Seetieren, jetzt nur Polypenstöcke. Je nach der Beschaffenheit der harten Masse (des sogen. Skeletts) der Korallen unterscheidet man
Horn- und Kalkkorallen; nach dem Bau der sie bildenden Tiere aber gehören sie teils zu den Hydromedusen
[* 6] (s. d.), teils und zwar
vorwiegend zu den Korallpolypen (s. d.). Es sind jedoch von dem BegriffKorallen ausgeschlossen alle diejenigen
Arten aus den genannten beiden Ordnungen, welche kein zusammenhängendes Skelett
[* 7] bilden, sondern entweder ganz weich bleiben,
oder nur zerstreute Kalkkörperchen enthalten; ebenso kann auch nie ein einzelner Hydroid- oder Korallpolyp eine Koralle bilden,
vielmehr ist stets dazu eine Kolonie (Stock) erforderlich.
Die Tiere, welche die mit Korallen bezeichneten Skelette liefern, sind einfache Schläuche mit je einer von Tentakeln
umgebenen Mundöffnung, welche in das Innere (Magen)
[* 8] führt. Unter sich stehen sie alle in der Art in Verbindung, daß die Nährsäfte,
welche das Individuum zubereitet, der Gesamtheit zu gute kommen. Die Kolonien entstehen dadurch, daß sich entweder von der
festgewachsenen Basis, oder von den Seiten, oder auch von der Umgebung der Mundöffnung her Knospen
[* 9] bilden, die sich nicht
loslösen, oder daß in ähnlicher Weise eine unvollständige Teilung stattfindet.
Allmählich sterben die ältern Exemplare ab, indes die jüngern, aus ihnen hervorgegangenen weiter wachsen und sich wiederum
auf dem angegebenen Weg vermehren. (Näheres bei Korallpolypen und Hydromedusen.) Das Wachstum ist keineswegs
langsam; so erzählt Darwin, daß ein im PersischenMeerbusen versunkenes Schiff
[* 10] schon nach 20 Monaten eine Korallenkruste von 60 cmDicke aufzuweisen hatte. Darum ist auch die Bedeutung der Korallen für die Struktur der Erdoberfläche in Gegenwart und Vergangenheit
eine ganz hervorragende zu nennen.
Besonders gilt dies von den Formen, welche die Korallenriffe
[* 11] (s. d.) bilden. Aus der Gruppe der Korallpolypen sind die interessantesten
lebenden Vertreter die folgenden:
2) von den Polyactinia die mit vielen Poren versehenen Schwammkorallen oder Madreporen (Madrepora), Lochkorallen oder Poriten
(Porites), Knospenkorallen oder Dendrophyllien (Dendrophyllia), die porenlosen Pilzkorallen oder Fungien (Fungia; bei den Chinesen
als Reibeisen benutzt), Sternkorallen (Astraea), Labyrinth- oder Hirnkorallen (Maeandrina) etc. S. die betreffenden Figuren auf
beifolgender Tafel. Von den Korallen wird besonders die Edelkoralle (s. d.) auf Schmucksachen
[* 13] verarbeitet (s.
Schmucksachen).
