Krapp
,
die
Wurzel
[* 2] mehrerer
Arten der
Gattung
Rubia L. Der europäische Krapp
stammt größtenteils von der in Südeuropa
heimischen
Färberröte (R. tinctorum
L., s. Tafel
»Farbepflanzen«)
[* 3] ab, welche auch in
Nordamerika
[* 4] und
Australien
[* 5] kultiviert wird; R. peregrina L. liefert den levantischen Krapp
und den Krapp der
Provence, R. munjista
Roxb. den ostindischen, andre
Arten werden in
Westindien,
[* 6]
Südamerika
[* 7] etc.
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kultiviert. Die Wurzeln werden im 2. oder 3. Jahr nach der Aussaat oder nach dem Auspflanzen der Setzlinge geerntet, sie sind
20-30 cm lang, 5-12 mm dick, mit rotbrauner, runzeliger Außenrinde, innen gelbrot, werden nach der Ernte
[* 9] getrocknet und kommen
meist gemahlen (nur die levantische erscheint nicht zerkleinert) in den Handel. Man reinigt die Wurzeln
von der wenig wertvollen Oberhaut und den Saugwurzeln (welche gemahlen den Mullkrapp
liefern) und erhält dann durch Mahlen
den geschälten oder beraubten Krapp
, welcher wertvoller ist als der unberaubte, mit der Oberhaut gemahlene Krapp.
Der gemahlene
Krapp
bildet ein grobes, safranfarbiges Pulver, riecht stark eigentümlich, schmeckt säuerlich-süßlich,
zieht begierig Feuchtigkeit an und muß sorgfältig gegen Luft und Licht
[* 10] geschützt werden. Er verbessert seine Qualität durch
mehrjährige Aufbewahrung, geht aber nach dem 5.-6. Jahr wieder zurück.
Der meiste Krapp
wurde bisher in Frankreich (Avignon), in Holland (Zeeland, Südholland) und im Elsaß gebaut. Große Quantitäten
Krapp
(Lizari, Alizari) kommen aus Kleinasien, Syrien, Cypern,
[* 11] Griechenland
[* 12] und Sizilien.
[* 13] Diesem besten Krapp
steht
am nächsten der französische, welchem sich der Elsässer und der holländische anschließen. Der schlesische Krapp
(Breslauer
Röte) gehört zu den geringsten Sorten. Der Krapp
enthält außer den gewöhnlichen Pflanzenbestandteilen (elsässischer Krapp bis 16 Proz.
Zucker)
[* 14] wichtige Farbstoffe.
Diese finden sich aber nicht in der frischen Wurzel fertig gebildet, sondern entstehen aus Glykosiden, welche unter dem Einfluß
eigentümlicher Fermente sich langsam zersetzen. Daher gewinnt der Krapp
beim Aufbewahren. Das wichtigste Glykosid ist die Ruberythrinsäure
C26H28O14 , welche sich unter Aufnahme der Elemente des Wassers in Alizarin C14H8O4 und
Zucker spaltet. Einem andern Glykosid entstammt das Purpurin C14H8O5 , welches aber auch vielleicht
fertig gebildet im K. vorkommt. Dies ist für sich ohne Färbevermögen, unterstützt aber in Verbindung mit Alizarin den Färbeprozeß.
Außerdem enthält der Krapp
orangerotes Pseudopurpurin, gelbes Purpuroxanthin und Isalizarin. - Bei der Anwendung
des rohen Krapps
wirken die neben den Farbstoffen vorkommenden Substanzen störend, und der Farbstoff selbst
ist nicht vollständig verwertbar.
Beinahe die Hälfte bleibt, an Kalk und Magnesia gebunden, in der Wurzel zurück; und man wendet deshalb sehr allgemein Präparate
an, welche den Farbstoff in reinerer und konzentrierterer Form enthalten. Dahin gehören die Krappblumen,
zu deren Darstellung der Krapp
mit reinem oder mit Schwefelsäure
[* 15] angesäuertem Wasser 12-15 Stunden maceriert, dann abgepreßt,
getrocknet und gemahlen wird (das Waschwasser ist zuckerreich, kann in Gärung versetzt werden und gibt dann bei der Destillation
[* 16] Spiritus;
[* 17] außerdem gewinnt man daraus Oxalsäure und einen roten Farbstoff).
Die Krappblumen geben ein schöneres, solideres Violett, ein glänzendes Rosa, und der weiße Grund bleibt
reiner, der Farbstoff aber wird ebenfalls nur zur Hälfte ausgenutzt. Zur Darstellung von Garancin extrahiert man gemahlenen
Krapp
mit kaltem Wasser, preßt, rührt ihn mit schwach verdünnter Schwefelsäure an, wäscht dann aus, trocknet und mahlt. 100 Teile
dieses Präparats entsprechen 500-600 Teilen Krapp. Es gibt ziemlich lebhafte und glänzende Farben und ebenfalls
reinern weißen Grund.
Garanceux wird in derselben Weise aus schon zum Färben benutztem Krapp dargestellt und ist daher minderwertig. Pinkoffin (Alizarine commerciale), welches sehr schönes Violett liefert, wird erhalten durch Erhitzen von gut ausgewaschenem Garancin auf 200° oder Behandeln mit überhitztem Dampf. [* 18] Krappkohle ist das Produkt der Behandlung von Krappblumen mit konzentrierter Schwefelsäure und dient zur Darstellung von Extrakten, wie von Kolorin, welches aber auch direkt aus Garancin bereitet wird. Die Krappextrakte aus Krapp, Garancin und Krappkohle besitzen das 20-70fache Färbevermögen des Krapps, liefern im allgemeinen sehr echte Farben mit sehr schönem Weiß und dienen namentlich in der Zeugdruckerei. Hierher gehören Azale, Rochlederin etc., welche aus fast reinem Alizarin bestehen. - Der Krapp war schon den Alten bekannt;
Dioskorides erzählt, daß Erythrodanon angebaut werde und auch wild vorkomme, und daß die Wurzeln zum Färben benutzt werden;
Plinius nennt die Pflanze Rubia;
in den Kapitularien Karls d. Gr. wird sie als »Warentia« zum Anbau empfohlen, doch verbreitete sich die Krappkultur in Frankreich erst einige Jahrhunderte später und erlosch dann wieder, so daß sie gegen Ende des 16. Jahrh. fast nur noch in Holland betrieben wurde. 1760 ließ der französische Minister Bertin Samen [* 19] des levantischen Krapps nach Frankreich kommen und unter die Landleute verteilen. In Avignon soll ein gewisser Althen 1766 den Krappbau eingeführt haben, der sich wenig später auch im Elsaß verbreitete. In Deutschland [* 20] wurde wohl zuerst in Schlesien [* 21] Krapp gebaut, wenigstens datiert eine Breslauer Röteordnung von 1574. In Böhmen, [* 22] wo im 16. und 17. Jahrh. der Krappbau ebenfalls blühte, wurde er durch den Dreißigjährigen Krieg zu Grunde gerichtet; auch in Bayern, [* 23] Sachsen [* 24] und Baden [* 25] ist er ganz zurückgegangen; in der Pfalz datiert er seit 1763. In den 30er Jahren hatte der Krappbau einen großen Aufschwung genommen, die Entdeckung der Anilinfarben bewirkte aber einen bedeutenden Rückschlag, und durch die Darstellung des Alizarins aus Steinkohlenteer wurde dem Krappbau jede Bedeutung genommen.