Titel
Kirchhoff
,
1) Gustav Robert, Physiker, geb. zu Königsberg, [* 2] studierte daselbst seit 1842 Mathematik und Physik, habilitierte sich 1848 an der Berliner [* 3] Universität, ging 1850 als außerordentlicher Professor nach Breslau, [* 4] 1854 als Professor der Physik nach Heidelberg [* 5] und 1874 als Mitglied der Akademie und Professor der mathematischen Physik an der Universität nach Berlin. [* 6] Kirchhoffs erste Arbeiten aus der Elektrizitätslehre führten ihn zu der strengen Ableitung des Ohmschen Gesetzes und zu den nach ihm benannten Gesetzen der Stromverzweigung; weitere Arbeiten beziehen sich auf die Ströme in nicht linearen Leitern, die Bewegungsgleichungen der Elektrizität [* 7] u. a. Höchst bedeutsam sind Kirchhoffs Arbeiten über die Elastizität, die mechanische Wärmetheorie, die Wärmeleitung [* 8] und auf dem Gebiet der Optik.
Mit
Bunsen entdeckte er die
Spektralanalyse,
[* 9] der er in dem berühmten Kirchhoff
schen
Gesetz über das
Verhältnis von
Emission
und
Absorption die theoretische Grundlage gab.
Folge dieser
Entdeckung war die genaue Durchmusterung des
Sonnenspektrums und Bestimmung derjenigen dunkeln
Linien desselben, welche mit hellen
Linien in den Spektren irdischer
Stoffe
zusammenfallen (»Untersuchungen über das Sonnenspektrum und die Spektren chemischer
Elemente«. Abhandlungen der
Berliner
Akademie, 1861). Es erschienen von ihm: »Vorlesungen über mathematische
Physik.
Mechanik«
(Leipz. 1876; 3. Aufl. 1883);
»Gesammelte Abhandlungen« (das. 1882).
2)
Adolf, ausgezeichneter Philolog und Altertumsforscher, geb. zu
Berlin, besuchte seit 1842 die
Universität daselbst,
wurde 1846
Adjunkt, dann Oberlehrer und
Professor am Joachimsthalschen
Gymnasium, 1860 ordentliches Mitglied der
Akademie der
Wissenschaften und 1865 ordentlicher
Professor der klassischen
Philologie an der
Universität. Kirchhoff
hat sich
teils um die
Kritik griechischer
Schriftsteller, teils um die Epigraphik hohe
Verdienste erworben. In ersterer Beziehung lieferte
er besonders für
Homer »Quaestionum Homericarum particula«
(Inauguraldissertation, Berl. 1846),
sodann »Die Homerische Odyssee und ihre Entstehung« (das. 1859) und »Die Komposition der Odyssee«, gesammelte Aufsätze (das. 1869),
die er in 2. Auflage zu »Die Homerische Odyssee« (das. 1879) vereinigte und erweiterte, für Plotinus eine Textausgabe (Leipz. 1856, 2 Bde.),
für Euripides eine kritische Ausgabe (Berl. 1855, 2 Bde.) und eine Textausgabe (das. 1867-68, 3 Bde.),
für Herodot »Über die Abfassungszeit des Herodotischen Geschichtswerks« (das. 1868, 2. Aufl. 1878),
für Xenophon eine Ausgabe der Schrift »De re publica Atheniensium« (das. 1874, 2. Aufl. 1881),
für
Äschylos eine Textausgabe (das. 1880). Von seinen epigraphischen
Studien bezogen sich die ersten
Resultate auf
Italien;
[* 10] es erschienen: »Die umbrischen Sprachdenkmäler« (mit
Aufrecht, Berl. 1849-51, 2 Bde.)
und »Das
Stadtrecht von Bantia« (das. 1853). Sodann veröffentlichte er
über die germanischen
Runen:
[* 11] »Das gotische Runenalphabet« (Berl.
1852) und »Die fränkischen
Runen« (in
Haupts
»Zeitschrift für deutsches
Altertum«, 1855).
Endlich und vorzüglich hat er die
griechische
Inschriftenkunde gefördert. Er bearbeitete für das
»Corpus inscriptionum graecarum« den 2.
