Kindergarten
,
Anstalt, die den Zweck hat, noch nicht schulpflichtige
Kinder (von 3-6 Jahren) durch
Umgang,
Spiel und Beschäftigung zu erziehen. Nach Friedr.
Fröbel (s. d.) soll die Kindergart
enerziehung nicht bloß Ersatz
der häuslichen Erziehung für solche
Kinder sein, die der letztern entbehren müssen, sondern er betrachtet sie als die eigentlich
normale Erziehung auf dieser
Stufe und erwartet von ihr das
Heil des menschlichen Geschlechts. Im Gegensatz
zu
Pestalozzi, der die ganze erste Erziehung und sogar den ersten Unterricht dem Hause, vor allem der
Mutter zugewiesen wissen
will, halten die
Anhänger
Fröbels die häusliche Erziehung überhaupt für ungenügend, weil die Familiengemeinschaft zu
klein sei, das
Kind infolgedessen sich nicht genug als «Gliedganzes» in einem größern
Organismus fühlen lerne, einseitig werde, leicht Schüchternheit, Dünkel, Eigensinn, Menschenscheu u. s. w.
annehme, weil sie nicht eine «Erziehung durch Gemeinschaft zur Gemeinschaft sei».
Der Kindergarten
soll nach
Fröbel den
Kindern eine ihrem ganzen Wesen entsprechende Beschäftigung geben, ihren Körper kräftigen,
ihre
Sinne üben, sie sinnig mit der Natur und Menschenwelt bekannt machen, besonders auch
Herz und Gemüt
richtig leiten und zur Einigkeit mit sich führen. Erweiterter Umgang,
Spiele und Beschäftigungen, Sprech- und Sinnesübungen,
Gesang, Erzählen von
Geschichten,
Märchen, Fabeln, Besprechungen von Bildern und wirklichen Gegenständen sind die hauptsächlichsten
Erziehungsmittel des Kindergarten
, das rein Schulmäßige jedoch,
Buchstaben und
Ziffern, sollen ihm fern bleiben.
Mit
Absicht nannte daher
Fröbel seine Anstalt auch nicht
Spielschule, sondern Kindergarten
Fröbel gründete 1839 den ersten Kindergarten
zu
Blankenburg
in
Thüringen. Seitdem haben die Kindergarten
eine außerordentliche
Verbreitung in allen Kulturländern der Erde gefunden. Nach
Fröbel
sind besonders Frau von
Marenholtz-Bülow in
Dresden,
[* 2]
Karl Schmidt in
Anhalt,
[* 3] A. Köhler in Gotha
[* 4] und Wichard
Lange in
Hamburg
[* 5] dafür thätig gewesen. Die
Ansichten über die Kindergarten
sind noch sehr verschieden.
Von den Regierungen trat die österreichische den Kindergarten
vom Anfange an freundlich gegenüber, und Mi-
^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.] ¶
mehr
nister Stremayr empfahl sie in einem besondern Erlasse vom in welchem er zugleich ihre Einrichtung und die Heranbildung von Kindergärtnerinnen regelte. In Preußen [* 7] wurden sie 1851 unter dem Kultusminister von Raumer verboten, weil man sie auf Grund eines Programms des Demokraten Karl Fröbel in Hamburg, den man wahrscheinlich mit Fr. Fröbel verwechselte, für eine socialistische Einrichtung hielt, die darauf berechnet sei, die Jugend zum Atheismus heranzubilden. Das Verbot wurde zwar 1860 wieder zurückgenommen, aber selbst der Minister Falk lehnte es ab, Fr. Fröbels System vorzugsweise zu empfehlen, und der Kultusminister von Goßler bekundete zwar sein Interesse für die in einem Erlasse vom weigerte sich aber für Kindergärtnerinnen u. s. w. staatliche Prüfungen ins Leben zu rufen.
Vgl. außer den Schriften von Fr. Fröbel: Gruber, Die Pädagogik des Kindergarten
(neue Ausg., Lpz. 1873);
E. Barth, Bilder aus dem Kindergarten
(ebd.
1873);
A. Köhler, Der in seinem Wesen dargestellt (2. Aufl., Weim. 1874);
Fellner, Die Formenarbeiten (7 Hefte, Wien [* 8] 1874-79);
Goldammer, Der Kindergarten
(4 Tle., Berl. 1874 -79; Tl. 1 u. 2 in 4. Aufl. 1885);
Hanschmann, Fr. Fröbel (Bielef. 1875);
Bertha von Marenholtz-Bülow, Die Arbeit und die neue Erziehung nach Fröbels Methode (2. Aufl., Cass. 1875);
Hirt, Vorlagen zu Fröbelschen Beschäftigungen (15 Hefte, Lpz. 1875-78);
Lina Morgenstern, [* 9] Das Paradies der Kindheit (4. Aufl., ebd. 1878);
Bertha von Marenholtz-Bülow, Das Kind und sein Wesen (2. Aufl., Cass. 1878);
Köhler, Die Praxis des Kindergarten
(3. Aufl., 3 Bde.,
Weim. 1878-87);
Seidel und F. Schmidt, Arbeitsschule (16 Hefte, Weim. 1882);
Cassau, Fr. Fröbel und die
Pädagogik des Kindergarten
(Wien 1882);
Fr. Seidel, Katechismus der praktischen Kindergärtnerei (3. Aufl., Lpz. 1887).