Kreideform
ation.
[* 2] In unsrer Kenntnis
der fossilen
Säugetiere bestand bis 1889 eine große
Lücke, sofern zwar
Säugetiere
der
Trias- und Juraschichten, aber keine aus der Kreideform
ation bekannt waren, weshalb das plötzliche
massenhafte und formenreiche Auftreten derselben in den ältesten Tertiärschichten um so auffälliger erscheinen mußte.
Da die
Formen der letztern einen sehr bedeutenden Fortschritt der
Organisation gegen die erstern zeigen, so war die
Lücke um
so schmerzlicher; alle Übergänge zwischen den
Jura- und Eocänsäugern fehlten.
Zwar hatte Leidy bereits 1856 einige im Judithbecken (Montana) der Felsengebirge gefundene Wirbel mit einigem Vorbehalt als von einem Kreidesäugetier (Ischyrotherium antiquum) herrührend beschrieben, aber sein Zweifel erwies sich als begründet, und die Wirbel mußten von Cope einem Reptil (Ischyrosaurus) zugeteilt werden. Nicht viel mehr ergab ein zweiter Fund von Wortmann (1882) aus den sogen. Laramieschichten von Dakota; es waren ein paar Zähne [* 3] und Fußbruchstücke, die sich teils einem Dinosaurier, teils einem Säugetier angehörig erwiesen und jedenfalls die Aufmerksamkeit auf diese durch Dakota, Wyoming und Montana verbreiteten Schichten lenkte, die als Süß- und Brackwasserbildungen viel eher Säugetierreste versprachen als die marinen Kreidebildungen.
Marsh betraute daher seinen
Assistenten Hotcher mit einer systematischen Durchforschung dieser
Schichten,
die im ersten Jahre (1888) so gut wie keine, 1889 aber so erhebliche
Ausbeute lieferten, daß damit eine reiche Säugetierwelt
der Kreideform
ation ans
Licht
[* 4] gezogen wurde. Es wurden nahezu hundert
Stücke von Säugerresten
(Kiefer,
Zähne und andre Skelettteile) meist
in guter
Erhaltung gefunden. Sie vertreten viele neue
Gattungen, obwohl einige von schon bekannten
Jura-
und Eocäntieren nicht zu unterscheiden waren.
Unter ihnen herrschen noch die ältern, mit den Beuteltieren auf ähnlicher Organisationshöhe stehenden Tiere vor; es sind insgesamt kleine Tiere, die vorwiegend den Charakter einer Gruppe zeigen, welche Marsh 1880 als die der Allotheria aufgestellt hat, und denen von Triastieren Triglyphus, Tritylodon und Microlestes, von Juratieren Stereognathus, Plagiaulax und Bolodon aus Europa [* 5] sowie Allodon und Ctenodon aus Amerika [* 6] zugehören. Leider sind von den meisten dieser Tiere nur Kiefer und Zähne bekannt, wie auch die neuen Formen der Kreidezeit (z. B. Cimolodon, Dipriodon, Tripriodon, Selenacodon, Halodon, Didelphodon, Stagodon, Platacodon, Oracodon, Allacodon etc.) meist nach den Zahnformen unterschieden und benannt wurden. Glücklicherweise sind noch einige andre Knochen [* 7] mit erhalten, und der freie Korakoidknochen bei der einen Art sowie andre Kennzeichen deuten darauf hin, daß diese sonst insgesamt den Beuteltieren angereihten alten Formen noch bedeutsame Kennzeichen mit den unter denselben stehenden Schnabeltieren gemein hatten, dauernd bezahnte Monotremen darstellten, während unsre heute lebenden Vertreter die Zähne früh verlieren (vgl. Zähne).
Von den höhern, im Eocän vertretenen Säugern aus den Ordnungen der Fleischfresser, Nager, Huftiere etc. ist unter diesen Kreidesäugern bisher noch keine Spur angetroffen. Sie werden einzig durch einige Insektenfresser [* 8] vertreten, und es mag daran erinnert werden, daß verschiedene Zoologen und Paläontologen aus mannigfachen Gründen zu dem Schlusse geführt worden sind, als Ahnen der verschiedenen Richtungen unter den höhern Säugern seien alte Insektenfresser zu betrachten. So hat diese Fauna, obwohl ihre Untersuchung erst begonnen hat, schon ¶
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jetzt zu liefern begonnen, was man von ihr erwarten durfte, nämlich den Hinweis auf die Verknüpfung der niedern Formen mit den Monodelphen, die bisher ganz isoliert standen, obwohl man ihre die Säuger mit den niedern Wirbeltieren verknüpfende Stellung nie verkannt hat, und zweitens den Beweis, daß sich wirklich das Säugetierleben erst in der Tertiärzeit zur Herrschaft erhoben hat, da es selbst noch in der letzten Epoche der Sekundärzeit wesentlich nur durch kleine und niedere Formen vertreten gewesen zu sein scheint.
Die letztern bildeten wenigstens sicher die Überzahl, da sich so viele Stücke von ihnen erhalten haben. Mit ihnen finden sich die Reste großer Dinosaurier (s. d.), darunter die abenteuerlich behörnten Ceratops und Triceratops, kleine Krokodile [* 10] und Schildkröten, [* 11] sowie ein mit Zähnen versehener Vogel von Taubengröße (Cimolopteryx rarus). Nähere Beschreibungen und Abbildungen der einzelnen Fundstücke bringt das »American Journal of science«, Bd. 38 und folgende.