Klang
,
Name für die hörbaren
Schwingungen elastischer
Körper (s.
Schall);
[* 2] im musiktheoretischen
Sinn,
den der nachfolgende
Artikel speziell berücksichtigt, die wissenschaftliche Bezeichnung dessen, was der
Laie
Ton nennt. Man sagt völlig gleichbedeutend:
das
Instrument hat einen schönen, weichen Klang
oder
Ton. Die
Akustik unterscheidet Klang
und
Geräusch und versteht
unter letzterm den durch unregelmäßige, unter ersterm den durch regelmäßige
Schwingungen hervorgebrachten Gehörseindruck.
Klang

* 5
Seite 9.805.
Regelmäßige
Schwingungen sind solche, welche sich mit gleicher
Geschwindigkeit der
Folge wiederholen, wie die des
Pendels einer
Uhr;
[* 3] da von der
Geschwindigkeit der
Folge
(Periode) der Einzelschwingungen die
Höhe des gehörten
Tons abhängt, so geben
Schwingungen von sich gleich bleibender
Periode
Töne oder Klänge von konstanter Tonhöhe. Seit man weiß, daß die Klänge
unsrer
Musikinstrumente nicht einfache
Töne, sondern aus einer
Reihe einfacher
Töne zusammengesetzt sind, welche bei angespannter
Aufmerksamkeit wohl unterscheidbar sind, aber gewöhnlich nicht unterschieden werden, hat das
Wort in der
Wissenschaft
die allgemeinere, umfassendere Bedeutung erhalten, während man unter
Ton den einfachen
Ton als Teil des Klanges
versteht.
Der Klang
wird seiner
Höhe nach bestimmt nach der Tonhöhe des tiefsten und (in der
Regel) stärksten der ihn zusammensetzenden
Töne, die man auch Teiltöne,
Partialtöne oder
Aliquottöne (s. d.) nennt. Da alle übrigen Teiltöne
höher liegen als der dem Klang
den
Namen gebende
Grundton,
Fundamentalton,
Hauptton, so nennt man sie gewöhnlich
Obertöne,
[* 4] versteht
aber unter dem zweiten Oberton nicht
¶
mehr
den dritten Ton der Reihe, sondern den zweiten. Insofern die übrigen Töne für gewöhnlich über dem Grundton überhört werden, heißen sie auch Beitöne, sofern sie in einem nahen verwandtschaftlichen (harmonischen) Verhältnis zu jenem stehen, auch harmonische Töne (sons harmoniques). Die Reihe der ersten 16 Partialtöne ist z. B. für den Ton C:
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Die in halben Noten gegebenen Töne sind sämtlich Bestandteile des Durakkords des Grundtons (C dur-Akkord), und es unterliegt
keinem Zweifel, daß die Konsonanz des Durakkords (Durkonsonanz) auf die Obertonreihe bezogen werden muß, d. h. daß ein Durakkord,
gleichviel in welcher Umlagerung der Töne, aufzufassen ist als ein in dem diese oder jene Obertöne verstärkt
sind (die den selbständig hervorgebrachten Tönen des Akkords entsprechenden). Folgende Beispiele mögen das verdeutlichen;
der dem Akkord nachgesetzte tiefe Ton ist der Grundton des Klanges
, als dessen Vertreter der Akkord anzusehen ist:
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Stärke (natürliches Vo

* 6
Stärke. Der hier angezeigte Grundton des vertretenen Klanges
ist sogar jederzeit als Kombinationston vorhanden.
Es ergänzt sich aber die Reihe der Partialtöne nicht allein durch die Kombinationstöne bis hinab zum Klang
grundton, sondern
sie setzt sich auch nach der Höhe hin fort durch die Obertonreihen der Akkordtöne. Aus diesem Grund ist es ganz natürlich,
daß heute für das musikalische Hören auch noch weit höhere Obertöne als die im einzelnen Klang
(Ton eines
Instruments) noch unterscheidbaren eine große Rolle spielen; denn in der modernen harmonischen Musik werden durch den Akkord
schon sehr hoch liegende Obertöne in ungewöhnlicher Stärke
[* 6] hervorgebracht, und noch höhere kommen als deren nächste Obertöne
hinzu.
