Krim
[* 2] (russ. Krym, franz. la Crimée), Halbinsel im südlichen Rußland, zum Gouvernement Taurien gehörig und daher auch Taurische Halbinsel genannt, bildet eine 25,700 qkm (466,7 QM.) große Landmasse, die nur durch die schmale, 5-7 km breite Landenge von Perekop zwischen dem Schwarzen und Asowschen Meer mit dem russischen Festland zusammenhängt (s. Karte). Die Küsten bilden eine Menge von Buchten und mehr oder weniger brauchbaren Häfen. Neben der Landenge von Perekop liegt westlich der Karkinitische Busen oder das Tote Meer, östlich der Siwasch oder das Faule Meer.
Die Krim
zerfällt physisch in zwei Abteilungen: eine monotone
Ebene
(Krimsche Steppe), die, eine Fortsetzung der großen südpontischen
Steppe, sich über drei
Viertel der ganzen
Halbinsel erstreckt und unzählige Viehherden ernährt, sonst aber fast gar nichts
erzeugt, und eine Bergregion, welche den südlichen Teil einnimmt und die großartigsten und schönsten Landschaftsbilder
darbietet. Südlich von
Simferopol nimmt das Land mit den ansteigenden
Höhen allmählich einen reichern
Charakter an; herrliche
Wiesen wechseln mit
Feldern,
Gärten und Wäldern ab.
Jüngeres Kalkgebirge steigt in
Hügeln und Bergzügen auf und bildet
die Vorstufe zu dem isolierten
System des
Taurischen
Gebirges (s. d.). Die beträchtlichsten Gewässer sind: der Salghir mit
dem
Karasu, die
Alma, Katscha, der Belbek und die
Tschernaja Reetschka, die sämtlich auf der Nordseite des ältern
Gebirges
entspringen, in ihrem Oberlauf in zahllosen
Kaskaden durch enge, üppig bewaldete Schluchten sprudeln, dann
durch die geräumigen
Thäler des Gebirgsvorlandes an zahllosen Dörfern vorbeifließen und endlich das jüngere Kalkgebirge
durchbrechen, um in weit ausgewaschenen Thalniederungen langsam durch die
Steppe dem
Meer zuzufließen.
Das Gebirge hält die erstarrenden Winterwinde aus N. und NO. ab und macht auf diese Weise bei dem vorzüglichen Klima [* 3] den schmalen Küstensaum mit den malerisch steilen Bergabhängen zwischen Neusudak und Balaklawa zu einer paradiesischen Region, die bei subtropischer Vegetation den mannigfachsten Wechsel von prächtigen Villen, Festen und Ruinen der Vorzeit, Klöstern und tatarischen Moscheen, schönen Gärten, Weinbergen und herrlichen Olivenhainen darbietet und längst ein ¶
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Lieblingsaufenthalt russischer Großen geworden ist. Während die Gebirge von Eichen-, Buchen- und Nadelwäldern (Pinus sylvestris
und laricio) bedeckt sind, wachsen am Fuß derselben Lorbeerbäume, Cypressen und Feigenbäume. Vollständig akklimatisiert
haben sich auf diesem schmalen Küstenstrich auch: Oleander, Magnolien, Tulpenbäume, Bignonien, Myrten, Kamelien, Mimosen, Granaten,
[* 5] Papiermaulbeerbaum etc. Die hauptsächlichsten Produkte der Krim
sind: Getreide,
[* 6] Hirse,
[* 7] Tabak,
[* 8] vortrefflicher
Wein und eine Menge des vorzüglichsten Obstes.
Auch die Bienen-, Seidenraupen-, Pferde-, Kamel-, Rindvieh- und Schafzucht ist erheblich. Die krausen, unter dem Namen der Merluschki
oder krim
schen Baranken bekannten Lämmerfelle sind ein gesuchter Handelsartikel. An Mineralien
[* 9] werden gewonnen: Porphyr, verschiedenfarbiger
Marmor, Kalkstein und Salz
[* 10] aus den Seen, welche, an 400, in drei Gruppen verteilt, alle stark salzhaltig sind.
