Kranich
(Grus L.),
Gattung aus der
Ordnung der
Watvögel
[* 3] und der
Familie der Kraniche
(Gruidae, s.
Stelzvögel), große
Vögel
[* 4] mit langem, kräftigem Leib, langem, schmächtigem
Hals, kleinem
Kopf, langem, geradem, stumpfrückigem, spitzigem, an der
Wurzel
[* 5] weichem, an der
Spitze hartem
Schnabel, sehr langen, starken, weit über die
Ferse nackten
Beinen,
vierzehigen
Füßen, kurzer, hoch eingelenkter Hinterzehe, kurzen Spannhäuten zwischen der äußern und mittlern Vorderzehe,
kurzen, flach gebogenen
Krallen, großen, langen und breiten
Flügeln, kurzem, geradem
Schwanz und derbem, reichem
Gefieder,
teilweise nacktem
Kopf und verlängerten und gekräuselten Oberflügeldeckfedern.
Der gemeine Kranich
(Grus cinerea
Bechst.), 1,4 m lang und 2,4 m breit, aschgrau,
in der Kehlgegend und auf dem Vorderscheitel schwarz, an den Halsseiten weißlich, an den Schwungfedern schwarz, mit braunroten
Augen, schwärzlichen
Füßen und an der
Wurzel rötlichem, an der
Spitze schwarzgrünem
Schnabel. Der Kranich
bewohnt den
Norden
[* 6] der
Alten Welt und wandert südlich bis
Siam und
Indien,
Mittel- und Westafrika.
Deutschland
[* 7] durchfliegt er Anfang
Oktober und Ende März bei
Tag und bei
Nacht unter lautem Geschrei in zahlreichen
Gesellschaften, welche in großer
Höhe die
Keilordnung streng einhalten und sich kaum zur
Aufnahme von
Futter, noch weniger zum
Schlafen Zeit gönnen. Im
Süden lebt er in
Scharen, oft in
Gemeinschaft mit verwandten
Vögeln, und besetzt größere
Sandbänke und
Inseln in
Flüssen;
im Norden lebt er paarweise in Brüchern, Sümpfen und Morästen, welche mit niedrigem Riedgras bewachsen sind, und fliegt von hier aus auf die Felder. Er bewegt sich leicht und zierlich, meist ruhig und würdevoll;
doch macht er auch lustige Sprünge, tanzt förmlich und nimmt die sonderbarsten Stellungen an;
auch schleudert er Steinchen und Holzstückchen in die Luft, wie um sie zu fangen, und bekundet durch dies alles die Freudigkeit seines Wesens. Er ist gesellig, friedfertig, aber necklustig, dabei höchst vorsichtig;
die Gesellschaft stellt Wachen aus und entsendet einen, dann mehrere Kundschafter, um sich vor Gefahr zu sichern. Er nährt sich von Getreide, [* 8] Gras, Feldpflanzen, Erbsen, Früchten, Würmern, Insekten [* 9] und frißt auch wohl einen Frosch [* 10] etc.;
in Indien richtet er auf Getreidefeldern oft großen Schaden an.
Sein Nest erbaut er auf einem Rohrbüschel im Sumpf, auf einer Insel od. dgl.;
das Weibchen legt zwei große, grünliche oder bräunliche, rotgrau und braun gefleckte und gezeichnete Eier [* 11] (s. Tafel »Eier II«),
welche von beiden Geschlechtern ausgebrütet werden.
Während das eine der
Tiere nistet, steht das andre als
Wächter bereit zur
Verteidigung. Um sich zu schützen, bestreicht
sich der Kranich
während des
Brütens mit Moorerde, welche vielleicht durch den
Speichel festhaftet und ihn
unkenntlich macht. In der Gefangenschaft entwickelt der Kranich
große Anhänglichkeit und zeigt eine Begabung, welche
nur mit der der klügsten
Papageien verglichen werden kann. Auf dem Geflügelhof hält er
Ordnung, trennt die Streitenden,
hütet das Vieh wie der
Hund, verteidigt es tapfer, zeigt sich aber niemals boshaft und tückisch wie
Störche oder
Reiher.
Das
Wildbret des Kranichs
war früher sehr geschätzt und gibt besonders eine vortreffliche
Suppe. In
Asien
[* 12] beizt man die dortigen
Arten mit
Falken und verfolgt sie namentlich auch der
Federn halber. Den Alten war der Kranich
Sinnbild der Wachsamkeit,
man schrieb ihm ein Vorgefühl kommender großer Ereignisse zu; an seine laute
Stimme knüpfte sich mancherlei
Aberglaube,
und die
Sage berichtet von seinen siegreichen
Kämpfen mit den
Pygmäen. Den
Kalmücken gilt er seines kahlen
Schädels halber
für heilig; auch die
Mongolen verehren ihn, und den Japanern gilt er als Bringer des
Glücks und langen
Lebens; sie schmücken mit seinem
Bilde die
Wände der
Tempel
[* 13] und der
Wohnungen sowie auch Geräte. Die
Römer
[* 14] schätzten das
Fleisch;
im
Salischen
Gesetz wird der Kranich
unter dem Hausgeflügel aufgezählt. - Kranich auch s. v. w.
Kran.
[* 15]