Kieselsäure
H2SiO3 findet sich gelöst in vielen
Quellen, besonders reichlich (bis 0,5
Proz.) in den heißen Springquellen auf
Island
[* 2] und
Neuseeland. Man erhält reine Kieselsäure
durch
Zersetzung von kieselsaurem
Alkali
mit einer
Säure oder von
Fluorkiesel mit
Wasser, und zwar scheidet sich dabei der größte Teil der Kieselsäure
gallertartig aus, während
nur eine kleine
Menge gelöst bleibt. Die
Gallerte löst sich in mehr als 1000 Teilen
Wasser, wird aber,
wie der Verdampfungsrückstand der
Lösung, beim vollständigen Austrocknen unlöslich.
Gießt man eine
Lösung von kieselsaurem
Natron in überschüssige verdünnte
Salzsäure und bringt die Mischung auf den Dialysator,
so entweichen das
Chlornatrium und die überschüssige
Salzsäure durch die
Membran des Dialysators, und die Kieselsäur
elösung
kann über
Schwefelsäure
[* 3] bis auf einen
Gehalt von 14 Proz. konzentriert werden. Sie ist farb- und geschmacklos, verursacht
aber im
Mund ein lange anhaltendes unangenehmes
Gefühl, reagiert sauer und gerinnt allmählich zu einer
Gallerte. Ausgewaschene
Kieselsäur
egallerte, welche nach mehrwöchentlichem Stehen bei gelinder
Wärme
[* 4] trocknet, hinterläßt eine dem
Opal sehr ähnliche
Masse. In
Röhren
[* 5] langsam auf 200° erhitzte
Lösungen geben
¶
mehr
Kristalle
[* 7] von Kieselsäur
eanhydrid (Quarz). Man kennt außer der Säure H2SiO3 noch mehrere Anhydrosäuren
mit zwei und mehreren Atomen Kiesel (Polykieselsäure
), und auf solche ist die Zusammensetzung vieler in der Natur vorkommender
Kieselsäuresalze zurückzuführen. Beim Glühen der Kieselsäure
hinterbleibt stets Kieselsäureanhydrid, welches in hoher Temperatur
kristallinisch wird. Gallertartige Kieselsäure
absorbiert mit großer Energie Farbstoffe aus deren Lösungen, und
man kann z. B. Baumwolle,
[* 8] welche durch Wasserglaslösung und dann durch Säuren gezogen wurde, also mit Kieselsäure
gebeizt ist, frisch
und echt mit Anilinfarben färben.
Kieselsäure
anhydrid (Kieselerde, Siliciumoxyd) SiO2 findet sich in der Natur kristallisiert als Quarz (nebst Varietäten),
Tridymit und Asmanit und scheidet sich, wie erwähnt, bei nicht sehr hoher Temperatur aus Lösungen von Kieselsäure
aus;
es löst sich nur in Flußsäure, bei einem Druck von 4-5 Atmosphären auch in Kalilauge, wird in sehr hoher Temperatur amorph,
schmilzt vor dem Knallgasgebläse, läßt sich zu sehr dünnen, elastischen Fäden ausziehen, ist feuerbeständig,
verflüchtigt sich aber in hoher Temperatur mit Wasserdämpfen und verdichtet sich wieder in Form eines zarten Schnees.
Amorphes Kieselsäure
anhydrid findet sich wasserhaltig als Opal, Kieselsinter, Polierschiefer, Tripel (mit kristallisierter Kieselsäure
innig
gemengt im Chalcedon, Achat
[* 9] und Feuerstein), in den Pflanzen, besonders in den äußersten Zellen der Oberhaut, namentlich bei
Gräsern, Schachtelhalmen, im Spanischen Rohr, in vielen Blättern, den äußersten Zellen der Baumrinde, der
Kartoffelschalen, vieler Pflanzenhaare, in Vogelfedern, Seeschwämmen und in den Panzern der Diatomeen (Infusorienerde, Kieselgur)
etc. Es bildet glasige Massen, löst sich viel leichter in Flußsäure und Kalilauge als kristallisiertes Anhydrid, aber nicht
in Wasser und andern Säuren und wird erhalten, wenn man die aus Salzen oder Fluorkiesel abgeschiedene gallertartige
Kieselsäure
scharf trocknet und auswäscht.
Das Präparat ist farb- und geschmacklos, fühlt sich rauh an, knirscht zwischen den Zähnen und verwandelt sich beim Erhitzen
in Tridymit. Schmelzt man Kieselsäure
mit Salzen, so wird deren Säure ausgetrieben, und es entstehen Kieselsäuresalze
(s. d.). Kieselsäure
findet vielfache Verwendung zur Darstellung von Glas,
[* 10] Porzellan, Wasserglas; die in der Natur vorkommenden Varietäten
und der Bergkristall dienen als Schmucksteine, zu allerlei Utensilien (Reibschalen, Gewichten); auch die Infusorienerde wird
mannigfach benutzt.