Kollegialsystem,
diejenige Organisation der Behörden, vermöge deren zur Beschlußfassung eine Mehrheit von Mitgliedern erforderlich ist. In diesem Sinn spricht man z. B. von einem Richterkollegium. Das Kollegialsystem empfiehlt sich besonders der genauern und objektiven Prüfung der Sache wegen für die
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Organisation der Gerichtsbehörden, daher denn auch für die wichtigern Sachen und namentlich für die Entscheidung von Rechtssachen in höherer Instanz Kollegialgerichte (Landgerichte, Oberlandesgerichte, Schwurgerichte, Schöffengerichte, Reichsgericht) eingerichtet sind im Gegensatz zu den Einzelrichtern (Amtsgericht). Für die Verwaltung dagegen empfiehlt sich der Einheitlichkeit der Exekutive wegen das sogen. büreaukratische System, wenn auch Verwaltungsrechtsstreitigkeiten stets von Kollegialbehörden entschieden werden sollten. Im evangelischen Kirchenrecht ist Kollegialsystem gegenüber dem Episkopal- und dem Territorialsystem dasjenige System, wonach die Kirche eine vom Staat verschiedene, durch Vertrag gebildete, selbständige Vereinigung sein soll, welche die Ausübung der ihr ursprünglich selbst zustehenden Gewalt dem Landesherrn übertragen habe.
Die kirchlichen Rechte des Landesherrn würden hiernach teils aus dem übertragenen Kirchenregiment herzuleiten sein, so das Recht, die innern Angelegenheiten (Lehre, Kultus, Disziplin) zu ordnen (jura in sacra); teils wären sie (sogen. jura circa sacra) als Ausfluß der oberaufsehenden Gewalt des Staats aufzufassen, so das Recht der Aufsicht (jus inspectionis) und das des Schutzes (jus advocatiae). Das Kollegialsystem wurde von den französischen Reformierten und englischen Presbyterianern aufgestellt und fand eifrige Verfechter in Holland an Gisbert Voet und seiner Schule, in Deutschland an Chr. M. Pfaff in Tübingen. Es ist jedoch nur wenig zur praktischen Verwirklichung gelangt, vielmehr ist die Presbyterial- und Synodalverfassung (s. d.) die herrschende geworden.