Die einstimmige Musik des Altertums und frühen Mittelalters dagegen mußte sich notwendigerweise innerhalb eng gezogener Grenzen [* 7] harmonischer Verständlichkeit bewegen, weil für sie nur die nächsten Obertöne in Betracht kommen konnten. Die oben mit * bezeichneten Partialtöne stimmen nicht genau in der Tonhöhe mit den sie repräsentierenden Noten überein. Eine selbständige Hervorbringung derselben im Akkord wird nämlich nicht mehr im Sinn der Obertonreihe verstanden, vielmehr werden dieselben dann immer mehr im Sinn von annähernd entsprechenden, im Mollsinn verwandten Tönen (s. weiter unten) aufgefaßt; das geschieht überhaupt mit allen den Obertönen von dem siebenten an, deren Ordnungszahlen Primzahlen sind.
Diejenigen aber, deren Ordnungszahlen Produktzahlen sind (9 = 3.3, 15 = ... 3.5, 25 = 5.5 etc.),
werden als Obertöne der Obertöne, als sekundäre Obertöne, verstanden, d. h. als integrierende Bestandteile der primären
(der 9. als 3. des 3., der 15. als 5. des 3. etc.). Werden dieselben im Akkord vertreten, d. h. in gleicher Stärke mit primären
hervorgebracht, so wirken sie als Dissonanz; es erscheint
dann der primäre Oberton, dessen Obertöne sie
sind, selbst als Klang
grundton, so daß zwei Klänge auf einmal vertreten sind.
Eine Ausnahme macht nur das einfachste Verhältnis, das von 2:1, das Oktavverhältnis, dessen Potenzierung niemals eine Dissonanz ergibt;
auch können alle andern Intervalle um eine oder mehrere Oktaven erweitert oder verengert werden, ohne ihre Harmoniebedeutung zu verändern.
Streichen wir deshalb alle Oktavtöne aus der Obertonreihe weg, so bleiben als
verschiedenartige Bestandteile der Durkonsonanz des Oberklanges
nur übrig der Grundton (1), die Duodezime (3) und Septdezime
(5); die Urgestalt des Durakkords ist deshalb nicht eigentlich der Dreiklang in enger Lage
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sondern die weite Lage
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Die Ordnungszahlen der Partialtöne repräsentieren zugleich die relativen Schwingungszahlen der durch sie gebildeten Intervalle,
z. B. ist das Schwingungsverhältnis des 15. zum 16. Oberton (Leittonverhältnis h: c) =
15:16. Vgl. Intervall. Daß der Wohlklang
gewisser in neuerer Zeit (Wagner) sehr beliebter Dissonanzen wohl
auf die annähernde Übereinstimmung mit höhern Obertönen bezogen werden muß (z. B. c, e, b, fis' = 4:5:7:11), sei nicht
vergessen.
