Titel
Korfú
(ital.; griech. Kérkyra oder Kórkyra; lat. Corcyra).
1) Insel, die nördlichste der Ionischen Inseln, 593 qkm groß, mit (1889) 82797 E., durch einen schmalen Meeresarm vom Festlande von Türkisch-Epirus getrennt, erstreckt sich 65 km lang dem Festlande parallel. Der nördlichste, 28 km breite Teil wird von einer 914 m hohen Gebirgsmasse aus Kreide- und Juragesteinen eingenommen; daran schließt sich der lange, durchschnittlich nur 7 km breite Südteil, welcher aus einem flachen Hügelland tertiärer Ablagerungen besteht.
Die Insel ist landschaftlich überaus reizvoll und, mit Ausnahme des südl. Teils, sehr fruchtbar. Hauptprodukt ist Öl, weniger Südfrüchte und Wein; Getreide [* 2] muß eingeführt werden. Die Insel ist in allen Richtungen von trefflichen Fahrstraßen durchzogen. Sie kommt wegen ihrer landschaftlichen Schönheit und ihres milden Klimas als Winterstation in Aufnahme, wird aber durch das Auftreten der Malaria sehr benachteiligt. Die Mitteltemperatur des Jahres beträgt 17,71° C.; die Niederschlagsmenge 1280 mm. Die Regenzeit dauert von
[* 1]
^[Abb. Korfu
und das alte Korkyra
(Situationsplan).]
^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.] ¶
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Ende September bis Ende März. – Korfú
wurde von alten und neuen Erklärern, aber wahrscheinlich mit Unrecht, für
das Homerische Scheria gehalten, wurde in älterer Zeit von illyr. Liburnern bewohnt und 734 v. Chr. von dor. Korinthern kolonisiert.
Die Insel geriet mit der Mutterstadt in Streit und besiegte sie 664 in einer Seeschlacht, die als die
älteste in der griech. Geschichte gilt. Periander (625–585) unterwarf dann Korfú
nur
vorübergehend wieder der Herrschaft Korinths.
Ein neuer Kampf mit Korinth
[* 4] (434–432) um die gemeinschaftliche Kolonie Epidamnus veranlaßte Korfú
, Athen
[* 5] um Hilfe zu rufen, während
Korinth sich nach Sparta wandte. Aus diesen Verwicklungen entspann sich der Peloponnesische Krieg. Gleich
darauf sank die reiche und mächtige Insel namentlich durch die blutigen Fehden zwischen den sich bekämpfenden Parteien des
Adels und der Demokratie 427–425 und 373 v. Chr., und im 3. Jahrh. v. Chr. infolge der Plünderungen der illyr. Piraten und
kam 229 zunächst in der Form der Bundesgenossenschaft unter die Oberherrschaft der Römer.
[* 6] Korfú
teilte
seit dem Mittelalter das Schicksal der übrigen Ionischen Inseln (s. d.). Seit 1864 zu Griechenland
[* 7] gehörig, bildet die Insel
mit einigen andern den Nomos Kerkyra mit 1092 qkm und 114535 E. Auf Korfú
entfallen drei Eparchien.
2) Hauptstadt der Insel Korfú
, amtlich Kerkyra genannt, liegt auf einem Vorsprung der Ostküste, zwischen zwei
Hügeln, die ehemals die starken Befestigungen trugen (s. umstehenden Situationsplan), ist Sitz eines griech. und eines kath.
Bischofs, eines Appellhofes und zahlreicher Konsulate. Korfú
hat (1889) 19025, als Gemeinde 28372 E., meist Griechen, daneben
Italiener, Israeliten, ein Gymnasium (1823–65 Universität), Realschule, ein Theater,
[* 8] zwei Kathedralen,
darunter die Spiridionkirche mit den Reliquien des Heiligen, viele Kapellen und Klöster, ein großes Gefängnis und Krankenhaus.
[* 9]
Die Vororte Garitza oder Kastrades im S. und Mandukion im W. haben 2183 und 3690 E. Zahlreich sind die Gasthöfe für den steigenden Fremdenverkehr; die Industrie ist geringfügig, wichtig der Handel. Eingeführt werden Getreide und Schlachtvieh, daneben Reis, Zucker, [* 10] Kaffee, Stoffe und Kurzwaren. Ausgeführt werden Olivenöl (1892: 113977 kg), meist nach Odessa [* 11] und Taganrog, Venedig [* 12] und Frankreich, und Wein (1891: 126000 hl, 1892 infolge der neuen franz. Eingangszölle nur 25897 hI).
Der Hafen ist gut; 1892 liefen 988 Dampfer mit 798257 t und 469 Segler, darunter 305 kleine (unter 30 t in
Korfú
ein. Auf der Kuppe von Gasturi in der Nähe von Korfú befindet sich eine Villa der Kaiserin von Österreich,
[* 13] Achilleion genannt,
ein Palastbau im Geiste der althellenischen Antike von dem ital. Architekten Rafael Carito, mit einem Heine-Tempel
und einem Marmorbild Heines von dem dän. Bildhauer Hasselries. Auf einer Parkterrasse
steht der sterbende Achilles von Herter. –
Vgl. von Warsberg, Odysseische Landschaften (3 Bde., Wien [* 14] 1877–79): Riemann, Recherches archéologiques sur les îles Ioniennes, I. (Par. 1879);
Gregorovius, Korfú
, eine ion. Idylle (2. Aufl., Lpz.
1884): Partsch, Die Insel in Petermanns «Mitteilungen», Ergänzungsheft 88 (Gotha
[* 15] 1887):
B. Schmidt, Korkyräische Studien (Lpz. 1890).