Titel
Kopffüßer
,
Kraken, Tintenfische, Tintenschnecken [* 2] (Cephalopoda), die am höchsten stehende Klasse der Weichtiere (s. d.). Sie haben einen vom Rumpf deutlich abgesetzten Kopf mit zwei sehr großen Augen. Um den Mund herum, der außer der Reibplatte oder Radula mit einem starken, einem Papageischnabel ganz ähnlichen, aus Ober- und Unterkiefer gebildeten Hornschnabel bewaffnet ist, steht eine Anzahl von fleischigen Armen, die zum Kriechen, Schwimmen, Tasten und zum Ergreifen der Beute dienen.
An der Bauchseite des Rumpfes bildet die Körperwand durch eine Duplikatur eine vorn offen stehende Höhle, die Mantelhöhle, in der sich, paarig angeordnet, die gefiederten Kiemen befinden. Mitten in dieser schlitzförmigen Öffnung ist am Körper eine beiderseits offene kegelförmige fleischige Röhre, der Trichter, derart angeheftet, daß sein weiteres Ende in die Kiemenhöhle sieht. Durch den Mantelschlitz dringt Wasser zum Atmen ein; wird dasselbe durch plötzliche und energische Zusammenziehungen der Hautduplikatur, des sog. Mantels, aus der Mantelhöhle herausgepreßt, so nimmt es seinen Weg durch die Trichterröhre und das Tier schießt infolge des Rückstoßes mit dem hintern Körperende voran pfeilschnell durch das Wasser.
Durch Zusammenschlagen der
Arme wird eine ähnliche Ortsbewegung
[* 3] erzielt. In der Unterhaut der Kopffüßer
finden
sich merkwürdige kontraktile, mit verschiedenfarbigem
Pigment gefüllte Zellen
(Chromatophoren), die durch ihre abwechselnde
Ausdehnung
[* 4] und Zusammenziehung ein lebhaftes Farbenspiel zu Wege bringen, das die psychischen Erregungen in wirksamster
Weise zum
Ausdruck bringt, andererseits die Körperfärbung der Umgebung anzupassen vermag. Der sog.
Tintenbeutel, ein neben dem
After in der Mantelhöhle mündender Sack, sondert, wenn die
Tiere verfolgt
werden, eine dunkle Flüssigkeit (s. Sepia) ab, die sie dem
Auge
[* 5]
nach-
^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.] ¶
mehr
stellender Feinde entzieht. Die Geschlechter sind getrennt, bei den männlichen ist stets ein Arm zum Begattungsorgan umgebildet, doch findet bei einigen Formen keine direkte Begattung statt: es füllt sich vielmehr der besonders modifizierte hohle Arm (der Hektokotylus) mit der in Hülsen (sog. Spermatophoren oder Samenpatronen) befindlichen Samenflüssigkeit, reißt sich bei den gewaltsamen Umarmungen los, bewegt sich eine Zeit lang selbständig und gelangt in die Mantelhöhle des Weibchens, wo sich dann die Befruchtung [* 7] vollzieht; an Stelle des abgerissenen Hektokotylus bildet sich ein neuer.
Mit ihrem mächtig entfalteten Nervensystem und ihren trefflich entwickelten Sinnesorganen stehen die Tiere geistig sehr hoch. Es sind ausschließlich Bewohner des Meers, die sich von Raub ernähren. Manche wachsen zu gewaltigen Dimensionen heran, sodaß sie inklusive der langen Arme die Länge eines Walfisches erreichen, wenn auch so furchtbare Riesen, wie sie die Sage unter dem Namen Kraken erwähnt, nicht vorkommen dürften. Nach der Anzahl der Kiemen unterscheidet man zwei Ordnungen, die Vierkiemer (Tetrabranchiata) und die Zweikiemer (Dibranchiata).
Bei den erstern, zu denen unter den lebenden Kopffüßer
nur der Nautilus (s. d.)
gehört, finden sich sehr viele, tentakelartige Arme, die letztern haben acht, auf der dem Munde zugekehrten Seite in ganzer
Länge mit Saugnäpfen bewehrte Arme, zu denen bei andern noch zwei längere, nur am Ende mit Saugnäpfen
oder Haken besetzte, die wie Lassos nach der Beute geschleudert werden, hinzukommen. Die achtarmigen (Octopoda) entbehren des
Skeletts, nur die Argonaute (s. d. und Tafel: Kopffüßer
,
[* 6]
Fig. 1) hat im weiblichen Geschlecht eine äußere Schale. Der gemeine
Krake (s. Weichtiere), Octopus vulgaris L.,
[* 6]
Fig.
4) gehört auch hierher. Die zehnarmigen haben in der Rückenhaut des Rumpfes ein inneres Skelett
[* 8] in Gestalt einer hornigen
(s. Kalmare, mit Loligo vulgaris Lam.,
[* 6]
Fig. 2 u. 3) oder kalkigen Schale (s. Sepia, mit Sepia officinalis L.,
[* 6]
Fig. 5 u. 6). Fossil finden sich Kopffüßer
schon vom Silur
an und erreichen als Ammoniten
[* 9] (s. d.), Belemniten
[* 10] (s. d.) u. s. w. besonders im
Jura ihre höchste Entwicklung. Lebende Arten giebt es höchstens 200, denen mindestens 4500 fossile gegenüberstehen.