Titel
Konkurrenz
der
Verbrechen
(Concursus delictorum) ist dann vorhanden, wenn mehrere
Verbrechen von einer und derselben
Person begangen wurden. Sind diese
Verbrechen durch verschiedene selbständige
Handlungen begangen, so spricht man von einer
realen, formalen oder successiven Konkurrenz
, während, wenn jene
Verbrechen durch einen einzigen
Akt begangen
wurden, eine sogen. ideale Konkurrenz
vorliegt. So begeht z. B.
derjenige, welcher mit seiner verheirateten
Schwester den
Beischlaf vollzieht, hierdurch zugleich einen
Inzest und einen
Ehebruch.
Hier ist die
Regel, daß nur dasjenige
Gesetz, welches die schwerste
Strafe androht, zur Anwendung kommt. So würde z. B. in
dem gedachten
Fall nur auf die
Strafe des
Inzestes zu erkennen sein. Dies ist namentlich auch durch das
deutsche
Reichsstrafgesetzbuch (§ 73) sanktioniert.
Hat dagegen jemand nach und nach verschiedene strafbare
Handlungen, also
z. B. mehrere
Diebstähle hintereinander, zu schulden gebracht, liegt also eine sogen. formale Konkurrenz
vor,
so ist die
Frage, wie ein solcher
Fall zu behandeln sei, in der
Theorie streitig; das deutsche
Strafgesetzbuch
(§ 74 ff.) hat dieselbe dahin entschieden:
1) Sind durch verschiedene strafbare Handlungen an und für sich mehrere Freiheitsstrafen, und zwar zeitige Freiheitsstrafen, verwirkt, so ist auf eine Gesamtstrafe zu erkennen, welche in Erhöhung der verwirkten schwersten Strafe besteht (sogen. Schärfungs- oder Erböhungsprinzip). Treffen ungleichartige Strafen, also z. B. Zuchthausstrafe und Gefängnis, zusammen, so tritt jene Erhöhung bei der ihrer Art nach schwersten Strafe ein. Die Gesamtstrafe soll jedoch den Betrag der verwirkten Einzelstrafen nicht erreichen und 15jähriges Zuchthaus, 10jähriges Gefängnis oder 15jährige Festungshaft nicht übersteigen. Man pflegt in der Praxis in solchen Fällen die schwerste Strafe, welche verwirkt ist, als sogen. Einsatzstrafe zu Grunde zu legen, wirft dann die weitern an und für sich verwirkten Freiheitsstrafen aus, reduziert dieselben in angemessener Weise und erhält durch Zusammenrechnung die zu erkennende Gesamtstrafe.
2) Beim Zusammentreffen der Festungshaft mit Gefängnis ist auf jede dieser Strafarten abgesondert zu erkennen; ebenso soll, wenn Haft mit andern Freiheitsstrafen zusammentrifft, auf erstere abgesondert erkannt werden.
3) Sind mehrere Haftstrafen verwirkt, oder sind mehrere Geldstrafen ausgesprochen, so werden dieselben einfach zusammengerechnet (sogen. Kumulationsprinzip); doch soll der Gesamtbetrag der Haft alsdann drei Monate nicht übersteigen.
4) Beim Zusammentreffen andrer Strafen mit der Todesstrafe oder mit lebenslänglichem Zuchthaus werden die erstern durch letztere absorbiert (sogen. Absorptionsprinzip). In derselben Weise ist nach § 79 des deutschen Strafgesetzbuchs auch zu verfahren, wenn die Verurteilung wegen einer strafbaren Handlung erfolgt, nachdem bereits wegen eines anderweiten Verbrechens auf eine andre Strafe zuvor erkannt und diese noch nicht verbüßt, verjährt oder erlassen worden ist. Es kommt dann zu einer sogen. Zusatzstrafe welche nach ebendenselben Grundsätzen wie die Gesamtstrafe zu bemessen ist.
Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige
Urteile zu
Strafen verurteilt worden, und sind dabei die Vorschriften über die
Zuerkennung einer Gesamtstrafe außer Betracht geblieben, so sind durch eine nachträgliche gerichtliche
Entscheidung die erkannten
Strafen auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen (deutsche Strafprozeßordnung, § 492). Nicht zu
verwechseln mit der Konkurrenz
ist das sogen.
»fortgesetzte Verbrechen« (s. d.) und ebensowenig der
Concursus ad delictum (s.
Teilnahme am Verbrechen).
Vgl. außer den Strafrechtslehrbüchern und den
Kommentaren zum
Strafgesetzbuch:
John, Die
Lehre
[* 2] vom fortgesetzten
Verbrechen und von der Verbrechen
skonkurrenz
(Berl. 1860);
Habermaas, Die ideale Konkurrenz
der
Delikte (Stuttg. 1882).