Titel
Klausenpass
(Kt. Uri). 1952 m. Passübergang zwischen dem Schächenthal und Urnerboden, verbindet das Reussthal (Uri) mit dem Linththal (Glarus) und damit die Zentralschweiz mit der Ostschweiz. Im Sommer Postwagen Flüelen-Linthal (9 Stunden). Bis zum Bau der Klausenstrasse führte eine holperige Strasse von Altorf nach Unterschächen, von wo aus ein Saumpfad über Aesch (Hintergrund des Schächenthales) und die Balmwand mit zahlreichen, z. T. in den Fels gehauenen Windungen die Passhöhe (damals 6 Stunden von Altorf) gewann, um von da durch das prachtvolle Hochthal des Urnerbodens und über die Fruttberge in 3 Stunden nach Linthal abzusteigen. Während dieser Weg für die Touristen leicht und angenehm zu begehen und ausserordentlich interessant war, vermochte er dem Waarenverkehr nur wenig Vorschub zu leisten. Es machte sich daher das Bedürfnis nach dem Bau einer Fahrstrasse schon seit langer Zeit geltend. Der Urnerboden, «ein schönes Alpthal mit Sömmerung für etwa 1000 Stück Grossvieh, war mit dem Kanton Uri, zu dem er gehörte ¶
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und von wo aus er bewirtschaftet wurde, nur durch einen Passweg über den Berg verbunden, während mit der Zeit ein besserer Weg vom glarnerischen Linthal herauf führte. Die Produkte der Milchwirtschaft mussten daher ins Glarnerland hinunter getragen werden, und für das schöne Holz aus dem grossen Wängiswald blieb erst recht kein anderer Abfuhrweg offen ... Die Anlage einer Strasse über den Klausen gewinnt einmal den Urnerboden wieder mehr dem Kanton Uri zurück, und dann ermöglicht sie überhaupt eine bessere Bewirtschaftung und bringt damit eine gewaltige Steigerung des Wertes dieser Alp".
Der Kanton Glarus dagegen, der bisher eine Sackgasse des Verkehrs gewesen, wünschte eine durchgehende Verbindung mit der Gotthardbahn, dem Vierwaldstättersee und der Zentralschweiz überhaupt. Dazu kam, dass auch der Bund einem solchen Projekt aus militärischen Gründen günstig gestimmt war. Ermöglicht wurde die Ausführung dadurch, dass der Bund den grösseren Teil der Baukosten auf sich nahm, d. h. an die Gesamtsumme von 4140000 Fr. die Summe von 3578800 Franken beigetragen hat.
Der Bau der Klausenstrasse hat sich verhältnismässig bedeutend teurer gestaltet als der anderer Alpenstrassen. Die Schuld daran trugen hauptsächlich der Umbau des alten Strässchens nach Unterschächen, das ungünstige Terrain auf der Seite des Schächenthales (leicht verwitterbarer Thonschiefer, zu Rutschungen geneigt und wasserreich) und die vom Bund aus militärischen Gründen geforderte Führung des Strassenzuges durch die Fritterberge und das Seelithal.
Die Strasse erforderte grosse Sicherungs-, besonders Entwässerungsarbeiten und mächtige Stützmauern. «Besonders schwierige Stellen, wie im Seelithal hinter Unterschächen und an der Fruttwand ob Linthal, wurden mittels in den Felsen gesprengter und zum Teil ausgewölbter Gallerien (-ähnlich denen an der Axenstrasse-) durchfahren, im Seelithal mit einer Länge von 115 m, an der Fruttwand von 70 und 126 m Länge. Als bedeutendere Kunstobjekte sind noch die steinerne Brücke bei Brügg hinter Bürglen zu nennen, mit 18 m Spannweite, und die eiserne Brücke über die Linth bei Linthal.» Die Strasse ist durchgehends 4,8 m breit; das Gefäll beträgt im Maximum 8,5 (mit Ausnahme einer kurzen Strecke bei Spiringen, die 10% Steigung hat). Die im Bau 1893 begonnene Strasse ist am dem allgemeinen Verkehr übergeben worden. Von Altorf bis Linthal ist sie 48 km lang, wobei die Passhöhe etwa in der Mitte liegt.
«Die Höhenverhältnisse sind folgende: von Altorf an mit 468 m beträgt die Steigung bis zur Klausenpas
shöhe 1484 m, von
Linthal (661 m) aus 1291 m ... Bürglen (bei km 1) liegt auf 552 m, Spiringen (km 8) 926 m, Unterschächen
(km 12) 994 m, Balm (km 21) 1725 m, Passhöhe (km 24) 1952 m, Urnerboden, Kapelle (km 33) 1389 m.» Die Strasse steigt von Altorf
aus gemächlich bis Bürglen und zur Lorettokapelle an, um dann in steilerem Anstieg das Dorf Spiringen zu erreichen. Schon
jetzt erfreut man sich einer prachtvollen Aussicht auf die Schächenthaler Windgälle, den Kammlistock,
die Clariden und - nach rückwärts - auf den Urirotstock.
Nahe Spiringen brach 1887 ein Bergsturz ab, der mehrere Häuser verschüttete und sieben Menschen tötete. Kurz hinter dem vor der Ausmündung des Brunnithales gelegenen Dorf Unterschächen mit seiner auf einem Hügel thronenden Pfarrkirche macht die Strasse einen weiten Bogen und erreicht dann das aussichtsreiche Urigen, zu dem man von Spiringen aus auch über einen Fussweg hinauf gelangen kann. Hier die malerische Kapelle von Götschwiler. Von hier aus steigt die Strasse, stets reich an erhabenen Ausblicken, langsam durch Alpweiden an, geht durch die Gallerien des Seelisthales und gewinnt endlich die Passhöhe, die im N. vom verwitterten und phantastisch gezackten Märcherstöckli beherrscht wird. Nun steigen wir wieder zu Thal: eine Reihe von «merkwürdig verschlungenen» Kehren führt uns hinein in den Felsenkessel der Klus und hinunter zum Gasthof Wilhelm Tell auf dem Urnerboden, dessen ebene, mit Hütten bestandene und von Viehheerden belebte Sohle die Strasse bis zum Scheidbächli (Kantonsgrenze zwischen ¶
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Uri und Glarus) in gerader Linie durchzieht. Nun gehts durch Buchenwald gegen die Fruttberge und in neuerdings zahlreichen Kehren und durch die Gallerien der Fruttwand an den schönen Fällen des Fätschbaches vorbei hinunter ins Linththal, dessen viele Dörfer freundlich zu uns heraufgrüssen. Dieser letzte Strassenabschnitt ist zugleich wieder einer der allerschönsten mit seiner prachtvollen Aussicht ins Linththal und auf die mächtigen Wände des Selbsanft. Auf Fusswegen kann man die Kehren abschneiden, verliert aber dabei viel von dem grossartigen Ausblick. Der Pass ist benannt nach dem bei Vorfrutt gelegenen Felsenkessel der sog. Klus. Vergl. auch die Artikel Ennetmærcht und Schæchenthal; ferner Becker, F. Ueber den Klausen. Glarus 1900 und Uri; Land und Leute. Altorf 1902.