Krapp
(Färberröte, frz. garance; engl. madder; holl. mee oder meekrap); bis vor wenigen Jahren noch die wichtigste Färbepflanze neben der Spenderin des Indigo, schon in den ältesten geschichtlichen Zeiten bei den Römern, Griechen und Orientalen in Gebrauch, hat seit Entdeckung des künstlichen Alizarins immer mehr an Bedeutung verloren. Die Pflanze (Rubia tinctorum) ist im Orient heimisch, wird dort regelmäßig gebaut und ist dort am reichsten an Farbstoff.
Sie fügt sich aber kältern Klimaten und ihr Anbau hat sich daher weiter über Europa verbreitet. Man kultiviert sie bisher in Frankreich, Holland, Belgien und Deutschland. England, das zuweilen als K. bauend aufgeführt ist, hat mit seinen Kulturversuchen keinen Erfolg gehabt und versorgt sich aus Holland, Frankreich und dem Orient. Die in letzterer Weltgegend gebaute Krapppflanze wird übrigens von den Botanikern als eine eigne Art, Rubia peregrina, genommen. Bei uns kommt der K. schon unter den Färbepflanzen vor, welche zur Zeit Karl's des Großen und auf dessen Empfehlung gebaut wurden.
Die Anregung zu umfassenderer Kultur scheint erst durch die Kreuzzüge gegeben worden zu sein; der Anbau war vor dem dreißigjährigen Kriege in Deutschland weit ausgedehnter und beschränkt sich jetzt fast nur auf Schlesien (Breslau, Liegnitz), die Pfalz und Elsaß, doch ist, wie auch in Frankreich, der Krappbau außerordentlich zurückgegangen. Die Krapppflanze ist ein unsern Labkräutern und dem Waldmeister nahe verwandtes Gewächs mit ausdauerndem, schlanke gekrümmte Zweige austreibenden Wurzelstock und krautartigem, kantigem, verästeltem Stengel, um welchen lanzettförmige Blätter zu 4-6 Quirlen niederhängend sitzen.
Die unscheinbaren grünlich gelben Blüten stehen in Rispen und bringen erbsengroße, rote, bei der Reife schwarze Beeren. Die Vermehrung geschieht bei uns nicht durch den Samen, sondern durch Wurzelauslegen in reihenweiser Anordnung. Die Ernte ist mühsam und zeitraubend, denn es müssen die Wurzeln mit der Hacke eine nach der andern aus der umgebenden Erde frei gemacht werden. Die Ernte erfolgt gewöhnlich, wenn die Pflanze drei Jahre alt ist, stellenweise auch schon im zweiten Jahre, wenn man Winterfröste zu fürchten hat, die die ganze Pflanzung vernichten würden. Im Orient, wo dies nicht zu besorgen ist, läßt man die Stöcke 5-6 Jahre alt werden und der Farbstoff hat daher viel mehr Zeit, sich anzuhäufen.
Daher schreibt sich der größere Gehalt des orientalischen K. und das größere Kaliber der Wurzeln, welche bis kleinfingerdick werden, indes das abendländische Gewächs es höchstens bis zur Dicke eines Federkiels bringt. Die gegrabenen Wurzeln werden, nachdem sie von anhängendem Erdreich möglichst gereinigt, erst an der Luft und dann in Trockenstuben so weit getrocknet, daß sie beim Biegen kurz durchbrechen. Der orientalische K., Lizari genannt, wahrscheinlich nur an der Sonne getrocknet, kommt allein in ganzen Wurzeln in den Handel, indes die abendländische Ware in der Regel entweder zu grobem Pulver gemahlen oder schon weiter zu einem der noch zu erwähnenden Präparate verarbeitet vorkommt.
