Kochenille
(Coccionella, frz.
Cochenille, engl. Cochineal); die getödeten und getrockneten Weibchen einer Schildlaus
(Coccus Cacti), die ihre Nahrung von Kaktuspflanzen (Cactus Opuntia u. a.) bezieht. Pflanze
und
Tier sind in Mexiko und Mittelamerika einheimisch; die Schildlaus diente schon den alten Mexikanern zum Färben und war
zu diesem Zwecke Zuchttier bei ihnen. Sie nannten den Kaktus Nopal, wovon der gebräuchliche Name Nopalerien
für Kochenille
plantagen stammt.
Alle gute K. ist ein Produkt der Züchtung; was als wildwachsend eingesammelt wird, bildet eine geringe Handelsware. In frühern Zeiten war die K. ein Monopol der Spanier; sie konnten indes trotz strenger Verbote die Verbreitung der Zucht nach andern Weltgegenden nicht hindern. Es wird dieselbe nunmehr betrieben auf den westindischen Inseln, in Peru und Brasilien, auf den kanarischen Inseln, von welchen Teneriffa große Quantitäten liefert, auf Java und den Philippinen, im südlichen Spanien, Sicilien, seit 1831 auch in Algier.
Zur Anlage einer Plantage gehört natürlich, daß Kaktus gepflanzt und ein paar Jahre alt werden, worauf man sie mit trächtigen Weibchen besetzt, deren zahlreiche Brut nach dem Auskriechen aus den Eiern die Pflanzen überzieht. Jedes Weibchen bohrt sich mit seinem Saugrüssel auf dem gewählten Platze für immer fest. Die Männchen sind viel seltener, sodaß auf etwa 300 Weibchen eins kommt, kleiner und beweglicher. Sie bekommen vor der Begattung Flügel und sterben nachher, während die Weibchen durch Bildung zahlreicher Jungen beträchtlich anschwellen und sich zur Erbsengestalt runden. In dieser Verfassung, kurz vor dem Absetzen der Brut, werden die Tiere mit Schonung so vieler als zur folgenden Zucht benötigt sind, von den Pflanzen auf untergelegte Tücher oder in Schüsseln abgestrichen, getödet und getrocknet.
Der purpurrote Saft der lebenden Tiere besteht in einer farblosen Flüssigkeit, in welcher der Farbstoff in Gestalt winziger Körnchen schwimmt. Auch die Brut ist sehr reich an solchen. Die ganze Generationszeit dauert nur 6 Wochen, sodaß man besten Falls fünf Ernten im Jahre machen kann. Es finden aber gewöhnlich nur drei statt. In Algier, Spanien etc. gewinnt man überhaupt nur zwei Ernten während des Sommers, ebenso auf Teneriffa in der südlichen Hälfte, während der Norden nur einmal erntet und sich jedes Jahr neu mit Muttertieren versorgen muß. Je nach der Art der Behandlung der eingesammelten Tiere bekommt die Ware ein verschiednes Aussehen. Das Töten geschieht je nach Lokalgebrauch durch Eintauchen der in Körbe gebrachten Tiere in heißes Wasser, oder durch Einwirkung heißer Wasserdämpfe und nachheriges Trocknen in der Sonne oder in künstlicher Wärme. Auch bringt man sie in eisernen Pfannen über Feuer, wo man sie unter ¶
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Umrühren bis zur Trockne abdampft. Man tödet und trocknet sie ferner in besonders dazu eingerichteten Öfen oder durch Aussetzen in die heiße Sonne, wobei sie ihre natürliche weiße Rückenbestäubung behalten und daher silbergrau aussehen, während die gebrühten oder gedämpften diese Bedeckung einbüßen und je nach der angewandten gelindern oder höhern Trockenwärme braunrot bis schwarz werden. Durch das Abbrühen geht von dem leicht löslichen Farbstoff ein Teil an das Wasser über und bildet also einen Verlust.
Geringwertiger als die kultivierte ist die wilde oder Waldkochenille
(grana sylvestre oder granilla); sie ist schon von Natur
weit kleiner als die veredelte, besteht auch aus Tieren von jeder Entwicklungsstufe und enthält nur halb
soviel Farbstoff, hat übrigens silbergraue Färbung wegen einer ihr eigenen filzigen Rückenbedeckung. Bei dem Kulturprodukt
wird immer das Erträgnis der ersten Ernte, das auch die größten Tiere enthält, am teuersten bezahlt und heißt Zaccatilla,
die beste Ware erzeugt Honduras, dessen Zaccatilla (schwarze Honduras) folglich ganz zu oberst steht;
dann folgen im Range die mexikanische (Veracruz) Zaccatilla, die graue Honduras und graue Mexikaner. Teneriffa liefert ebenfalls
gute graue und schwarze Ware, die spanische ist dieser ähnlich, die von Java geringer. Auch die Abgänge, welche beim Reinigen
der K. durch Sieben erhalten werden, haben als Kochenille
staub noch einen geringen Handelswert. Hauptartikel
am Markte sind nur Honduras, Mexiko und Teneriffa, die in ganz bedeutenden Quantitäten umgesetzt werden, obschon die K. durch
die Teerfarben in ihrer Anwendung beschränkt worden ist. -
Die Kochenille
körner, die früher lange Zeit für ein pflanzliches Gebilde gehalten wurden, obschon durch
Aufquellen in warmem Wasser der wahre Thatbestand bald zu ermitteln ist, bilden rundlich eckige, gerunzelte Körperchen,
die sich leicht in ein rotbraunes Pulver verwandeln lassen. Der Farbstoff derselben ist die Karminsäure, s.
Karmin. Der Gesamtwert der Einfuhr von K. in das Deutsche Reich belief sich im Jahre 1880 auf 1519000
Mk. -
K. ist zollfrei. Die fertige Farbe daraus wird gemäß Tarif im Anh. Nr. 5 a verzollt.