Von den versteinerten Korallen verdienen Erwähnung: Catenipora (s. Tafel »Silurische Formation«),
[* 14]
(Corallen, frz. corail, engl. coral). Unter den
zahlreichen, kalkige Gehäuse bauenden Polypentieren hat die Edel- oder Blutkoralle (Isis nobilis oder
Corallium rubrum) als Lieferant eines schönen Materials zu Schmuckwaren einen besondern Wert. Die Heimat derselben ist das
Mittelländische Meer, wo sie sich an den Festlands- und Inselküsten auf Felsengrund und Vorsprüngen steiler felsiger Küsten
meist in beträchtlicher Tiefe des Meeres ansiedelt; ihre von vielen Menschen betriebene Einsammlung
und Verarbeitung repräsentiert beträchtliche Werte. Der Polypenstock oder mineralische Träger einer Menge einzelner Schleimtierchen
wächst durch deren nach innen gerichtete Ausscheidung von Kalkmasse zu einem gedrungenen Bäumchen mit Ästen aus, das nur
38-30 cm hoch und bis zu 2½ cm stark wird. Die Masse, wie sie im Handel ist, besteht hauptsächlich
aus kohlensaurem Kalk nebst etwas
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mehr
kohlensaurer Magnesia und Eisenoxyd. Der rote Farbstoff ist hauptsächlich organischer Natur. Im lebenden Zustande ist dieses
feste Gerüst mit einem roten, häutigen, aus Kalk und animalischer Substanz bestehenden Überzug umgeben, in welchen die
Einzeltierchen, von unten nach oben sich vermehrend, eingebettet sind und ihre Fangwimpern alle nach außen strecken. Die
animalische, eigentlich aus den Tierleibern selbst aufgebaute Scheide, die ein weißer, milchiger Nahrungssaft durchzieht,
ist außer dem Wasser nach dem Abtrocknen bröcklig und leicht abfallend.
Die Vermehrung der K. erfolgt in zweierlei Weise, indem sowohl von dem Bäumchen abfallende Zweige zu selbständigen Stöcken
fortwachsen, als auch von den Polypen in der Sommerzeit eine Menge Brut als schwärmende Fäden ausgestoßen
werden, die sich endlich irgendwo festsetzen und die Grundlage zu neuen Stöcken werden. Die erste Arbeit mit den geernteten
K., die gleich auf den Fischerbarken vorgenommen wird, besteht in der Entfernung des tierischen Überzugs durch Abreiben
und Waschen.
Die meisten und besten K. finden sich an der afrikanischen Küste zwischen Algier und Tunis, außerdem
bei den Balearen, an den Küsten von Spanien, Frankreich, Korsika, Sardinien, Sicilien, Neapel etc.
Die Örtlichkeiten des Vorkommens sind in der Regel schon seit langen Zeiten bekannt und man sichert sich einen regelmäßigen
Ertrag dadurch, daß man dieselbe Lokalität immer erst nach zehn Jahren von neuem aberntet. Eine nicht
geringe Anzahl von Booten, mit je 7-8 Mann besetzt, ziehen, die meisten aus Neapel, alljährlich zur Korallenfischerei aus
und arbeiten von April bis Juni, gewöhnlich in der Weise, daß ein paar übers Kreuz verbundene Balken oder ein Rahmen,
an welchen Netze, Schlingen, Haken verteilt sind, unter Belastung auf den Felsengrund, 60-90 m tief, an Seilen hinabgelassen
und durch die rudernden Boote auf großen Strecken hin und her und kreuzend geführt werden, sodaß die dabei getroffenen
und abgebrochenen K. im glücklichen Falle in den Netzen hängen bleiben.
Statt dieser augenscheinlich mangelhaften Methode betreibt man das Geschäft anderwärts, besonders bei
den Franzosen, durch Taucher, welche dickere Stämmchen heraufbringen, aber nur in flachern Tiefen arbeiten können und namentlich
an der ganzen afrikanischen Küste unmöglich sind. Man soll allein in der Straße von Stromboli und bei Messina jährlich
gegen 2000 kg K. fischen, während auf afrikanischer Seite, wo bei Bona und La Calle jährlich etwa 200 französische
und italienische Barken zusammenkommen, deren Ertrag auf 15-35000 kg angegeben wird. Im Jahre 1875 belief sich die von Seiten
italienischer Schiffer eingebrachte Korallenernte auf 23000 kg I. Qualität im Durchschnittswerte von 120 Frcs. pro kg, 20000 kg
II. Qualität à 75 Frcs. und 67436 kg III. Qualität à 6 Frcs. pro kg. 3700 Mann in 404 Barken
beteiligten sich hierbei.