Die knotigen, an den Knotenpunkten mit einzelnen feinern Wurzelhaaren besetzten Wurzeln haben im trocknen Zustande eine braunrote, längsrunzliche Oberhaut mit einer anhängenden, leicht ablöslichen Korkschicht, darunter die eigentliche, dunkelbraunrote Rindenschicht, die einen bittern, rötlich gelben bis roten holzigen Kern umschließt. Die Mittelschicht oder Unterrinde, die im frischen Zustande gelb oder in gewissen Bodenarten gezogen, wie gesagt, braunrot aussieht, ist nebst dem Holze der Hauptsitz der färbenden Materie. Man sucht daher bei den bessern Handelssorten die Oberhaut nebst den Saugwurzeln vor dem
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Mahlen möglichst zu entfernen, indem man die getrockneten Wurzeln unter öfterem Wenden drischt. Der hierbei entstehende Abfall wird durch Sieben von Staub befreit und bildet den aus Oberhaut und zerkleinertem Gewürzel bestehenden Mullkrapp (Mull, Korte, Krappklein), ein braunes Pulver, das nur als Zusatz beim Braun- und Schwarzfärben dient. Die solchergestalt gereinigten Wurzeln werden durch Mühlsteine oder öfter auf Stampfwerken gepulvert und geben nach Absieben des Staubes den sog. beraubten, d. h. geschälten K.; werden die Wurzeln ohne vorgängige Schälung sogleich eingestampft, so gibt dies den unberaubten oder gemeinen K. Zwischen beiden werden in Holland und Frankreich noch Mittelsorten dargestellt.
Das Krapppulver ist der eigentliche K. des Handels und heißt im Französischen garance, wogegen die ganzen Wurzeln Alizari oder nach neugriechischer Aussprache Lizari genannt werden. Aus diesen Namen wurden denn auch die Benennungen einiger Krapppräparate (s. u.) gebildet. Das Krapppulver wird nur selten frisch in der Färberei verbraucht, sondern erst 2-3 Jahre in Fässern fest eingestampft und wohlverschlossen aufbewahrt, wobei sich erst das Färbevermögen des Stoffs gehörig entwickelt, da die Masse hierbei eine Art Gärung erleidet und öfter zu einem einzigen festen Block zusammenbäckt. Bei noch längerer Aufbewahrung vermindert sich der Farbstoff wieder und endlich verdirbt das Pulver gänzlich. -
Die Bestandteile der Krappwurzel und ihre chemischen Verhältnisse zu ermitteln, haben sich eine größere Anzahl ausgezeichneter Chemiker angelegen sein lassen und haben sich hierbei folgende Resultate ergeben. Die lebende und unversehrte Krappwurzel enthält nur eine gelbliche Flüssigkeit, welche erst beim Absterben und bei Verletzung der Wurzel sich umändert und mehr oder weniger gelbrot wird, daher im Handel auch von gelbem und rotem K. die Rede ist. Der rote soll in alkalihaltigem Boden gewachsen sein.
Überhaupt sind Boden und Klima so einflußreich für die Krappwurzel, daß die Sorten sich je nach ihrer Herkunft sehr verschieden verhalten und jede sich durch bestimmte, in der Praxis zu beachtende Eigentümlichkeiten charakterisiert. Die Absude des K. mit Wasser, Alaunlösung etc. sehen dunkelbraun aus; sie enthalten alle Bestandteile, nämlich verschiedne Farbstoffe, Harz, Bitterstoff, Pektin, Zucker etc. Des Zuckergehalts wegen hat man in Frankreich das Dekokt nach Ausfällung der Farbstoffe auf Branntwein zu benutzen versucht; dieser Krappbranntwein behält jedoch hartnäckig einen Geruch nach K., weshalb er nur zu technischen Zwecken verwendbar ist.
Das eigentliche, färbende Prinzip der Wurzeln besteht aus zwei nahe verwandten Stoffen, die sich indes chemisch trennen lassen, dem Alizarin (Krapprot) und dem Purpurin (Krapppurpur). Gesondert färbt das letztere mehr hochrot, indes die Alizarinfärbung einen bläulichen Ton hat. Diese beiden Farbstoffe sind in der frisch gegrabenen Wurzel noch nicht enthalten, sondern bilden sich erst aus einem in gelblichen Kristallen isolierbaren Stoffe, der Ruberythrinsäure; diese ist ein Glukosid und geht durch Einwirkung von Fermenten, Alkalien oder Säuren erst in Alizarin und Purpurin über, wobei auch Zucker (Glucose) abgespalten wird. Die Farbstoffe treten aus der Farbbrühe allein an die gebeizten Zeuge, doch nur dann, wenn die Wurzeln von Natur kalkhaltig waren oder etwas Kalk zugesetzt wird. Der Kalk soll, wie man annimmt, die fremden Stoffe binden, daß sie nicht an die Faser gehen; übrigens lassen sich die mit aufgenommenen, die Farbe trübenden Stoffe durch Seifenbäder leicht wegschaffen, was man das Schönen nennt.
