die Leitung in den Senatssitzungen wie (mit Ausnahme der Tributkomitien) in den
Volksversammlungen, ferner die
Verwaltung der
Gerichte und die
Schätzung der
Bürger wie die
Einteilung derselben in
Klassen (den sogen. census); in Kriegsfällen hatten sie
die
Heere auszuheben und den Oberbefehl zu führen. Die
Teilung in die obliegendenGeschäfte zwischen ihnen
geschah in der
Weise, daß einem jeden, soweit möglich, ein bestimmt abgegrenzter Geschäftskreis zugewiesen wurde und im
übrigen die Erledigung der laufenden
Geschäfte von
Monat zu
Monat zwischen ihnen wechselte; hinsichtlich außerordentlicher
Aufträge hatten sie sich entweder darüber untereinander zu vergleichen (comparare inter se), oder die
Entscheidung wurde
dem
Los überlassen, oder es wurde auch der eine oder der andre durch Senatsbeschluß bestimmt. So geschah es namentlich
auch
im Fall eines
Kriegs, der gewöhnlich von einem der
Konsuln an der
Spitze von zwei
Legionen und einer gleichen Anzahl von
Hilfstruppen geführt wurde; es kam aber auch vor, daß beide ins
Feld zogen, wo dann entweder jeder von
beiden den Oberbefehl über sein
Heer unabhängig von dem andern führte, oder beide im Oberbefehl über das Ganze von
Tag
zu
Tag wechselten.
Zur Aufrechterhaltung ihrer Macht hatten sie das
Recht, jeden
Bürger (mit Ausnahme der
Volkstribunen) ergreifen und ins Gefängnis
setzen zu lassen (das
Recht der prensio) und eine
Geldstrafe (multa) über ihn zu verhängen; im
Krieg empfingen sie mit dem
militärischen Oberbefehl (dem imperium) eine völlig absolute
Gewalt über das
Heer, die auch das
Recht über
Leben und
Todin sich
schloß. Dies war der ursprüngliche Wirkungskreis derKonsuln; im
Lauf der Zeit aber erlitt derselbe mehrfache
Einschränkungen.
Schon im ersten Jahr der
Republik (509) wurde den römischen
Bürgern das
Recht derProvokation eingeräumt, d. h. das
Recht, von
den
Verfügungen und Maßregeln der
Konsuln an die
Volksversammlung zu appellieren. Dieses
Recht wurde 494 durch die Einsetzung
des Volkstribunats gesichert, und die
Volkstribunen erwarben sich allmählich auch die Befugnis, in den
Tributkomitien, in denen
sie den Vorsitz führten, allgemein verbindliche
Gesetze zu geben und den
Senat zusammenzurufen; es
kam sogar vor, daß sie kraft ihrer Amtsgewalt die
Konsuln ins Gefängnis abführen ließen
und sie selbst mit dem
Tod bedrohten.
Ferner ward 444 durch die Einsetzung der
Zensur die
Schätzung des
Volkes (der
Zensus) und 366 durch die Einsetzung
der Prätur der wesentliche Teil der richterlichen
Funktionen vom
Konsulat abgetrennt. Unter den
Kaisern sank die Macht der
Konsuln neben der unumschränkten Herrschaft jener notwendig zu einem bloßen
Schatten
[* 3] herab, daher es
auch üblich ward, daß die
Konsuln im
Lauf desJahrs mehrfach, zuletzt in der
Regel alle zwei
Monate, wechselten und statt des
Konsulats häufig nur die
Ehrenzeichen desselben (die insignia oder ornamenta consularia) verliehen wurden; diejenigen, welche
das
Amt zuerst im Jahr bekleideten, hießen alsdann ordinarii und hatten den Vorzug, daß das Jahr nach
ihnen benannt wurde; die übrigen hießen suffecti.
Dessenungeachtet dauerte das
Konsulat im
Westen bis 534
n. Chr., im
Osten bis 541
fort, in welchem Jahr es zum letztenmal von
einem Privatmann,
NamensBasilius, bekleidet ward; seit dieser Zeit galt der oströmische
Kaiser als Consul perpetuus. Was die
Wählbarkeit anlangt, so war diese in der ältesten Zeit der
Republik für das
Konsulat wie für alle höhern obrigkeitlichen
Ämter auf die
Patrizier beschränkt. Indessen setzten die
Plebejer schon
445
v. Chr. durch, daß es gestattet sein sollte, statt
der
Konsuln sogen. Konsulartribunen (tribuni militum consulari potestate) zu wählen, und daß
zu diesem
Amt auch
Plebejer wählbar sein sollten, was jedoch meist durch die
Intrigen der
Patrizier verhindert wurde, und 367 wurde
durch das
LicinischeGesetz bestimmt, daß immer einer der
Konsuln ein
Plebejer sein müsse.
