Kolowrat
,
ein in
Böhmen
[* 2] und
Österreich
[* 3] begütertes altes Adelsgeschlecht slawischen Ursprungs, dessen ältester Stammsitz
in Oberkrain gesucht wird, jedenfalls aber auf böhmischer
Erde heimisch und hier emporgekommen, bestand früher
aus vielen
Linien, von denen gegenwärtig nur noch die seit 1674 reichsgräfliche Hauptlinie Kolowrat
-Krakowsky übrig ist, die
sich wieder in drei
Zweige: Brzeznitz, Radenin und Teinitzl, teilte,
von denen nur noch die mittlere, deren
Haupt
Graf
Philipp
ist, blüht.
Der letzte Vertreter der ältesten, 1660 in den Reichsgrafenstand erhobenen
Linie, Kolowrat
-Liebsteinsky, war
Franz
Anton, geb. 31. Jan, zu
Prag.
[* 4] Derselbe trat in den österreichischen
Staatsdienst, ward 1807 zum Stadthauptmann von
Prag,
sodann 1810 an
Stelle des
Grafen Wallis
zum Oberstburggrafen von
Böhmen wie zum
Präsidenten der böhmischen
Stände ernannt und zeichnete
sich in dieser
Stellung durch
Besonnenheit, Charakterfestigkeit und
Milde aus, während seine Arbeitskraft
nicht hoch geschätzt wurde und er meist andre für sich arbeiten ließ.
Besondere Verdienste erwarb er sich um die Belebung des Nationalgefühls der Böhmen durch Forderung des Studiums der böhmischen Sprache [* 5] und Geschichte sowie durch Sammlung von historischen und ethnographischen Denkmälern, welchen Bestrebungen er in der Gründung des vaterländischen Museums einen Mittelpunkt gab. Gleiche Pflege wie der Wissenschaft und Kunst ließ er Wohlthätigkeitsanstalten angedeihen, wie denn das reorganisierte Armeninstitut, die Sparkasse etc. ihm ihre Entstehung verdanken.
Nicht minder faßte er die materiellen
Interessen des
Landes ins
Auge
[* 6] und erstrebte unter anderm
Handelsfreiheit, allmähliches
Aufhören des intellektuellen wie des merkantilischen
Prohibitivsystems,
Reduktion des stehenden
Heers und
Wiederbelebung der längst verkommenen historischen Provinzialstände, wenigstens als
Kreditanstalt. 1825 ward er von
Kaiser Franz
gleichsam als Gegengewicht gegen
Metternich in das
Staatsministerium nach
Wien
[* 7] berufen und machte, namentlich seit
Ferdinands
Regierungsantritt (1835), seinen Einfluß zu gunsten einer versöhnlichen
Politik geltend. Infolge der
Ereignisse vom März 1848 trat Kolowrat
, nachdem er 21. März bis 4. April an der
Spitze eines neuen
Ministeriums gestanden, aus dem öffentlichen
Dienst zurück und starb, eine humane, den
Künsten und
Wissenschaften stets befreundet gebliebene Persönlichkeit, in
Wien kinderlos.