Der K. gibt ein besonders haltbares Rot, wenn auch nicht ganz so schön, wie das mit Kochenille erzeugte. Er wird beim Färben und Drucken baumwollener Waren sehr häufig gebraucht, mit Alaunbeize zu Rot, mit Eisenoxyd zu Lila, Violett und Schwarz, mit Eisen- und Thonbeize im Gemisch, mit oder ohne Sumach zu verschiednen Nüancen von Braun. Neben der gewöhnlichen Krappfärberei steht abgesondert das Färben von Türkischrot, wozu auch vorzugsweise türkischer Krapp verwendet wird. Es ist dies ein empirisches Verfahren, das in der That aus dem Morgenlande stammt und sich durch ein schönes Produkt, aber auch durch ungemeine Umständlichkeit auszeichnet. Eine Menge Operationen sind erforderlich, bei welchen abwechselnd Pottasche, Baumöl, Schafmist, Sumach, Alaun, Kreide, Seife, Säuren, Zinnsalz und Krapp unter öfterm Auswaschen und Trocknen in Anwendung kommen. Die Durchführung des Verfahrens nimmt fast einen Monat in Anspruch; doch ist durch Pariser Färber dargethan worden, daß sich der Prozeß in 5 Tagen beenden läßt. -
Die im Handel befindlichen Krappsorten sind folgende: Levantinischer oder Türkischer. Kommt wie bemerkt ungemahlen in den Handel als Alizari oder Lizari, hauptsächlich aus Syrien und Kleinasien und von der Insel Cypern über Smyrna, dann von Griechenland, wo die beste Sorte in dem ehemaligen Böotien gezogen wird. Die Ware kommt in Ballen oder Kisten von circa 150 kg in den Handel. Holländischer K., gewöhnlich Seeländer genannt, weil in Seeland, dem Gebiete der Scheldemündungen, gebaut, ist nach dem levantinischen der farbreichste und kommt nur grob gemahlen in den Handel.
Das fettig anzufühlende Pulver hat einen starken, widerlichen Geruch, der Geschmack ist süß und bitter, die Farbe rotbraun bis dunkelorange; er muß sehr vor Feuchtigkeit gehütet werden und gewöhnlich noch 1-3 Jahre Lager bekommen. Die Ware wird in eichenen Fässern von 10-12 Ztr. versandt, welche mit dem Stempel des Ursprungsortes, Jahrzahl und Qualitätsmarke versehen sind. Zwischen geschält und ungeschält gibt es noch gemischte Nummern, wie 1/1, gleiche Teile gut und ordinär, 2/1, zwei Drittel fein und ein Drittel ordinär etc. Die holländische Ware ist nicht immer sehr solid befunden worden und es scheinen allerlei Mischkünste vorzukommen. Unter andern ist ermittelt worden, daß zuckersüß schmeckende Ware mit Zuckerrüben versetzt war. Das holländische Krappgeschäft hat an Umfang sehr eingebüßt
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dadurch, daß ihm der ganze, ehemals große Absatz nach Frankreich fehlt, da man dort das einheimische Produkt durch einen Schutzzoll begünstigt hat. Elsässer K. ist eine sehr gute Sorte, er ist hellgelb, wird durch Absorption von Feuchtigkeit dunkelrot und ballt sich dabei fest zusammen. Er ist schon nach zweijährigem Lager brauchbar, hält sich aber auch nicht so lange, als andre Sorten. Die Ware riecht noch penetranter, als die holländische, schmeckt bitter und wenig süß.
Bei dieser Ware, die immer geschält ist, kommen die Bezeichnungen beraubt und unberaubt (robée, non robée) nicht vor, sondern die Sorten unterscheiden sich als O (Mull), MF (mittelfein - mi-fine), FF (feinfein), SF (superfein), SFF (superfeinfein). Die gangbarste Sorte ist FF. Die Ware wird in Eichenfässern zu 600 kg und in kleinern mit halb und ein Viertel so viel, manchmal auch in solchen à 100 kg versandt. Die Orte, wo der elsässer K. hauptsächlich präpariert wird, sind Straßburg, Hagenau, Geißelbrunn.