Die reichste Ausbeute geben die südlich von Perekop, eine geringere die auf der Halbinsel Kertsch und um Eupatoria gelegenen.
Außer diesen drei Seegruppen befinden sich auch einige Salzseen auf der Landzunge von Arabat. Über die ethnographischen
und wirtschaftlichen Verhältnisse der Krim
s. Taurien.
Die Halbinsel hieß im Altertum Taurische Chersonesos von den Tauriern, die man für Reste der von den Skythen in das Gebirge
gedrängten Kimmerier hält. Neuere Forscher in der Krim
verlegen das in der Sage vom Argonautenzug beschriebene Land Kolchis hierher.
Seit 600 v. Chr. blühten daselbst griechische, von Milet gegründete Kolonien. Zur Zeit der Perserkriege
bildete sich das Bosporanische Reich (s. d.), welches nicht bloß die Halbinsel umfaßte, sondern auch auf die Ostküste des
Asowschen Meers sich ausdehnte, unter Mithridates seine höchste Macht erlangte, 47 v. Chr. von den Römern unterworfen wurde
und sich unter römischer Oberherrschaft bis in die Völkerwanderung erhielt,
wo die Hunnen es gänzlich
zerstörten.
Nach diesen wurde die Krim
von den Chasaren eingenommen und 640 unter dem Kaiser Heraklios mit dem byzantinischen Reich vereinigt.
Nachdem in den folgenden Jahrhunderten Kumanen, Petschenegen und andre Barbarenvölker das Land verwüstet hatten, drangen 1237 die
Tataren herein und gaben ihm den Namen Krim
(»Festung«).
[* 11] Die Venezianer trieben bedeutenden Handel dahin, wurden
aber von den Genuesen verdrängt, welche 200 Jahre lang den Alleinhandel in der Krim
besaßen und, wie die Griechen, an der
Südküste Städte und Burgen
[* 12] bauten.
Ihre Hauptniederlagen waren: Kaffa, Sudak und Balaklawa. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. wurden die
Genuesen von den Türken vertrieben, und 1478 ernannte Mohammed II. den Tataren Mengli Gherai zum Chan der Krim
und der nördlichen
Pontusküste (Kleinen Tatarei) unter Oberherrschaft der Pforte. 1736 drangen die Russen zum erstenmal verwüstend in die ein; 1757 wurde
der seinen Unterthanen verhaßte Alyn Gherai von den nogaischen Tataren vom Thron
[* 13] gestoßen und Kerim Gherai
zum Chan ernannt. Im Frieden von Kütschük Kainardschi mußte die Pforte die als unabhängig anerkennen, die jedoch in Wirklichkeit
nun ganz in Abhängigkeit von Rußland kam.
Als 1779 die Tataren ihren Chan Sahib Gherai vertrieben, setzten die Russen ihn wieder ein, zwangen ihn aber
nachher, gegen ein Jahrgeld der Herrschaft ganz zu entsagen, und 1783 wurde die Halbinsel dem russischen Reich völlig einverleibt.
In den Jahren 1854-56 war die Krim
Schauplatz des vorletzten russisch-türkischen Kriegs (s. Krimkrieg).
Vgl. Koch, Die Krim
und Odessa
[* 14] (Leipz. 1855);
Th. v. Grimm, Die Taurische Halbinsel (Berl. 1855);
Remy, Die in ethnographischer, landschaftlicher und hygienischer Beziehung (Leipz. 1872);
Telfer, The Crimea and Transcaucasia (London [* 15] 1876, 2 Bde.);
Ssonogorow, Führer durch
die Krim
(russ.,
[* 2]
^[Abb.: Karte der Halbinsel Krim.]
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2. Aufl., Odessa 1880); Canale, Della Crimea e dei suoi dominatori dalle sue origini fino al trattato di Parigi (Genua [* 17] 1856, 3 Bde.); »Antiquités du Bosphore cimmérien« (Petersb. 1854, 3 Bde.).