Küche,
der zur Bereitung der Speisen bestimmte Raum eines Gebäudes. In kleinern, nur von einer Familie bewohnten Häusern wird dieselbe nach englischer Sitte oft in das Souterrain verlegt, von wo allerlei bei der Bereitung der Speisen sich entwickelnde Gerüche weniger leicht in die Wohnräume gelangen. In der Regel steht die Küche mit Speisekammer, Spülküche, Anrichteraum und Küchenstube für den Aufenthalt der Dienstboten in Verbindung. Eine gut angelegte Küche muß hell, geräumig, im Sommer kühl (also nach N. oder NO. gelegen), vom Vorplatz aus zugänglich, gut ventiliert und feuersicher sein; sie erhält deshalb einen mit dem Kamin in Verbindung stehenden Rauchabzug und einen wenigstens in der Nähe der Feuerstelle mit Thonplatten belegten oder mit Blech überzogenen hölzernen Fußboden. Die Wände der Küchen werden, um abgewaschen werden zu können, am besten mit Ölfarbe oder Wasserglas angestrichen oder mit Porzellanplatten belegt. Sehr bequem ist die Zuleitung von Wasser zur Küche, sei es aus einem natürlichen Wasserlauf, aus einem unter dem Dach des Hauses aufgestellten Reservoir oder aus einer künstlichen Wasserleitung, sowie ein Gußstein zum Ableiten des unreinen Wassers mit Wasserverschluß, um das Eindringen übelriechender Gase aus dem Abflußkanal zu vermeiden. Über Kochherd und Kochmaschine s. d. Als Heizmaterial benutzt man Holz, Torf, Braun-, Steinkohlen, Koks und sehr vorteilhaft Grude, welche eine sehr gleichmäßige, nicht zu starke Hitze entwickelt und daher zur Bereitung der Speisen besonders geeignet erscheint. In größern Städten kocht man mehr und mehr mit Gas, welches beim Ausströmen mit so viel Luft gemischt wird, daß es nicht schwärzt. Gaskochapparate sind bei mäßigen Gaspreisen besonders für die Sommerzeit deshalb empfehlenswert, weil man bei ihnen die eben erforderliche Menge von Brennmaterial genau abmessen kann, während in den Kochmaschinen namentlich zum Erhitzen geringer Mengen stets sehr viel Brennmaterial ungenutzt verbrannt wird. Hiernach empfiehlt sich die sehr verbreitete abwechselnde Anwendung von Kochherden und Gaskochern zur Bereitung der Haupt- und Zwischenmahlzeiten. Für große Einrichtungen empfehlen sich Dampfkochapparate, neben welchen aber für gewisse Zwecke stets noch freies Feuer gebraucht wird. Die Kochgefäße bestehen aus glasiertem Thon, dessen Glasur an saure Speisen kein Blei abgeben darf, aus emailliertem Eisen, Weißblech, Kupfer- oder Messingblech. In neuerer Zeit verdrängen aus einem Stück Stahlblech gestanzte und emaillierte Gefäße die gelöteten Weißblechgefäße mehr und mehr, auch führen sich vernickelte Geschirre schnell ein. Von großem Vorteil ist die Anwendung der Dampfkochtöpfe, in welchen die Speisen unter erhöhtem Dampfe viel schneller gar werden als in offenen Töpfen. Für viele Zwecke eignen sich auch Blechtöpfe, in welchen das eigentliche Kochgefäß derartig angebracht ist, daß es nirgends die Wand des äußern berührt. Wird letzteres mit einem gut schließenden Deckel bedeckt, so ist das Kochgefäß allseitig von heißer Luft umgeben, ohne leicht überhitzt zu werden. Bei Messing- und Kupfergeschirr ist die Möglichkeit, daß die Speisen kupferhaltig werden, zu beachten.
