Kohlenoxyd
gasvergiftung.
Die Einatmung von Kohlenoxydgas (s. Kohlenoxyd) bewirkt infolge seiner Einwirkung auf das Blut sehr bald Betäubung, Asphyxie und den Tod. Chemisch reines Kohlenoxyd giebt nur selten Veranlassung zu Vergiftungen, meist handelt es sich um den sog. Kohlendunst, ein Gasgemenge, das neben Kohlenoxydgas gewöhnlich große Mengen von Kohlensäure und Spuren schweren Kohlenwasserstoffs enthält und überall da entsteht, wo kohlenreiche Substanzen (Holz, [* 2] Holzkohlen, Steinkohlen, Koks u. dgl.) mangelhaft, bei unvollkommenem Luftzutritt verbrennen.
Die Mehrzahl der Kohlenoxyd
gasvergiftung entsteht durch Unvorsichtigkeit oder Zufall, durch mangelhafte
Heizungsvorrichtungen, wenn die zur
Ableitung der Verbrennungsprodukte bestimmten Ofenrohre entweder durch
Ruß verstopft oder
durch
Klappen verschlossen sind, ferner durch unzweckmäßige Anwendung der Kohlenbecken, in der unmittelbaren Nähe von Kohlenmeilern,
durch verborgene
Brände von
Balken unter Fußböden oder in
Wänden
u. dgl. Giftig wirkt bereits ein Kohlenoxyd
gehalt der
Luft von nur 0,5
Promille, selbst von 0,2
Promille.
Die Vergiftungssymptome bestehen zuerst in einem brennenden Gefühl in der Gesichtshaut, in leichtem Schwindel,
Kopfschmerz,
namentlich in der Schläfengegend, starkem Klopfen der Schläfenschlagadern,
Ohrensausen, Übelkeit,
Erbrechen und Angstgefühlen,
welche sehr rasch in
Bewußtlosigkeit und
Asphyxie übergehen, aus der häufig der Vergiftete nicht wieder
erwacht. Ähnlich sind auch die
Symptome der
Leuchtgasvergiftung, welche am häufigsten durch Ausströmen von
Leuchtgas
[* 3] aus
offen gebliebenen Gasbrennern oder schadhaft gewordenen Gasleitungsröhren entsteht, und welche wegen des hohen Gehaltes
des
Leuchtgases an
Kohlenoxydgas (etwa 8 Proz.) im wesentlichen auf einer Kohlenoxyd
gasvergiftung beruht.
Die Leichen der Vergifteten widerstehen angeblich der Fäulnis auffallend lange, zeigen auf der Haut [* 4] auffallend helle Totenflecke; die Muskeln [* 5] und drüsigen Organe (Nieren, Leber, Magendrüsen) sind im Zustande hochgradiger fettiger Entartung, das Blut selbst besitzt meist eine charakteristische kirschrote Färbung, die dadurch zu stande kommt, daß sich das Kohlenoxyd mit dem Blutfarbstoff zu dem kirschroten Kohlenoxydhämoglobin verbindet. Letztere Verbindung giebt eine charakteristische Veränderung des Spektrums des Hämoglobins und es dient deshalb der Spektralapparat in zweifelhaften oder kriminellen Fällen sehr gut zum Nachweis der K.
^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.] ¶
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Hinsichtlich der Behandlung gilt als erster Grundsatz, daß der Vergiftete sofort aus der gefährlichen Atmosphäre zu entfernen und in einen andern gut gelüfteten Raum oder in die freie Luft zu transportieren ist; man leite dann alsbald die künstliche Atmung durch methodische Kompression des Brustkastens (s. Scheintod), Anwendung des galvanischen Stroms auf die Atmungsmuskeln u. dgl. ein und reize die peripheren Nerven [* 7] durch Bespritzen mit kaltem Wasser, durch Hautreize, durch Nieß- oder Hustenreizmittel u. a. m. Die Belebungsversuche müssen oft stundenlang fortgesetzt werden. In verzweifelten Fällen ist die Transfusion (s. d.) geboten. Ein gutes Reagens, um Kohlenoxydgas in der Luft, z. B. eines Zimmers nachzuweisen, ist Chlorpalladium; halbfeuchte Streifen von Leinwand oder Baumwollzeug mit einer konzentrierten, möglichst säurefreien Chlorpalladiumlösung getränkt, färben sich in Berührung mit diesen Gasen braun. -
Vgl. Friedberg, [* 8] Die Vergiftung durch Kohlendunst (Berl. 1866);
Hofmann, Über Kohlenoxydvergiftung (Wien [* 9] 1879);
Maschka, Über Vergiftung mit Kohlenoxydgas (Prag [* 10] 1880).