Klage
(lat.
Actio), in Privatrechtsstreitigkeiten das selbständige Anrufen des
Richters, um gegen einen andern ein
angeblich verletztes
Privatrecht geltend zu machen. Derjenige, welcher sein vermeintliches
Recht mittels einer rechtlichen
Klage
geltend macht, wird Kläger, derjenige, gegen welchen sich die Klage richtet, Beklagter genannt. Privatrechtliche
Ansprüche kann der
Staat nur auf
Antrag des Berechtigten und Verletzten, die Klage
, schützen; es gilt hier der
Grundsatz: wo
kein Kläger, da ist kein
Richter. In jedem privatrechtlichen Anspruch liegt aber das
Recht auf Staatsschutz,
mithin auch die Befugnis, denselben durch eine Klage
anzurufen;
auch diese Befugnis selbst wird Klage
(Klagrecht) genannt.
Der
Einteilung der
Rechte in dingliche
und persönliche
(Obligationen) schließt sich eine gleiche der Klagen
an; während bei
der persönlichen Klage
(actio in personam) der Beklagte von vornherein durch das
Rechtsgeschäft oder
Delikt, worauf sie sich
gründet, gegeben ist, kann die dingliche
Klage
gegen jeden angestellt werden, welcher mit dem fraglichen
Recht im
Widerspruch
sich befindet, die
Eigentums- oder Pfandklage
z. B. gegen jeden
Besitzer der betreffenden
Sache.
Bei der Klage
aus dem
Kaufvertrag dagegen klagt der Verkäufer als nunmehriger Kläger gegen den bestimmten
Käufer auf Erfüllung des abgeschlossenen
Vertrags, oder umgekehrt der
Käufer gegen den durch den
Vertrag selbst bestimmten
Verkäufer und nunmehrigen Beklagten. In der
Regel ist die auf
Verurteilung des Beklagten zu einem bestimmten
Thun
oder
Lassen gerichtet;
manche bezweckt aber auch lediglich die Feststellung oder
Anerkennung eines Zustandes oder Rechtsverhältnisses,
so z. B. die
Anerkennung, daß jemand das
Kind eines andern sei. Es ist selbstverständlich, daß eine und dieselbe Klage
nicht
wiederholt angestellt werden kann
(ne bis in idem);
denn hat der Kläger einmal erreicht, was ihm gebührt,
so könnte er mit der zweiten Klage
nur Widerrechtliches fordern;
wäre er aber einmal endgültig abgewiesen worden, so wäre damit entschieden, daß ihm ein rechtlicher Anspruch überhaupt nicht zusteht.
Allerdings ist es möglich, daß eine Klage
nicht
definitiv, d. h. ein für allemal, abgewiesen, und daß der Beklagte nicht
schlechthin von dem gegen ihn
erhobenen Anspruch losgesprochen wird. Die
Abweisung kann vielmehr wegen einer begründeten
verzögerlichen
Einrede nur einstweilig (»für jetzt«, »zur
Zeit«) erfolgen, z. B. wenn die eingeklagte
Schuld noch nicht fällig ist. Im frühern deutschen Prozeßverfahren kam auch
nicht selten die
Abweisung einer um deswillen vor, weil der Klagvortrag in formeller Beziehung fehlerhaft,
aber verbesserungsfähig, oder weil derselbe unklar oder unlogisch oder unvollständig war.
Der übliche
Ausdruck
war in solchen
Fällen
»Abweisung der Klage
angebrachtermaßen«. Nach der deutschen
Zivilprozeßordnung und
nach der Spruchpraxis des
Reichsgerichts ist indessen eine solche
Abweisung heutzutage kaum noch möglich, weil das
Gericht von
Amts wegen darauf hinzuwirken hat, daß unklare
Anträge erläutert, daß ungenügende Angaben der geltend gemachten
Thatsachen ergänzt, und daß die Bedenken beseitigt werden, welche in Ansehung der von
Amts wegen zu berücksichtigenden
Punkte
bei dem
Gericht bestehen.
Erachtet sich ein
Gericht in einer Prozeßsache für unzuständig, so erfolgt die
Abweisung der Klage
»von
hier« oder »von diesem
Gericht«. »Als in der gewählten Prozeßart unstatthaft« wird
eine Klage
abgewiesen, wenn der Kläger eine unzulässige Art des
Verfahrens wählte. Der Klagantrag bildet stets den Anfang
des bürgerlichen
Prozesses. Die Klage
bildet einen logischen
Schluß, indem sie einem Rechtssatz als
Obersatz
in der Geschichtserzählung eine
Thatsache als Untersatz unterordnet und daraus als
Schlußsatz das
Recht des Klägers und das
solchem entsprechende Gesuch ableitet.