Außer dem Ort, in welchem gekocht wird, bedeutet Küche auch das Produkt der Kochkunst (z. B. gute Küche, s. v. w. gut zubereitete Speisen). Man bezeichnet damit aber auch den Charakter der zubereiteten Speisen, die Art und Weise dieser Zubereitung in den verschiedenen Ländern und unterscheidet französische, englische, italienische, russische, deutsche Küche etc. Die französische Küche ist die berühmteste und am weitesten verbreitete; fast auf der ganzen Welt und namentlich in allen Hotels der Großstädte ißt man Speisen, welche auf französische Art zubereitet sind. Die charakteristischen Merkmale dieser Küche bilden: die Sorgfalt bei der Zubereitung, die Leichtigkeit und der Wohlgeschmack der Speisen selbst, der Wert, den man auf feine Saucen legt, der Grundsatz, daß nur das beste Material zur Verwendung gelangen soll, und endlich das Überwiegen der Vor- und Zwischenspeisen (hors d'œuvres, entrées, relevées, entremets). Die echte französische Küche ist die beste der Welt und hat nach und nach einen ganz wesentlichen Einfluß ausgeübt auf die Küchen der andern Länder. Die englische Küche bevorzugt das Solide und Kräftige; große Stücke Fleisch (Roastbeef, Schinken), in Wasser gekochtes Gemüse und Pie (Pudding). Namentlich wird in den Häusern des Mittelstandes viel kaltes Fleisch auch zum Mittagstisch genossen. Zum Fleisch werden sehr scharfe Reizmittel genossen: Pickles, scharfe Pfeffersaucen (die sogen. englischen Saucen) und andre Würzen. Beim Kochen werden Fleisch und die andern Speisen wenig gesalzen; man fügt das Salz und zwar in großen Quantitäten erst beim Essen hinzu. Daß der Engländer liebe, das Fleisch halbroh zu genießen, ist ein Aberglaube, entstanden durch den Mißbrauch, den man mit der sogen. »englischen auf dem Kontinent getrieben hat. Rind- und Hammelfleisch sollen rasch und saftig gebraten sein und beim Anschneiden eine leichte, rötliche Färbung zeigen. Dagegen verlangt auch der Engländer, daß Kalb- und Schweinefleisch, Geflügel und Wild richtig durchgebraten werden. Die alte
mehr
englische Küche verschwindet auch in England mehr und mehr; sie ist durch französische Einflüsse und Köche ganz wesentlich modifiziert worden. Eine deutsche Küche im eigentlichen Sinn des Wortes gibt es nicht; unsre moderne Küche hat von den ausländischen Küchen mehr entlehnt als die Küche irgend einer andern Nation. Dabei ist oft der Geist des Originals verloren gegangen und nur die verschwommene, geschmacklose Nachahmung der Form geblieben. Die Küche Norddeutschlands lehnt sich sehr an England an. Das Fleisch wird meist gebraten genossen. Man bevorzugt das Scharfe, Saure, Gesalzene, auch die Fischspeisen, Hülsenfrüchte (grüne Erbsen, Grütze), Kartoffeln und das Mus. Die mitteldeutsche Küche ist die schlechteste; bei ihr dominiert die Suppe und da wieder die Wassersuppe oder Suppe aus Bier, Milch, Obst etc. Fleisch wird am häufigsten gekocht, oft ausgekocht. Ferner findet das Innere der Tiere mehr als in andern Gegenden Verwendung: Gekröse, Kaldaunen, Kuttelflecke, Schöpsbutten, Bröschen, Euter etc. Gut zubereitet sind in der Regel die Gemüse, besser als in Frankreich. Die süddeutsche Küche zeichnet sich aus durch gute Suppen, vortreffliches Rindfleisch und durch schmackhaftes Backwerk. Das Fleisch wird sehr viel gebacken und paniert gegessen: Kalb-, Lämmerfleisch, Geflügel und Fische. Kalbfleisch ist in verschiedener Zubereitung sehr beliebt, Hammelfleisch dagegen sehr selten, Schweinebraten häufiger. Das Gemüse wird vernachlässigt, Kartoffeln sind weniger beliebt. Anstatt mit Butter wird viel mit Schweinefett (Schmalz) und Öl gebraten und gebacken. Das Hauptgewicht wird aber auf die Mehlspeisen gelegt, in deren Zubereitung Ausgezeichnetes geleistet wird.