Hierauf wurde, mit wenigen durch eine
Verletzung des
Gesetzes von seiten der
Patrizier herbeigeführten Ausnahmen,
immer die eine
Stelle mit einem
Patrizier, die andre mit einem
Plebejer besetzt, bis in der Zeit nach dem zweiten
PunischenKrieg
der politische Unterschied zwischen
Patriziern und
Plebejern allmählich aufhörte und damit das
Gesetz in Vergessenheit geriet.
Die
Wahl geschah in der republikanischen Zeit immer durch die Centuriatkomitien unter dem Vorsitz eines
der
Konsuln, in der Kaiserzeit durch den
Senat, selbstverständlich aber nach dem
Willen der
Kaiser. Der
Termin des Amtsantritts
war lange Zeit ein wechselnder; 153
v. Chr. wurde er auf 1. Jan. festgesetzt. Die
Ehrenzeichen bestanden in einem elfenbeinernen
Stuhl, der
Sella
[* 4] curulis, und in einer mitPurpur verbrämten
Toga,
[* 5] der
Toga praetexta, welche beiden jedoch
die
Konsuln mit den übrigen höchsten Obrigkeiten teilten, und in den zwölf
Liktoren mit Rutenbündeln (fasces), welche ihnen
bei jedem öffentlichen Erscheinen voranschritten. - Über die Erneuerung der
Würde in
Frankreich s.
Konsulat.
(lat.), der von einem
Staat zur Wahrung der
Interessen seiner
Angehörigen und seines
Handels
insbesondere in einem fremden Land und an einem fremden Handelsplatz bestellte Beamte. Der Konsul und die Behörde,
welche er repräsentiert (das
Konsulat), haben vorwiegend, aber nicht ausschließlich den
Charakter einer handelspolitischen
Magistratur. Von den
Gesandten unterscheiden sich die Konsuln durch ihre mehr beamtliche als diplomatische
Stellung und namentlich dadurch, daß der
Gesandte der auswärtigen Staatsregierung gegenüber mehr die
Interessen seines heimischen
Staats zu vertreten, während der Konsul mehr die
Interessen der
Angehörigen seines
Staats im
Ausland wahrzunehmen hat.
Das Konsulatswesen entwickelte sich zuerst namentlich in den Mittelmeergebieten und zwar dadurch, daß dort die Vorsteher
von Handelsfaktoreien von ihren Landsleuten zur Schlichtung von Streitigkeiten und zur Wahrung sonstiger
Interessen vielfach
in Anspruch genommen wurden. Man bestellte sodann in der Folgezeit derartige Vertreter der Handelsinteressen von Staatsangehörigen
im
Ausland von
Staats wegen, und regelmäßig wurden hiermit Kaufleute betraut.
Erst in unserm
Jahrhundert ist man nach dem Vorgang
Frankreichs dazu übergegangen, berufsmäßige Vertreter
der Handelsinteressen
(Berufskonsuln) anzustellen. Das deutsche Konsulatswesen blieb dabei hinter
England,
Frankreich und
Nordamerika
[* 6] erheblich zurück. Die Zersplitterung
Deutschlands
[* 7] äußerte sich auf diesem Gebiet in der empfindlichsten
Weise. Die
Hansestädte,
welche zwar ein erhebliches
Interesse daran hatten, im
Ausland gut vertreten zu sein, besaßen nicht die
nötigen
Mittel, um ein Konsularwesen nach französischem
Muster einzurichten, und
Preußen
[* 8] zeigte fast
nur für die Auswahl
von Männern
Interesse, welche in der
Levante die preußischen Handelsbeziehungen vertraten; für die geschäftsmäßige Tüchtigkeit
der konsularischen Vertreter wurde nur wenig gesorgt. Erst mit der
Gründung des Norddeutschen
Bundes trat in
dieser Hinsicht ein vollständiger Umschwung ein, und die
¶
mehr
Ausbildung des deutschen Konsulatswesens ist nicht die kleinste Errungenschaft der neuen Reichseinheit.
Dem Rang nach unterscheidet man Generalkonsuln, denen die Oberleitung der zu einem größern Bezirk gehörigen
Konsulate und Vizekonsulate zusteht, Konsuln an wichtigen Handelsplätzen, Vizekonsuln an minder wichtigen Plätzen, aber den
Konsuln im Range gleichstehend, und Konsularagenten, Privatbevollmächtigte der Konsuln, zu deren Ernennung die absendende
Regierung ihre Zustimmung gegeben hat, ohne daß ihnen eine selbständige Ausübung der konsularischen Rechte zukommt.
Zur Leitung der Büreaugeschäfte ist einem Generalkonsul oder einem wichtigern Konsulat zuweilen ein Kanzler beigeordnet; auch
ist dem Konsul das nötige Hilfspersonal an Sekretären, Dolmetschen etc. beigegeben. Die Berufskonsuln müssen entweder juristische
Bildung besitzen, oder eine Staatsprüfung (deutsches Prüfungsreglement vom bestanden haben. Das deutsche
Konsularwesen ist durch das nunmehrige Reichsgesetz vom geordnet, nachdem schon die Verfassung
des Norddeutschen Bundes die nachmals in die Reichsverfassung (Art. 56) übergegangene Bestimmung getroffen hatte, daß das
gesamte Konsulatswesen unter der Aufsicht des Bundespräsidiums (des Kaisers) stehe, welcher die Reichskonsuln nach Vernehmung
des Ausschusses des Bundesrats für Handel und Verkehr anstellt.
