Kronos
(unrichtig
Chronos, s. unten), in der griech.
Mythologie Sohn des
Uranos und der
Gäa, der jüngste der
Titanen,
entmannte und entthronte seinen
Vater, übernahm die Herrschaft und vermählte sich mit seiner
Schwester
Rhea.
[* 2] Da ihm aber von
Gäa prophezeit worden war, er werde ebenfalls von einem seiner
Kinder entthront werden, so verschlang
er diese (nämlich die
Hestia,
[* 3]
Demeter
[* 4] und
Hera,
[* 5] den
Pluton
[* 6] und
Poseidon)
[* 7] sogleich nach der
Geburt. Nur
Zeus,
[* 8] den jüngsten Sohn,
rettete
Rhea, indem sie dem Kronos
statt desselben einen mit Windeln umwickelten
Stein zum Verschlingen gab.
Als
Zeus herangewachsen war, nötigte er unter
Beihilfe der
Okeanide
Metis vermittelst eines Trankes den
Vater, die verschlungenen
Kinder wieder von sich zu geben, und begann dann im
Verein mit seinen
Brüdern den
Kampf gegen Kronos
und die
übrigen
Titanen (Titanomachie), worin letztere endlich unterlagen und in den
Tartaros gestürzt wurden; nach andern herrschte
Kronos
mit
Rhadamanthys auf der
Insel der
Seligen. Kronos
hatte ein Heiligtum in
Athen
[* 9] unter der
Burg; zu
Olympia im
Hain des
Zeus befand
sich der Kronische
Hügel, auf dem ihm geopfert ward. Die
griechische Kunst hat, wie die
Religion, wenig
Notiz von Kronos
genommen. Dargestellt wurde er als
alter Mann mit über das Hinterhaupt gezogenem Gewand und einer Harpe in der
Hand
[* 10]
(Büste in
Villa
¶
mehr
Albani). Die Römer
[* 12] identifizierten ihn mit ihrem Saatengott Saturnus (s. d.). Zu der Deutung des als eines Gottes der Zeit
scheint bloß die naheliegende Verwechselung von Kronos
mit chronos (»Zeit«) Veranlassung gegeben
zu haben, eine Verwechselung, welche dann folgerichtig auch auf Saturnus überging (vgl. Schwartz in den »Jahrbüchern für Philologie«,
Bd. 119). Historischen Hintergrund will im Kronos-
und Zeusmythus finden Em. Hoffmann, Mythen aus der Wanderzeit der gräkoitalischen
Stämme (Teil 1: »Kronos
und Zeus«, Leipz. 1876).
Vgl. dagegen Roscher in der »Jenaer Litteraturzeitung« 1877, Nr. 6, und Bursian im »Litterarischen Zentralblatt« 1880, Nr. 34.