Komisch
(griech.) heißt nach Aristoteles ein Ungereimtes (eine Thorheit), das unschädlich (sowohl für den Thoren als für uns selbst) ist. Der Eindruck desselben ist infolge der erstern Eigenschaft ein angenehmer (durch das Bewußtsein eignen Besserwissens und dem Thoren überlegener Klugheit), infolge der letztern kein unangenehmer (da das Unschädliche uns weder ein Mitgefühl, sei es nun Mitleid oder Schadenfreude, noch Furcht für uns selbst einflößt).
Dasselbe ist wesentlich
Verstandes-, keineswegs, wie das
Erhabene (s. d.),
Vernunft- oder, wie das
Tragische (s. d.) oder
Tragikomische
(s. d.), Gemütssache. Lebhafter
Sinn für das Komische
muß daher weder mit gleicher
Ehrfurcht vor dem
Erhabenen
noch mit warmem
Gefühl für das Unglück verbunden sein; religiösen und gefühlvollen
Menschen kann es um seiner (wenigstens
scheinbaren)
Herz- und
Gefühllosigkeit willen frivol erscheinen. Grundlage desselben ist jederzeit ein
Kontrast zwischen der
Thorheit, die komisch
, und der
Klugheit, welcher sie komisch
erscheint
(Sancho Pansa, der einen seichten
Graben für
einen Abgrund hält und zitternd über demselben an einem
Ast schwebt, ist für den ruhigen Zuschauer komisch
); da aber beide nur
verschiedene
Grade der Einsicht sind, so folgt, daß das Einsichtslose (die leblose
Natur, das
Tier, das unmündige
Kind, der
Geisteskranke) nur insofern komisch
erscheinen kann, als ihm die mangelnde Einsicht von dem lachenden
Zuschauer untergeschoben (das Leblose beseelt, das
Person- und Verstandlose persönlich und mit Verstandesfähigkeit ausgerüstet
gedacht) wird.
Unverschuldete
Thorheit (Unwissenheit) ist daher ebensowenig komisch
wie körperliche Gebrechlichkeit (unverschuldetes Ungeschick).
Da das Komische
wesentlich Persönlichkeit voraussetzt, so leuchtet ein, daß es von denjenigen
Künsten, welche, wie die
Musik und die
Baukunst,
[* 2] die
Darstellung des Persönlichen ausschließen, selbst ausgeschlossen, dagegen
in der
Plastik,
Malerei (komisches
Genrestück) und
Poesie (komisches
Lied, komisches
Epos, komischer
Roman, komisches
Drama oder
Komödie) am Platz ist. Je nachdem die beiden
Glieder
[* 3] des
Kontrastes
(Klugheit und
Thorheit) an verschiedene
Personen
(Kluge und
Dumme) verteilt oder in einer und derselben
Person vereinigt sind, wird das Naiv- oder
Objektiv-Komische
und das Bewußt- oder
Subjektiv-Komische unterschieden; bei jenem erscheint die komische
Person andern, bei diesem sich selbst
komisch
, ergötzt sich an ihrer eignen
Thorheit, um welcher
Verwandtschaft mit dem (guten)
Humor (s. d.) willen letztere Art des
Komischen
das Humoristisch-Komische
heißt. Je nachdem der zur Einsicht in die
Thorheit des Belachten
erforderliche
Grad von Einsicht ein höherer oder niedrigerer ist (»der
Engel lacht über den
Menschen, der
Erzengel über den
Engel und Gott über alle«,
Jean Paul), wird das
Fein- oder Hochkomische und das Grob- oder Niedrigkomische unterschieden.
Unterarten des Feinkomischen sind das Lächerliche und die humoristische
Posse, des Niedrigkomischen das
Burleske und der posse
nhafte
Humor; jene beiden belächeln, diese beiden belachen wir. Die
Auflösung des Komischen erfolgt,
wie die des
Tragischen (s. d.), durch Aufhebung des
Kontrastes, indem das anscheinend Thörichte als verständig, die anscheinende
Thorheit als Spielmaske der
Klugheit
(Hamlets verstellter
Wahnsinn) erkannt wird.
Vgl. Jean Paul, Vorschule der Ästhetik (2. Aufl., Stuttg. 1813);
Ruge, Neue Vorschule der Ästhetik (Halle [* 4] 1834);
Vischer, Über das Erhabene und Komische (Stuttg. 1837);
Bohtz, Über das Komische und die Komödie (Götting. 1844);
Hecker, Die Physiologie und Psychologie des Lachens und des Komischen (Berl. 1873);
Speyer, [* 5] Über das Komische und dessen Verwendung in der Poesie (das. 1877);
ferner die Werke über Ästhetik von Carriere, Vischer, Zimmermann u. a. ¶