Kritik
(griech.), s. v. w. Beurteilung. Dieselbe kann,
was den Beurteilenden betrifft, objektiv, d. h. ohne, oder subjektiv, d. h.
mit Voreingenommenheit für oder gegen den Gegenstand der Beurteilung (tendenziöse was das Beurteilte betrifft, theoretisch,
auf
Thatsachen, oder praktisch, auf
Werte bezüglich, sein.
Subjektive Kritik
, gleichviel ob sie aus einem individuellen
(Marotte,
Kaprice), konfessionellen oder politischen
Partei-, nationalen, Zeit- oder Modevorurteil entspringt, ist ohne wissenschaftlichen
Wert; des
Namens würdig ist nur die objektive (parteilose) Kritik.
Die theoretische Kritik macht sich zur Aufgabe,
angebliche
Thatsachen, die praktische Kritik
, angebliche
Werte als bloß vermeintliche darzuthun, indem sie entweder sich mit diesem
Nachweis begnügt (negative Kritik
), oder die wirklichen
Thatsachen, die wahren
Werte an deren
Stelle setzt (positive
Kritik
). Je nachdem die
Thatsache, welche die theoretische als vermeintliche erweist, die Thatsächlichkeit einzelner (angeblicher)
Erkenntnisse oder die
Thatsache des
Erkennens überhaupt
¶
mehr
betrifft, tritt dieselbe als Kritik
von Erkenntnissen oder als Kritik der Erkenntnis auf. Jene bestreitet z. B. als Wunderkritik
die
Thatsächlichkeit übernatürlicher, als historische Kritik
jene profangeschichtlicher, als philologische Kritik jene
philologischer Angaben (als Texteskritik
besonders die Authentizität und Unverfälschtheit überlieferter schriftlicher Urkunden,
als archäologische Kritik
diejenige überlieferter Denkmäler: hier oft bloße Konjekturalkritik
).
Diese bestreitet entweder die Thatsache des Erkennens überhaupt (absolute Skepsis), oder die Thatsache einer Erfahrungserkenntnis
(empirische Skepsis: Hume), oder die einer Erkenntnis durch reine Vernunft (rationale Skepsis: Kant). Die praktische Kritik
weist entweder
als sittliche Kritik
den angeblich sittlichen Wert menschlicher Willensentschließungen oder als ästhetische Kritik den
angeblich ästhetischen Wert menschlicher Kunstleistungen als bloß vermeintlichen zurück, indem sie
die erstern am Maßstab
[* 3] der sittlichen, die letztern an jenem der ästhetischen Ideen zu messen unternimmt. - Kritisch, entscheidend,
und zwar entweder: eine Krisis (s. d.) bezeichnend und daher s. v. w.
bedenklich, gefährlich, oder: der Kritik
gemäß beurteilend;
kritisieren, etwas zum Gegenstand der Kritik
machen,
auch s. v. w. bekritteln;
Kritiker
, einer, der eine Kritik
fällt, Kunstrichter;
Kritik
aster, schlechter, Afterkritiker.