Krīsis
(griech., Krise, »Urteil, Entscheidung«),
in der ältern
Medizin der
Ausgang einer
Krankheit in
Genesung, wenn
derselbe
rasch und vollständig geschieht, während eine allmähliche Beseitigung einer
Krankheit
Lysis genannt wurde. Man hielt die
Krisis
für eingetreten, wenn nach hohem
Fieber und andern bedrohlichen
Erscheinungen der Kranke schnell ruhig geworden, zum
Bewußtsein
gekommen war und das
Fieber nachgelassen hatte. Zum
Begriff der Krisis
oder der kritischen
Entscheidung der
Krankheit gehörte aber
noch, daß der
Ausgang in
Genesung von einer gesteigerten Thätigkeit der Absonderungsorgane und einer merklichen
Vermehrung der
Produkte derselben begleitet sei. Zu diesen kritischen
Ausscheidungen rechnete man den nach fieberhaften
Krankheiten,
auf welche man die kritischen
Erscheinungen vorzugsweise beschränkte, ausgeschiedenen dunkeln
Urin, welcher beim Erkalten
einen starken
Niederschlag fallen ließ, einen reichlichen, aber warmen und anhaltenden
Schweiß, einen
Auswurf von besonderer
Beschaffenheit etc. Das Auftreten dieser kritischen Ausleerungen glaubte man wohl auch als
die
Ursache des
Nachlassens einer
Krankheit annehmen zu dürfen. Zu der alten Krisenlehre gehört auch noch
die
Lehre
[* 2] von den kritischen
Tagen.
Schon
Hippokrates nahm an, daß gewisse
Krankheiten nur an bestimmten
Tagen (am 5., 7., 9., 11.
Tag) sich entscheiden;
Galen hat
diese
Ansicht auf die Nachwelt überliefert, und heutzutage
noch ist der
Glaube daran im
Publikum gäng und
gäbe.
Alle diese
Annahmen jedoch haben sich im
Lauf der
Zeiten als unrichtig erwiesen, und man versteht gegenwärtig unter Krisis
nur
das plötzliche, meist unter reichlichem
Schweiß erfolgende Aufhören des
Fiebers, welches dann alle andern
Erscheinungen hinreichend
erklärt, und mit welchem auch die größte
Gefahr beseitigt zu sein pflegt. Zu den fieberhaften
Krankheiten,
welche mit einer Krisis
abschließen, gehören die
Lungenentzündung, Malariafieber, und vor allem ist der
Rückfalltyphus durch
öftere kritische Fieberanfälle ausgezeichnet.
Vgl. Spieß, Pathologische Physiologie (Frankf. 1857). -
Im volkswirtschaftlichen Sinn bezeichnet man mit Krisen starke Störungen im Verlauf von Produktion und Verkehr, insbesondere im Gleichgewicht [* 3] zwischen Bedarf und Erzeugung (s. Handelskrisis).