jahrhundert an die Ritter von Mülner in Zürich,
die schon seit 1300 die reichsvögtliche Gewalt im Dorfe besassen. 1384 verkauften
diese ihre Rechte an die Stadt
Zürich. Küsnacht
bildete dann bis 1798 einen Bestandteil der gleichnamigen
Obervogtei. 1358 hatten die
Herren von Thengen
Hof- und Kirchensatz der St. Georgenkirche von Küsnacht
an die Johanniter verkauft,
deren Grossmeister in deutschen Landen, Hugo von
Werdenberg, Komthur in
Wädenswil, bei der Kirche (wo jetzt das Seminargebäude
steht) ein Johanniterstift gründete.
Der letzte Komthur von Küsnacht
, Konrad
Schmid, war ein Freund Zwinglis und der Reformation und fiel
in der Schlacht bei
Kappel. An seinen Namen erinnern in der im 15. Jahrhundert umgebauten Kirche
Taufstein und
Kanzel. Nach
Schmids Tod wurde das Stift, wie alle
Klöster, als Staatsgut eingezogen. Schon im Waldmannischen Handel (1489) standen die
Küsnachter
Bauern auf
Seiten der Opposition; beim Stäfnerhandel (1795/96) spielten Bürger des Dorfes
eine grosse
Rolle (Seckelmeister Fierz u. A.), und im sog. Bockenkrieg musste der
Ort entwaffnet werden. Auch an der Bewegung
der 30er Jahre des 19. Jahrhunderts nahm Küsnacht
hervorragenden Anteil (Dr. Ludwig Snell und
¶
mehr
das Küsnachter
Memorial. Snelldenkmal am See). 1832 fand das neu gegründete kantonale Lehrerseminar im Gebäude der Johanniterkomthurei
seine Unterkunft; hier werden heute noch die zürcherischen Primarlehrer gebildet. Unter den Direktoren der Anstalt ragten
namentlich Dr. Thomas Scherr (1832-1839) und Dr. Heinrich Wettstein (1875-1895) als bedeutende Pädagogen hervor. Das Seminar
zählt durchschnittlich 180-230 Zöglinge. Der das Dorf durchfliessende wilde Küsnachterbach (s. diesen
Art) hat durch plötzlich einsetzendes Hochwasser nach schweren Gewittern zweimal, 1778 und 1878, grosse Verwüstungen angerichtet.
Heute ist er verbaut.
Vergl. Vögelin, Sal. Konrad Schmid, Komthur zu Küsnacht
(im Zürcher Taschenbuch. 1. Serie 1862). Zürich
1862. - Zeller-Werdmüller,
H. Das Ritterhaus Bubikon (in den Mitteilungen der Antiquar. Ges. zu Zürich.
Band 21). Zürich
1881/1886. - Grob, C. Das
Lehrerseminar in Küsnacht.
Zürich
1882. - Meyer, J. Hch. Blätter aus der Geschichte von Küsnacht.
Zürich
1863. - Hahn, J. Rud. Die Kirche
zu Küsnacht
(im Anzeiger für schweizer. Altertumskunde 1886). - Binder, J. J. Küsnacht's
Unglück in
zwei Jahrhunderten 1878-1778. Zürich
1878. - Dändliker, C. Komthur Schmid von Küsnacht
(im Zürcher Taschenbuch auf 1897). Zürich
1897. -
Dändliker, C., H. Flach und H. Frey. Küsnacht
am Zürichsee. Zürich
1900.