Faszikel des 4.
Bandes
(die christlichen
Inschriften enthaltend, Berl. 1859) und führte das ganze Unternehmen zu
Ende, leitet im Auftrag der
Akademie das
»Corpus inscriptionum atticarum«, zu welchem er selber den 1.
Band
[* 12] (die
Inschriften
vor Euklid enthaltend, das. 1873) geliefert hat, und schrieb:
»Studien zur Geschichte des griechischen
Alphabets« (das. 1863, 4. Aufl.
1887). Auch war er 1866-81 an der Redaktion des
»Hermes«
[* 13] beteiligt.
3) Albrecht, Bibliograph und Buchhändler, Bruder des vorigen, geb. zu Berlin, eröffnete mit dem Buchhändler Georg Wigand in Leipzig [* 14] 1856 eine Antiquariatsbuchhandlung, die nach dem Tod Wigands (1858) in seinen alleinigen Besitz überging, bis er 1863 seinen Bruder Otto als Teilhaber aufnahm. Er bearbeitete zwei Bände des »Fünfjährigen Bücherkatalogs« (1851-60),
dessen Fortsetzung von der Hinrichsschen Buchhandlung herausgegeben wurde, und machte sich besonders durch einige historische Untersuchungen verdient: »Beiträge zur Geschichte des deutschen Buchhandels« (Leipz. 1851-53, 2 Tle.);
»Die Handschriftenhändler des Mittelalters« (das. 1853; Nachtrag, Halle [* 15] 1855);
»Die Entwickelung des Buchhandels in Leipzig bis in das 2. Jahrzehnt nach Einführung der Reformation« (das. 1886) und andre Arbeiten im »Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels«, herausgegeben von der historischen Kommission des Börsenvereins, welcher er seit ihrer Begründung (1878) angehört.
Auch besorgte er die Herausgabe des von Fr. Kapp unvollendet hinterlassenen ersten Bandes von dessen »Geschichte des deutschen Buchhandels« und veröffentlichte außerdem: »Die Anfänge der kirchlichen Toleranz in Sachsen. [* 16] August der Starke und die Reformierten«, zwei Vorträge (Leipz. 1872),
und »Geschichte der reformierten Gemeinde in Leipzig« (das. 1874). Die Universität Leipzig verlieh ihm 1878 das Ehrendoktordiplom.
4) Alfred, Naturforscher und Geograph, geb. zu Erfurt, [* 17] studierte 1858-61 in Jena [* 18] und Bonn [* 19] Naturwissenschaften, war darauf Lehrer an den Realschulen zu Mülheim [* 20] a. d. Ruhr und Erfurt, seit 1865 an der Luisenstädtischen Gewerbeschule in Berlin, seit 1871 zugleich Dozent der Erdkunde [* 21] an der Kriegsakademie daselbst und wurde 1873 als Professor der Erdkunde an die Universität Halle berufen. Er schrieb: »De Labiatarum organis vegetativis« (Erfurt 1861);
»Schulbotanik« (in 3 Kursen, Halle 1865);
»Die Idee der Pflanzenmetamorphose bei Wolff und Goethe« (Berl. 1867);
»Die ältesten Weistümer der Stadt Erfurt« (Halle 1870); ¶
mehr
»Erfurt im 13. Jahrhundert« (Berl. 1870);
»Beiträge zur Bevölkerungsstatistik von Erfurt« (Erf. 1871);
»Schulgeographie« (7. Aufl., Halle 1887);
»Thüringen doch Hermundurenland« (Leipz. 1882);
»Volapük. Hilfsbuch zum schnellen und leichten Erlernen dieser Weltsprache« (1.-3. Aufl., Halle 1887).
Seit 1885 gibt er unter Mitwirkung von Fachgelehrten ein umfangreiches Handbuch der Erdkunde: »Unser Wissen von der Erde« (Leipz. u. Prag), [* 23]
heraus. Auch bearbeitete er die 5. und 6. Auflage von Peschels »Völkerkunde« (Leipz. 1881 u. 1885) und veröffentlichte »Rassenbilder« (Kassel [* 24] 1883, 12 Tafeln); »Charakterbilder zur Länderkunde« (mit A. Supan, das, 1884).