Kirchenver
mögen
(Kirchengut), der Inbegriff der im Eigentum der Kirche stehenden Sachen und der ihr zukommenden sonstigen Vermögensrechte. Während nämlich das römische Recht die der Gottheit geweihten Sachen (res sacrae) als dem göttlichen Recht angehörig (res divini juris) und eben darum als dem bürgerlichen Rechtsverkehr entzogen (res extra commercium) betrachtete, stehen dieselben nach moderner Rechtsanschauung und nach gemeinem Kirchenrecht regelmäßig im Eigentum der betreffenden Kirche oder eines sonstigen kirchlichen Instituts, z. B. eines Bistums, einer Pfarrei etc., welche als juristische Personen aufgefaßt werden, oder sie sind, wie nach preußischem Landrecht, Eigentum der Kirchengemeinden; ja, sie können auch, wie z. B. Privatkapellen, Familienerbbegräbnisse u. dgl., Privatpersonen zugehören.
Nur insofern ist das Kirchenver
mögen nach gemeinem
Recht heutzutage in rechtlicher Beziehung noch ausgezeichnet, als die
Kirche in Ansehung
der
Ersitzung, der
Verjährung sowie der
Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand privilegiert ist,
Testamente und
Legate zu kirchlichen
Zwecken nicht an die strengen Formvorschriften des allgemeinen
Rechts gebunden sind und die
Entwendung der
dem
Gottesdienst geweihten
Sachen besonders streng bestraft wird. Dagegen ist die von der
Geistlichkeit des
Mittelalters in Anspruch
genommene Steuerfreiheit des Kirchenver
mögens (immunitas) fast durchweg beseitigt.
Besonders erschwert ist die
Veräußerung
von Kirchengütern, indem eine solche regelmäßig nur aus besonders dringenden
Gründen gestattet, auch dazu die Zustimmung der obern Kirchenbehörden, in protestantischen
Ländern sogar
zuweilen die
Genehmigung des
Landesherrn und der
Stände erfordert wird. Man teilt die zum Kirchenver
mögen gehörigen
Stücke ein in
Res sacrae,
die unmittelbar zu den
Zwecken des
Gottesdienstes bestimmten
Sachen, und
Res ecclesiasticae, solche Gegenstände, welche entweder
zur Unterhaltung der
Kirchendiener bestimmt sind (sogen. bona de mensa oder beneficii), oder zur
Erhaltung der
Kirchengebäude und zur Bestreitung des äußern Aufwandes des
Gottesdienstes dienen.
Unter den hierher gehörigen Einnahmen war, abgesehen von den eigentlichen Revenuen der Kirchengüter, in frühern Zeiten der Zehnte von besonderer Bedeutung, welcher jedoch jetzt wohl überall durch Ablösung beseitigt ist. Dagegen werden nach katholischem Kirchenrecht zur Bestreitung des Aufwandes der päpstlichen Kurie noch jetzt die sogen. Pallientaxen von den neugewählten Bischöfen, ferner die bei der Verleihung kirchlicher Benefizien zu erlegenden Annaten sowie die Dispenstaxen, soweit letztere nicht in die Kasse der Bischöfe fließen, erhoben.
Auch die
Stolgebühren, d. h. die nach katholischem wie nach protestantischem
Kirchenrecht für die Vornahme
gewisser kirchlichen
Handlungen zu entrichtenden
Gebühren, gehören hierher, deren Abschaffung jedoch in neuerer Zeit vielfach
bewirkt ist oder doch angestrebt wird und gewiß der
Würde des geistlichen
Standes förderlich sein dürfte. Für die
Erhaltung der
Kirchengebäude haben übrigens auch die
Kirchenpatrone und die Parochianen Sorge zu tragen, wie denn
überhaupt die
Kirchengemeinden zur
Erhaltung der
Kirche und der
Kirchendiener, nötigen Falls durch
Aufbringen von Kirchensteuern
(Kirchenumlagen), verpflichtet sind, soweit das eigentliche Kirchenver
mögen nicht ausreicht.
Dazu kommen noch die
Dotationen oder Zuschüsse von seiten des
Staats, namentlich in den protestantischen
Staaten, woselbst sie gewissermaßen durch die
Billigkeit zur Ausgleichung des Unrechts als geboten erscheinen, welches in der
vielfach vorgekommenen
Säkularisation
(Einziehung) des
Kirchenguts infolge der
Reformation immerhin erblickt werden muß. Die
Verwaltung des Kirchenver
mögens erfolgt durch die dazu bestellten Kirchenbehörden, in protestantischen
Ländern durch die
Organe der
Kirchengemeinden unter Oberaufsicht der staatlichen
Organe.