Der Rechtssatz braucht nicht angeführt zu werden, da die Anwendung des
Rechts
Sache des
Gerichts ist; dagegen erscheint das
Gesuch als wesentlich, und der
Richter darf weder mehr noch etwas andres zusprechen, als in demselben
enthalten ist.
Werden mit derselben Klage
mehrere Ansprüche verfolgt, so nennt man dies Klagenhäufung
(cumulatio actionum) und
zwar objektive, wenn die Ansprüche gegen denselben Beklagten, subjektive, wenn sie gegen verschiedene Verklagte erhoben
werden; denn es können mehrere
Personen in einer Parteirolle, sei es als Kläger (Mitkläger) oder als
Beklagte (Mitbeklagte), vereinigt sein. Im ältern römischen
Recht mußte die in genau bestimmter
Formel erhoben werden.
Eine freiere
Bewegung wurde erst dann möglich, als an die
Stelle des
Verfahrens der
Legis actiones der Formularprozeß trat.
Der Prätor hatte in einer
Formula den
Richter (judex) zu ernennen und mit
Instruktion zu versehen, wie
er über die bereits vorläufig geprüfte Klage
je nach dem
Ausfall des
Beweises und der sonstigen
Erhebungen zu entscheiden habe.
Die römischen
Privatklagen (Popularrkagen), mittels deren bei
Polizei- und andern
Vergehen nicht allein der Verletzte, sondern
jeder Dritte die
Verurteilung in eine Privatstrafe fordern konnte, sind dadurch, daß heutzutage öffentliche
Behörden die Sorge für Sicherheit und
Ordnung allein in die
Hand
[* 2] genommen haben, meist verschwunden, während in
England noch
eine ähnliche Einrichtung besteht, die auch in
Deutschland
[* 3] von manchen zur
Nachahmung empfohlen wird. Vielfach sind übrigens
für die einzelnen Klagen
noch heute die römisch-rechtlichen Bezeichnungen üblich (s.
Actio). Nach der deutschen
Zivilprozeßordnung (§ 230 ff., 456 ff.) muß
die in den vor das
Landgericht gehörigen Prozeßsachen mittels förmlichen Schriftsatzes durch einen
Rechtsanwalt eingereicht
werden. Bei den
Amtsgerichten kann die Klage zu
Protokoll des
Gerichtsschreibers angebracht oder schriftlich eingereicht werden.
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Im Strafprozeß ist die Klage die förmliche Anklage, welche die Eröffnung einer gerichtlichen Untersuchung wegen einer strafbaren Handlung bedingt. Sie wird entweder durch den Antrag auf gerichtliche Voruntersuchung oder durch die Einreichung einer Anklageschrift erhoben. Die Regel bildet die öffentliche Klage, welche von der Staatsanwaltschaft vorbereitet und erhoben wird, mit der Maßgabe, daß bei Gefahr im Verzug auch ohne diesbezüglichen staatsanwaltlichen Antrag die erforderlichen Untersuchungshandlungen von dem Amtsrichter vorgenommen werden können.
Bei einem ablehnenden Bescheid des Staatsanwalts kann der Verletzte Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft einwenden und gegen dessen ablehnenden Bescheid eine gerichtliche Entscheidung darüber beantragen, ob die Klage zu erheben sei oder nicht. Beleidigungen und Körperverletzungen, welche nur auf Antrag des Verletzten strafrechtlich verfolgt werden, können ohne Anrufen der Staatsanwaltschaft zum Gegenstand einer Privatklage gemacht werden.
Nur wenn es im öffentlichen Interesse liegt, wird wegen solcher Beleidigungen oder Körperverletzungen von der Staatsanwaltschaft die öffentliche Klage erhoben. Der Verletzte und zur Privatklage Berechtigte kann sich aber in einem solchen Fall der Staatsanwaltschaft im Weg der Nebenklage anschließen. Dieselbe Befugnis steht denjenigen Personen zu, welche durch Antrag die Klageerhebung wegen einer gegen ihre Person oder gegen ihr Vermögen gerichteten Handlung herbeigeführt haben (s. Antragsverbrechen), oder die zur Forderung einer Buße (s. d.) berechtigt sind.
Vgl. Deutsche [* 5] Strafprozeßordnung, § 151 ff.