Kreuzigung
,
das Aufhängen, bez. Annageln eines lebenden Menschen an einem hölzernen Kreuz, [* 3] um ihn langsam und qualvoll verschmachten zu lassen. Diese Todesstrafe ist aus dem tiefern Orient bei Persern, Syrern, Phönikern, Karthagern, teilweise auch, durch Alexander d. Gr., bei den Griechen in Gebrauch gekommen, spielte aber, mit der Geißelung verbunden, eine besonders fürchterliche Rolle in den Händen der römischen Justiz, wo die als »Sklaventod« (servile supplicium) über Sklaven, Gladiatoren, [* 4] Räuber, Aufrührer, später im Fall des Hochverrats auch wohl gegen römische Bürger verhängt wurde.
Wenn das Gericht das Urteil mit den Worten: »Abi in crucem« gesprochen hatte, wurde der Verurteilte dem Scharfrichter oder den Soldaten zur Vollstreckung des Urteils übergeben. Als Einleitung folgte die Geißelung. Sodann wurde der Verbrecher, das Kreuz (über die Formen und Benennungen des Kreuzes s. Kreuz) auf seinen Schultern und die Schuldtafel um den Hals, wofern letztere nicht ein Herold vor ihm hertrug und sein Verbrechen ausrief, durch die belebtesten Plätze zur Richtstätte, gewöhnlich einem erhöhten, weithin sichtbaren Ort, geführt.
Nur ausnahmsweise ward das Kreuz vor der Ankunft des zu Kreuzigenden auf dem Richtplatz aufgestellt. In diesem Fall war es möglich, die Balken so mächtig zu beschaffen, daß sie als stehendes Kreuz den Gegendruck von den Leitern, Nachrichtern und Hammerschlägen aushielten. Regelmäßig aber erfolgte sonst die Annagelung am liegenden Kreuz, das erst dann mit dem unglücklichen Opfer aufgerichtet wurde. Der Tod war ein langsamer und äußerst schmerzlicher; er wurde häufig abgekürzt durch Zerbrechen der Beine (crurifragium) oder durch einen Lanzenstich in die Armhöhle. Der von der Militärgewalt Verurteilte wurde bewacht und durfte nicht abgenommen werden. Bei Verurteilung durch das bürgerliche Gericht fiel die Bewachung weg, und der Leichnam mußte seit Augustus den darum bittenden Verwandten ausgeliefert werden. Erst Konstantin scheint den Anfang zur Abschaffung der Kreuzesstrafe gemacht zu haben.
In der bildenden
Kunst ist die Kreuzigung
wegen des Kreuzestodes
Christi ein häufiger Darstellungsgegenstand,
aber niemals der
Akt der Annagelung an das
Kreuz, sondern der am
Kreuz hängende
Christus (meist im
Augenblick des Todeskampfes)
allein oder mit Umgebung. Über die
Darstellung des gekreuzigten
Christus allein s.
Kruzifix. Unter den figurenreichen
Darstellungen
der Kreuzigung
Christi sind drei
Gruppen zu unterscheiden. Die eine zeigt den historischen Vorgang, das
Kreuz
Christi
inmitten der
Kreuze der beiden
Schacher, umgeben von den Anverwandten und
Freunden des
Heilands, den römischen
Schergen und einer
Volksmenge.
Hierbei werden verschiedene Momente geschildert: die Ohnmacht der Maria, das Würfeln der Kriegsknechte um den Rock Christi, die Tränkung des Heilands mit dem Schwamm und die Öffnung der Seite durch die Lanze (unter dem Namen »coup de lance« berühmte Darstellung von Rubens im Antwerpener Museum). Diese einzelnen Vorgänge finden sich besonders in Kupferstichen, Holzschnitten, Glasgemälden, Altarbildern und plastischen Darstellungen des Mittelalters und der Renaissance, welche zu sogen. Passionen (s. d.) oder Stationen (s. d.) zusammengestellt sind.
Die zweite
Gruppe zeigt
Christus am
Kreuz, umgeben von den Anverwandten, in erster
Linie von der
Mutter
Maria (rechts vom
Heiland)
und
Johannes (links), den eigentlichen
Zeugen, zu denen sich oft
Maria
Magdalena, den Kreuzesstamm umfassend,
gesellt. Die dritte
Gruppe bilden die allegorisch-symbolischen
Darstellungen. Über dem
Heiland erscheint
Gott-Vater und die
Taube des
Heiligen
Geistes, und
Engel fangen in
Kelchen das aus den
Wunden
Christi strömende
Blut auf. Unten stehen oder knieen
Heilige, bei Altarbildern oft auch die
Stifter und ihre
Familie. In dogmatischem
Sinn schilderte
Lukas
Cranach die erlösende.
Kraft
[* 5] des Kreuzestodes
Christi auf Altarbildern (Stadtkirche zu
Weimar).
[* 6] Über die von der bildenden
Kunst
vor und nach der Kreuzigung
Christi dargestellten
Momente s.
Kreuztragung,
Kreuzaufrichtung und
Kreuzabnahme.