Avignoner Krapp ist der in Frankreich am meisten gebrauchte, da ihm die Färber mehr Nüancen abgewinnen können als den übrigen Sorten. Er hat das Eigene, daß er gleich frisch zum Färben gebraucht werden kann; doch wird er durch einjähriges Lagern besser. Er ist in der Regel sehr fein gemahlen, riecht angenehm, und hat je nach Boden und Lage eine rosenrote, feurigrote oder braunrote Farbe, die mit der Zeit nachdunkelt. Die beste Sorte ist der Palus (Moorkrapp); so benennt man nämlich in Südfrankreich die Ländereien, welche durch Trockenlegung alter Moorbrüche gewonnen sind.
Die hier wachsenden Wurzeln sind rot, die übrigen rosa, woraus sich zwei Sorten ergeben; beide zu gleichen Teilen gemischt bilden eine dritte sehr verkäufliche, da sie ein feuriges und sattes Rot gibt. Die Avignoner Sorten haben daher neben den gewöhnlichen Bezeichnungen F, FF etc. noch P für Palus, R für Rosée, PP für Palus pur, RP halb Rosée, halb Palus etc., und es kommt damit ein ansehnliches Sortiment heraus, das aber nichtssagend ist für Jeden, der die Fabrikanten nicht kennt, weil jeder derselben in der Aufstellung nach eigenem Gutdünken verfährt. Von Avignoner K., und nur von diesem, werden auch ungemahlene Wurzeln abgegeben und heißen dann ebenfalls Lizari.
Schlesischer oder Breslauer K. In den Umgebungen von Breslau, Liegnitz, Neumarkt ist der Krappbau aus frühern Zeiten her in Übung, jetzt aber sehr zurückgegangen. Die Ware ist nicht so reichhaltig an Farbstoff wie holländer oder belgische, aber wohlfeil, und findet bei hohen Preisen der bessern Sorten häufig Verwendung. Man nimmt die Wurzeln entweder im Frühjahr oder Herbst aus der Erde, wodurch zwei Sorten, Keim- oder Sommerröte und Herbst- oder Winterröte entstehen.
Die erste ist farbstoffreicher, heller von Farbe und reiner als letztere, unter welche mehr kleines Gewürzel u. dgl. gemahlen wird und deren Farbe schmutzig braunrot ist. Beide Sorten sind fein wie Mehl gemahlen, ohne auffallenden Geruch und Geschmack, und backen beim Lagern zu einer steinharten Masse zusammen. Die schlesische Röte wird an drei Märkten, Mitfasten, Crucis und Elisabeth, nach Breslau gebracht, die Qualitäten werden amtlich geprüft und die Fässer daher mit Stempel versehen, welcher neben Krone und Jahrzahl für gute reine Frühlingsröte das Zeichen W J, für eben solche Herbströte W enthält. W ohne Krone ist fehlerhafte Ware.
Die Verpackung geschieht in ganzen, halben und Viertelfässern von 15, 9 und 4 Ztr. Inhalt, oder auch in Säcken. Der K. als gemahlene Ware kann leicht verfälscht werden und soll dies geschehen durch Zumischung von Sägespänen, Fichtenrinde, Kleie, Mandelschalen, Ziegelmehl, Ocker, Lehm, Sand, gepulverten Farbhölzern, Zuckerrübenmasse etc. Ein paar Prozent mineralische Teile finden sich übrigens auch im besten K., als vom Felde her noch anhängend und durch das Mahlen von den Steinen hinzugekommen. Bei einem guten K. darf der Aschengehalt 7-9% nicht übersteigen. Die beste Garantie für den Einkäufer ist immer die Solidität der Bezugsquelle; außerdem gibt Probefärben den sichersten Aufschluß. -
In Rußland hat man für den Selbstgebrauch wildwachsenden K., der im Kaukasus und am Kaspischen Meere vorkommt und unter dem Namen Kislärscher K. nach Astrachan gebracht wird. Ostindischer K., Munjeet, Munjit oder Manjeet, stammt von Rubia munjista, und besteht aus den Wurzeln und Stengeln dieser Pflanze, sie sind lang und dünn, auf dem Bruche rot. Sie geben ziemlich dieselbe Färbung wie der eigentliche K., die aber auf Leinen und Baumwolle wenig Dauer haben, dagegen auf Wolle gut stehen soll.