Die Konsonanz des Mollakkords ist aus der Obertonreihe nicht zu erklären, und alle Versuche, dies dennoch zu thun (Helmholtz), müssen zu Resultaten führen, die den Musiker nicht befriedigen. Dagegen hat eine vollkommen gegensätzliche Betrachtungsweise den gewünschten Erfolg. Längst vor Entdeckung der Obertöne bezog man die Durkonsonanz auf die Saitenteilung 1-1/6, d. h. 1 ist die Saitenlänge des Grundtons, ½ die der Oktave, ⅓ die der Duodezime u. s. f. bis zum 6. Partialton; die Mollkonsonanz dagegen bezog man auf die Umkehrung der Reihe, also auf die Saitenlängen 1-6, d. h. 1 ist der Hauptton, 2 die Unteroktave, 3 die Unterduodezime etc. Diese Auffassung der Mollkonsonanz als polarischen Gegensatzes der Durkonsonanz findet sich zuerst bei Zarlino im 30. Kapitel der »Istitutioni armoniche« (1558),
wird auch von Tartini (1754 u. 1767),
Klangfarbe - Klapka

* 8
Seite 9.806. der, wie Zarlino, einer der gelehrtesten und geistreichsten Theoretiker
gewesen ist, und in neuester Zeit seit Moritz Hauptmann (»Die Natur der Harmonik und Metrik«, 1853) durch eine große Anzahl junger
Theoretiker mit mehr oder minder Konsequenz (O. Kraushaar, O. Tiersch, O. Hostinsky) sowie mit voller Schärfe und Konsequenz
von A. v. Öttingen und Hugo Riemann verfochten. Die Mollkonsonanz ist in ganz derselben Weise auf eine Untertonreihe
zu beziehen wie die Durkonsonanz auf die Obertonreihe; die akustischen Phänomene, welche die Annahme dieser Untertonreihe
rechtfertigen, sind das des Mittönens und das der Kombinationstöne. Ein klingender Ton bringt klang
fähige Körper zum Mittönen,
deren Eigenton
¶
mehr
einem seiner Untertöne entspricht oder, was dasselbe ist, von deren Eigenton er Oberton ist. Allerdings machen die mittönenden Körper zunächst starke partielle Schwingungen (mit so viel Knoten, daß der erregende Ton hervorgebracht wird), aber sie machen daneben auch (schwächere und daher schwerer wahrnehmbare) totale. Der tiefste Kombinationston eines Intervalls ist immer der erste gemeinsame Unterton beider Interualltöne, z. B. für e':g'-C, für c'':d'' ebenfalls C, aber auch für e':d'' = C u. f. f. Die Reihe der 16 ersten Untertöne ist, wenn wir c''' als Ausgangston (Hauptton) nehmen:
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Die Ordnungszahlen der Untertöne repräsentieren die relativen Saitenlängen derselben; die Schwingungsverhältnisse würden ausgedrückt werden durch die Reihe der einfachen Brüche: 1, ½, ⅓ etc., ebenso wie umgekehrt die relativen Saitenlängenverhältnisse für die Töne der Obertonreihe durch die Reihe der einfachen Brüche dargestellt würden;
z. B. ist die Oktave c: c' im Sinn der Obertonreihe (c = 1 genommen) hinsichtlich der relativen Schwingungszahlen durch 1:2, hinsichtlich der Saitenlängen aber als 1:½, im Sinn der Untertonreihe dagegen (c' als 1 angenommen) hinsichtlich der Schwingungszahlen als 1:½, hinsichtlich der Saitenlängen aber als 1:2 zu bezeichnen.
Der 1., 2., 3., 4., 5., 6., 8., 10., 12., 16. etc., überhaupt
alle Töne der Untertonreihe, welche tiefern Oktaven des 1., 3. und 5. Untertons entsprechen, sind ganz
ebenso Bestandteile des Mollakkords unter c, des c-Unterklanges
, wie dieselben Zahlen der Obertonreihe den Durakkord über dem
Hauptton, dem Oberklang
(im oben gegebenen Beispiel den C dur-Akkord), ergeben. Der 7., 11., 13. Unterton, überhaupt alle Primzahlen
entsprechenden vom 7. an, sind für Akkordbildungen so wenig brauchbar wie die primären Obertöne vom 7. an.
Die Produktzahlen entsprechenden aber (9 = 3.3, 15 = 3.5 etc.) sind als sekundäre Untertöne ebenso dissonant gegen den Hauptton
des Unterklanges
wie die sekundären Obertöne gegen den Hauptton des Oberklanges. Sie werden, wie jene, nicht direkt auf den
Hauptton bezogen, sondern durch Vermittelung primärer Partialtöne, von denen sie wiederum primäre Partialtöne sind, d. h.
sie vertreten deren Klänge, so daß ihre Hervorbringung mit primären Untertönen im Akkord als gleichzeitige Vertretung zweier
Klänge Dissonanz ist. Vgl. Klangvertretung.