Neue Landeskonsulate sollten nicht mehr errichtet werden; auch sind inzwischen die deutschen Landeskonsulate im Ausland beseitigt
und nur noch Reichskonsulate dortselbst vorhanden. Dagegen haben die Einzelstaaten noch das Recht, Konsuln fremder Staaten
bei sich zuzulassen. Innerhalb des fremden Staats kann der Konsul nämlich eine amtliche Thätigkeit erst nach
Erteilung des Exequatur (in der Türkei
[* 10] Berat genannt), d. h. nach offizieller Zulassung durch die Staatsregierung und nach
Anfertigung und Aushändigung einer hierauf bezüglichen Urkunde, beginnen. In manchen Ländern üben die Konsulate (Jurisdiktionskonsulate)
über die Angehörigen ihres heimischen Staats auch eine besondere Gerichtsbarkeit (Konsulargerichtsbarkeit, Konsularjurisdiktion)
aus.
Dies geschah zuerst in der Türkei, woselbst den Konsuln christlicher Staaten durch besondere Verträge,
welche Kapitulationen genannt wurden, eine Gerichtsbarkeit eingeräumt ward. Für das deutsche Konsulatswesen ist die Konsulargerichtsbarkeit
durch Reichsgesetz vom geordnet. Neben verschiedenen Verordnungen und Spezialgesetzen, insbesondere dem Gesetz über
das Gebührenwesen bei den deutschen Konsulaten vom sind ferner die hierauf bezüglichen Staatsverträge
(Konsularverträge) von Wichtigkeit. Ein vollständiges gegenseitiges Konsularkartell besteht mit Österreich-Ungarn
[* 11] gemäß
den Bestimmungen des Handelsvertrags vom
[Amtsgeschäfte der deutschen Konsuln.]
Nach dem deutschen Konsulatsgesetz
sind die Reichskonsuln berufen, das Interesse des
Reichs, namentlich in Bezug auf Handel, Verkehr und Schiffahrt, thunlichst zu schützen und zu fördern,
die Beobachtung der Staatsverträge zu überwachen und den Angehörigen der Bundesstaaten sowie andrer befreundeter Staaten in
deren Angelegenheiten Rat und Beistand zu erteilen. Die Konsuln, welche dem Reichskanzler und den im Land ihrer Residenz bestehenden
Reichsgesandtschaften unterstellt sind, haben im einzelnen namentlich folgende Funktionen auszuüben:
3) Die Konsuln haben Deutsche,
[* 12] welche im Ausland hilfsbedürftig wurden, zu unterstützen, nötigen Falls für ihre Rückbeförderung
in die Heimat zu sorgen. Doch soll nur in Fällen wirklicher und unverschuldeter Not Unterstützung gegeben
und der Betrag derselben von etwanigen alimentationspflichtigen Verwandten bald wieder beigezogen werden.
5) Der Konsul ist Organ der freiwilligen Gerichtsbarkeit und Notariatsbeamter. Die Konsuln können Urkunden mit der Beweiskraft
öffentlicher Urkunden ausfertigen und beglaubigen, auch Urkunden fremder Behörden legalisieren und Notariatsakte aufnehmen.
Sie fungieren als Nachlaßbeamte in Ansehung der Hinterlassenschaft von Reichsangehörigen, welche in
ihrem Bezirk versterben.
Als Kollegium besteht das Konsulargericht aus dem Konsul und 2-4 Beisitzern. Es entscheidet in allen Strafsachen, welche vor die
Schöffengerichte gehören, und in allen Sachen, für welche im Inland das Landgericht zuständig sein würde.
Schwurgerichtssachen dürfen vor den Konsulargerichten nicht verhandelt werden. Dieselben sind durch den Konsul nur
zu instruieren und sodann an die inländischen Gerichte abzugeben. Vor das Reichsgericht als konsulargerichtliche Instanz gehören
Hoch- und Landesverratssachen.
Dies Konsularrecht gilt nunmehr für die deutschen Schutzgebiete auch als Kolonialrecht (s. d.). Eine Mitwirkung der Staatsanwaltschaft
findet im allgemeinen nicht statt; nötigen Falls werden ihre Funktionen durch einen achtbaren Gerichtseingesessenen,
womöglich durch einen Rechtsanwalt, wahrgenommen. Rechtsanwalte bei den Konsulargerichten werden vom Konsul widerruflich bestellt.
Die Beisitzer der Konsulargerichte sowie zwei Stellvertreter werden alljährlich im voraus aus den achtbaren Gerichtseingesessenen
des Bezirks oder aus sonst achtbaren Einwohnern ernannt.