Die beste Ware besteht in Stücken von der Stärke eines dünnen Federkiels, die rein von Abfall, ohne Höhlung sind und kurz durchbrechen. Der Geruch erinnert an Süßholzwurzel. Die Ware kommt meist in kleinen Bunden nach England, von denen 6-800 auf die Ton gehen, zuweilen auch in Ballen wie Baumwolle gepackt. Einfuhr ist sehr unbedeutend, da dieser voluminöse Artikel zu hohe Frachtkosten macht. Der indische K. enthält einen besondren, im europäischen K. nicht vorkommenden Farbstoff, das Munjistin; es ist kristallisierbar, leicht in Wasser, Weingeist und Äther löslich. -
Das Bestreben, die färbenden Materien des Krapppulvers aus ihrer Verbindung mit unnützen und zum Teil hinderlichen Stoffen herauszuziehen, hat zu verschiednen Präparaten geführt, von denen zwei, Garancine und Krappblumen, sehr häufig anstatt der naturellen Wurzel verwendet werden. Es sind diese Präparate reicher an Färbevermögen, nicht nur weil nichtfärbende Substanzen entfernt werden, sondern auch weil durch die angewandten Chemikalien oder die Gärung der Rest der nicht färbenden Ruberythrinsäure ebenfalls in Alizarin und Purpurin umgewandelt wird. Das Garancine oder die Krappkohle ist ein Präparat, welches durch Einwirkung von Schwefelsäure auf Krapppulver erhalten wird. Starke heiße Schwefelsäure zerstört und verkohlt alle organischen Substanzen der Krappwurzel mit Ausnahme der beiden Farbstoffe Alizarin und Purpurin, so daß die mit kaltem Wasser gewaschene Kohle ein viel stärkeres Färbevermögen, als im früheren
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Zustande zeigt; das Krapprot ist also unzerstört geblieben und nur in Freiheit gesetzt worden. Es hat sich aber gefunden, daß eine Verkohlung durch so starke Säure gar nicht erforderlich ist, und der Zweck sich auch durch schwache Säure (1 Tl. Säure zu 2 Tln. Wasser) erreichen, also der Farbstoff frei machen, Zucker, Schleim, Mineralstoffe etc. beseitigen lassen. In den französischen Garancinefabriken wird hiernach sehr verschieden, teils mit stärkerer Säure und Hitze in einem kurzen Prozesse, teils mit schwächerer Säure bei längerer Dauer gearbeitet. In allen Fällen ist natürlich das schließliche Ausziehen aller Säure durch kaltes Wasser notwendig.
Die Masse wird dann durch Pressen und Trocknen entwässert und bildet ein braunes bis schwärzliches Pulver, das mit heißem Wasser geschüttelt dieses rotgelb färbt, mit Ammoniakgeist karmoisinrote, mit Natronlauge braunrote Lösungen gibt. Das Garancine hat das Zwei- bis Vierfache der Färbekraft des angewandten K. Die damit erhaltenen Nüancen sind reiner und feuriger als bei diesem und außerdem bleiben die weißen Stellen der Zeuge rein und es sind daher Weißwäschen fast ganz unnötig.
Diese Vorteile haben dem Garancine eine ins Große gehende Verwendung verschafft. In gleicher Weise wie dieses aus frischem Krapppulver bereitet wird, erhält man aus schon gebrauchtem ein ähnliches Präparat, das Garanceux. Die Färberei mit dem unveränderten Pulver selbst kann dasselbe immer nur etwa zur Hälfte erschöpfen; die zweite Hälfte des Farbstoffs bleibt ungelöst darin stecken. Durch die Wirkung der Schwefelsäure wird nun auch dieser Anteil noch nutzbar gemacht und das Garanceux hat noch immer dieselbe Farbekraft wie gewöhnlicher K., gleicht übrigens im Ansehen dunklem Garancine.
