Kohlehydrate
,
eine Gruppe meist vegetabilischer Substanzen, welche neben 6 oder 12 Atomen Kohlenstoff Sauerstoff und Wasserstoff in dem Verhältnis enthalten, in welchem diese Elemente Wasser ¶
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bilden. Man könnte diese Körper also betrachten als Verbindungen von Kohlenstoff mit verschiedenen Mengen Wasser, als Hydrate
des Kohlenstoffs, und dieser Anschauung verdanken sie ihren Namen. Die Kohlehydrate
gehören zu den wichtigsten Bestandteilen des Pflanzenkörpers;
Cellulose bildet z. B. die Wandungen der vegetabilischen Zellen, während Stärkemehl, Inulin, Zucker
[* 3] oft in großer
Menge in verschiedenen Teilen der Pflanzen (Stämme, Knollen,
[* 4] Wurzeln, Samen)
[* 5] als Reservestoffe aufgespeichert sind. Im Tierreich
findet man Kohlehydrate
besonders in der Milch und im Blut.
Sie entstehen ganz allgemein in den Pflanzen, im tierischen Körper aber wohl nur als Zersetzungsprodukte komplizierterer Substanzen,
dagegen werden in den Pflanzen wie in den Tieren häufig verschiedene Kohlehydrate
ineinander übergeführt. Man
hat mehrere Kohlehydrate
auch künstlich dargestellt, aber gerade von den in der Natur verbreitetsten ist die Synthese bisher noch nicht
gelungen. Alle Kohlehydrate
sind starre Körper, teils kristallisiert, teils amorph oder organisiert, nicht flüchtig, meist in Wasser
löslich und stets von neutraler Reaktion.
Die chemischen Beziehungen der Kohlehydrate
sind noch nicht erforscht; jedenfalls sind sie nicht als einfache Hydrate des Kohlenstoffs
zu betrachten, ebensowenig wie Essig- und Milchsäure, welche gleichfalls Sauerstoff und Wasserstoff in dem Verhältnis enthalten,
in welchem die Elemente Wasser bilden. Manche Reaktionen stellen die Kohlehydrate
den Alkoholen sehr nahe; namentlich
geben sie mit Säuren Verbindungen, welche den zusammengesetzten Äthern vergleichbar sind. Bei der trocknen Destillation
[* 6] geben
die Kohlehydrate
brennbare und nicht brennbare Gase,
[* 7] Teer, saure Produkte und Kohle, bei der Oxydation Oxalsäure, oft erst nach vorhergehender
Bildung von Zucker- und Schleimsäure; mit konzentrierter Salpetersäure bilden sie zum Teil explosive Nitroprodukte.
Unter sich stehen die Kohlehydrate
jedenfalls in innigem Zusammenhang, und beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäure
[* 8] verwandeln sich
die meisten in gärungsfähigen Zucker. Alle Kohlehydrate
unterliegen dem Einfluß von Fermenten. Die meisten zeigen charakteristisches
Verhalten gegen polarisiertes Licht.
[* 9] Nach ihrer Zusammensetzung kann man drei Gruppen unterscheiden, die wahren Zuckerarten
C12H22O11 : Rohrzucker, Milchzucker, Melitose, Melizitose, Mykose;
die Glykosen C6H12O6 : Traubenzucker, Fruchtzucker, Galaktose, Sorbin, Eukalin, Inosit, und eine dritte Gruppe, entsprechend der allgemeinen Formel C6H10O5 : Stärkemehl, Glykogen, Dextrin, Inulin, Gummi, Cellulose, Tunicin.
Die Kohlehydrate
zeigen wichtige Beziehungen zu mehreren andern Gruppen, so zu den Säuren, von denen viele aus
Kohlehydraten
entstehen, zu den Humuskörpern, welche sich ganz allgemein aus Kohlehydraten bilden, zu den Pektinkörpern,
Fetten, Alkoholen, zu den sogen. Pseudozuckern und zu sehr vielen komplizierten Stoffen, in welchen sich ein Kohlehydrat, namentlich
oft Zucker, als Paarling findet (vgl. Glykoside). Die Kohlehydrate
spielen im Pflanzen- und Tierleben die wichtigste Rolle.
Sie sind in der Pflanze neben Proteinkörpern das hauptsächlichste organisationsfähige Material und werden in der Zeit der
höchsten Assimilationsthätigkeit weit über den augenblicklichen Bedarf hinaus gebildet und als Reservestoffe abgelagert.
Beim neuen Erwachen der Vegetation und noch vor Ausbildung der assimilierenden Blätter werden diese Reservestoffe zur Bildung
neuer Organe verwendet. Im tierischen Körper werden die Kohlehydrate
, welche zu den wichtigsten Nahrungsmitteln gehören,
wohl größtenteils in
Fett verwandelt (daher auch Fettbildner) und im Blut verbrannt. In der Technik finden viele Kohlehydrate
ausgedehnte
Verwendung, besonders die Cellulose, Zucker, Stärkemehl; sämtlicher Alkohol wird aus Kohlehydraten
dargestellt.
Vgl. Sachsse,
Die Chemie und Physiologie der Farbstoffe, Kohlehydrate
und Proteinsubstanzen (Leipz. 1876).