Konstanzer
Konzil, die 1414-18 in Konstanz abgehaltene Kirchenversammlung, welche das päpstliche Schisma und die Ketzereien Huß' beseitigen und eine Reform der Kirche vornehmen sollte. Dasselbe ward auf Betrieb des Kaisers Siegmund von Papst Johann XXIII. berufen und eröffnet. Anteil an demselben nahmen außer dem Kaiser fast alle Kurfürsten, die meisten Reichsfürsten, ein zahlreicher Adel, die Gesandten aller katholischen Könige sowie auch der Griechen und Russen; von Geistlichen dagegen erschienen, außer Papst Johann XXIII. und den Legaten seiner beiden Gegenpäpste, 3 Patriarchen, 33 Kardinäle, 47 Erzbischöfe, 145 Bischöfe, 124 Äbte, 750 Doktoren, 18,000 Priester und Mönche.
Zugleich mit den handelnden Personen war eine große Menschenmenge damals in Konstanz zusammengedrängt, darunter 700 fahrende Frauen und 346 Schauspieler, Gaukler etc. Die Zahl der dauernd sich Aufhaltenden wurde auf 50,000, die der Besucher auf das Dreifache geschätzt. Denn die weltlichen und geistlichen Fürsten wetteiferten in der Menge und Pracht ihres Gefolges, in dem Pomp ihrer Aufzüge und ihres Hofhalts. Nachdem das Übergewicht des Papstes Johann und des italienischen Klerus dadurch beseitigt worden war, daß die Abstimmung nicht nach Personen, sondern nach Nationen (Italiener, Deutsche, Franzosen, Engländer und später auch Spanier) bestimmt wurde, nahm das Konzil zunächst die Beseitigung des Schismas (causa unionis) vor.
Johann XXIII. wurde zur Abdankung bewogen und als er floh, seinen Verzicht zurücknahm und das Konzil auflösen wollte, erklärte das Konzil auf Anregung Johann Gersons durch das Dekret Sacrosancta (6. April), daß dem Konzil die höchste Autorität der Christenheit innewohne, und daß es über dem Papste stehe, und entsetzte Johann XXIII. 29. Mai seines Amtes. Gregor XII. entsagte freiwillig und Benedikt XIII. wurde von seinen Anhängern verlassen und abgesetzt. Die Neuwahl eines
mehr
Papstes wurde verschoben. Darauf wurde die zweite Aufgabe, die Ausrottung der Ketzerei (causa fidei), vorgenommen, indem Huß zum Tod verurteilt und vor den Thoren von Konstanz verbrannt wurde. Die Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern (causa reformationis) aber kam nicht zu stande wegen der Uneinigkeit der Mitglieder und Siegmunds unzeitiger Reise ins Ausland. Kaum hatte sich das Konzil über die Grundsätze der Reform, welche sich auf die äußere Verfassung der Kirche und auf das Leben und die Bildung der Geistlichkeit erstrecken sollte, geeinigt, so setzte die Kardinalspartei mit Hilfe der Franzosen die Wahl Martins V. zum Papste durch.
Dieser verschleppte die weitern Verhandlungen über die Kirchenreform, machte in den Dekreten vom nur geringe Zugeständnisse und schloß mit den einzelnen Nationen Konkordate, welche einige Beschwerden beseitigten. Hierauf ward das Konzil geschlossen. Gleichzeitig mit dem Konzil tagten zwei Reichstage (1415 und 1417), auf denen vergeblich über eine Reichsreform beraten, Herzog Friedrich von Tirol geächtet und Burggraf Friedrich von Nürnberg mit der Mark Brandenburg belehnt wurde.
Vgl. Ulrich v. Richenthal, Chronik des Konziliums in Konstanzer (Augsb. 1533, Frankf. 1575);
v. d. Hardt, Magnum concilium Constantiense (Frankf. u. Leipz. 1700-1702, 6 Bde.);
Lenfant, Histoire du concile de Constance (Amsterd. 1714, 2 Bde.);
Tosti, Geschichte des Konzils von Konstanz (deutsch von Arnold, Schaffh. 1860);
Marmor, Das Konzil zu Konstanz in den Jahren 1414-18 (2. Aufl., Konst. 1874).