Ein andres beliebtes Präparat, das sich durch bequeme Verwendung und schöne reine Farben empfiehlt, sind die sog. Krappblumen (fleurs de garance). Es ist dies gereinigter und aufgeschlossener K. wie die Garancine, nur daß hierbei sehr verdünnte Säure oder ein Gärungsprozeß das wirkende Mittel ist. Das Krapppulver wird hierzu in mäßig warmes Wasser eingerührt und mehrere Tage stehen gelassen. Die Masse tritt von selbst oder rascher durch zugesetzte Hefe in geistige Gärung.
Zur rechten Zeit wird die Flüssigkeit aus der man als Nebenprodukt den Branntwein abdestillieren kann (das Waschwasser von 100 kg K. gibt ungefähr 20 l Spiritus von 50% Tralles), abfiltriert und abgepreßt, der pulverige Rückstand, welcher eben die Krappblume ist, getrocknet, wieder zu Pulver gerieben und in Fässer gepackt. Aus 100 Tln. K. werden 50-60 Tle. Blumen erhalten. Der Gärungsprozeß soll den Farbstoff größtenteils in Purpurin überführen. Auch durch mehrmaliges Ausziehen des Krapps mit kaltem Wasser, wodurch Zucker und andre lösliche Teile entfernt werden, wird derselbe schon reiner und bequemer anwendbar; so behandelter K. heißt raffinierter.
Ferner gibt es eingetrocknete Auszüge, die die Krappfarben noch reiner enthalten und Krappextrakt, Kolorin, Azale genannt werden. Es wird dazu Garancine oder Krappblume mit Weingeist, vorteilhafter mit siedendem Holzgeist erschöpft, das Lösungsmittel entweder abgedampft und das Produkt als ein gelber weichharziger Körper erhalten, oder die Holzgeistlösung wird mit Wasser vermischt und läßt hierauf den Farbstoff (Azale) als ein etwas glänzendes gelbbraunes Pulver niederfallen.
Eine andre Weise besteht in Ausziehen der Garancine mit Sodalösung, Zersetzen der Lösung mit Schwefelsäure, Aufnehmen des Niederschlags in Holzgeist und Weiterverfahren wie oben. Man schreibt solchen Extrakten, je näher sie dem reinen Farbstoff kommen, eine 20-40mal größere Färbkraft zu als dem rohen K. Sie passen indes doch nicht überall hin, namentlich nicht zum Türkischrotfärben. Diese Extrakte kommen seit Entdeckung des künstlichen Alizarins nur noch selten im Handel vor. Alizarin und Purpurin lassen sich in verschiednen umständlichen Weisen völlig isolieren und bilden dann morgenrote oder orangefarbene, durchsichtige Kristalle, die sich in Weingeist etc. gelb, in alkalischen Mitteln prächtig rot lösen. Vgl. Alizarin und Purpurin. -
Endlich hat man auch Krapplacke, d. h. Krapprot an Thonerde oder eine andre Basis gebunden (s. Lackfarben) als Körperfarbe zum Malen und feinern Anstrichen. Wird K. oder Garancine mit heißem Alaunwasser extrahiert und ein Alkali (Soda, Salmiakgeist) zugesetzt, so fällt die Thonerde mit dem Farbstoff verbunden heraus. Um aber sehr schönfarbige Produkte zu erhalten, genügt meistens die einfache Prozedur nicht. Es wird also an solchen Lacken meistens viel nachgeholfen durch Vertiefen der Farbe mit Kochenille, Fernambuk etc., und verstehen sich besonders die Franzosen darauf, solche Farben, die dann Krappkarmine heißen, in den brillantesten Nüancen zu liefern. Sie sind aber eben nicht so haltbar als reine nur mit K. erzeugte Lacke. Daß auch solche sehr schön geliefert werden können, hat besonders der Fabrikant J. G. Weiß in Mühlhausen (Thüringen) bewiesen, dessen Fabrikate auf allen Industrieausstellungen Epoche gemacht haben. Die Fabrik verarbeitet, um allen Unsicherheiten der Kaufware zu entgehen, nur selbstgebauten K. Diese Farben bilden eine farbenreiche Skala von dem zartesten Rosa bis dunkelrot. - Gemahlene Krappwurzel (Alizari, Lizari), Krappblumen (Garancine), Krapppräparate z. B. Lackfarben aus K. sind sämtlich zollfrei.