Bona und La Galle sind die wichtigsten Marktplätze für alles, was im Mittelmeere gefischt wird. Aus der eingebrachten Ernte
werden erst die größten
und schönsten Exemplare als Kabinetsstücke ausgesucht und dann das Übrige
so ausgestückelt, wie dies die zweckmäßigste Verwendung an die Hand gibt. Die rohe Ware zerfällt in folgende Sorten:
tote oder faule K., mit mineralischem und animalischem Niederschlag überzogen, gilt das Kilo 5-20 Frcs.;
schwarze, durch
Lagern in Schlamm geschwärzt, 12-15 Frcs.;
die gewöhnliche, lebend gefangene Ware, in Kisten, 45-70
Fcrs.;
auserwählte, besonders dicke und rosenrote Stücke 4-500 Frcs. das kg, endlich sehr seltene weiße K. Man überarbeite
zuvörderst die rohen Stücke aus dem Groben mit Raspeln und Feilen und schleift sie dann auf Schleifscheiben mit immer feinerm
Schmirgel. Es gibt in mehreren Mittelmeerstädten, besonders in Neapel, dann auch in Livorno, Genua,
Trapani, Marseille, Casais, Bona, Algier etc. viele Leute, die sich mit Schleifung, Polierung,
Bohrung, Fassung von K. beschäftigen, teils als Künstler, teils als Fabrikarbeiter und am häufigsten Arbeiterinnen.
Man
fertigt aus den hinreichend großen Stücken Stockknöpfe, Messerhefte etc., aus den kleinern
Schmucksachen verschiedner Art, wie runde, ovale, birnförmige und unregelmäßige Perlen zu Halsbändern, Paternostern, Knöpfe,
Einsätze von Nadeln, Broschen etc. Die Farben variieren vom tiefsten Blutrot und schönen Zinnoberrot
bis zum Blaßrosa. Früher waren die dunkelsten Farben die beliebtesten, später hat sich der Geschmack hierin geändert.
In Europa hat die Vorliebe für K. ziemlich abgenommen, obschon ab und zu versucht wird, dieselben durch
schöne Schmuckwaren, wie sie sich z. B. auf den Leipziger Messen zeigen, wieder emporzubringen.
Den ständigen und von der Mode nicht beeinflußten Absatz haben die Waren in Japan, China, in Arabien und dem Orient überhaupt.
Bei den Orientalen ist die Vorliebe für Korallenschmuck so lebhaft, daß man denselben überall an Kleidung,
Waffen, Pferdegeschirren, Gerätschaften und selbst an den Wänden vornehmer Wohnungen anbringt. Außerdem gehen K. nach
Rußland, Amerika, und in Stellvertretung von Münzen, in Form von Perlenschnüren zu Neger- und andern wilden Stämmen.
- Rohe, unbearbeitete K. sind zollfrei, bearbeitete s. Tarif im Anh. Nr. 33 c
und Nr. 20 a.
In neuerer Zeit gehen italienische Korallenfischer, namentlich aus Torre del Greco und Resina am Golf von
Neapel, mit ihren kleinen, aber starken Fahrzeugen auch in den atlantischen Ozean auf Korallenfischerei und finden besonders
an den Küsten der kapverdischen Insel Santiago reichen Fang. Die dort gefundene Koralle soll mit der
des Mittelmeeres identisch sein und lieferte bereits 1879/80 eine Ausbeute von 3000 kg, darunter verhältnismäßig viele
K. von der so hochgeschätzten blaßroten Färbung, die im Mittelmeere immer seltener angetroffen wird. - Zoll s.
S. 287.
über die rote Schmuckkoralle s. Edelkoralle. Korallen nennt
man auch die facettenartig geschliffenen Bernsteinperlen (s. Bernsteinindustrie, Bd. 2, S. 842a).
In der Jägersprache sind
Korallen kleine hölzerne Kugeln, die mit vorstehenden eisernen Stiften versehen sind und an eine Dressierleine
gereiht werden.