Kienthal
(Kt. Bern,
Amtsbez. Frutigen).
2800-727 m. Rechtsseitiges Nebenthal des
Kanderthales, in das es sich beim Dorf
Kien 1,5 km s. von
Reichenbach öffnet. Das Kienthal
ist eines der schönsten und besuchenswertesten
Thäler des
Berner
Oberlandes.
Beginnt an dem von der
Gamchilücke zwischen den Abstürzen der
Blümlisalp und des
Gspaltenhorns niedersteigenden
Gamchigletscher
und zieht sich in nw. Richtung abwärts. Die südliche Thalwand wird gebildet durch den Oeschinengrat, einen Ausläufer der
Blümlisalpgruppe, der in den mächtigen Felsbastionen des Dünden- und Aermighorns gipfelt und mit dem
aussichtsreichen
Gerihorn endet. Im N. begrenzt das Thal die vom
Gspaltenhorn sich abzweigende und über die
Büttlassen und
das
Hundshorn sich absenkende Kette, die vom tief eingeschnittenen Thal des
Spiggengrundes durchbrochen wird und im Bergstock
des
Dreispitz ihren Abschluss findet. Das 15 km lange Kienthal
wird vom Pochten- oder
Kienbach durchflossen,
dem aus kleinen Seitenschluchten und -thälern mehrere Nebenbäche zuströmen, unter denen der am
Dündenhorn entspringende
und durch seine
Wasserfälle sich auszeichnende
Dündenbach und die den
Spiggengrund entwässernde
Spiggenkiene die bedeutendsten
sind. Das Thal ist, namentlich in seinem untern Abschnitt, stark bewaldet. Weiter oben liegen schöne
Alpen, so 4 km hinter dem Dorfe Kienthal
die
Tschingelalp im flachen Thalboden, am linken Thalhange die Dünden- und die
Bundalp,
am rechten die Gornerenalp, Steinbergalp und Dürrenbergalp. Den oberen Thalabschluss gegen den
Gamchigletscher hin bildet
die Garnchialp. Das Kienthal
wird von einem neu angelegten Fahrweg durchzogen, der von
Reichenbach über
die grünen Terrassen
des Dorfes
Scharnachthal mit sanfter Steigung in 1½ Stunden bis
zum Dorf Kienthal
führt. Schon hier
ist das Landschaftsbild von grösster Schönheit: links ragen die dunkeln Felsmauern des
Dreispitz, rechts diejenigen des
mächtigen Aermighorns empor, und beide bilden den Rahmen zu der unvergleichlichen Hochgebirgsgruppe der eisumpanzerten
Blümlisalp, die aus dem Thalhintergrund hervorgrüsst. Von O. her mündet der 5 km lange
Spiggengrund aus, der oben mit dem
gewaltigen Felsenzirkus von Hochkien abschliesst. Vom Dorf Kienthal
gelangt man längs des rechten Ufers des
Kienbaches über
Weiden und durch Wälder, in denen mächtige Felsblöcke zerstreut liegen, in weiteren 1½ Stunden
zum Thalboden
Tschingel, wo sich der Blick auf das zerrissene
Gspaltenhorn und die Firnschneide der
Büttlassen öffnet. Von
hier aus erreicht man über den sog.
Bärenpfad, einen mit zahlreichen Windungen die Felswand ansteigenden Fussweg, die
Alpen
Gorneren und
Steinberg und die hochgelegene Dürrenbergalp. Diese ist der Ausgangspunkt des Saumpfades
über die
Sefinenfurgge (zwischen
Büttlassen und
Hundshorn; 1½ Stunden bis zur Passhöhe), der nach
Mürren und
Lauterbrunnen
führt. Das
Lauterbrunnenthal lässt sich auch durch das Thal des
Spiggengrundes über den
Sausgrat erreichen. Von der
Tschingelalp
geht ein zweiter Weg an den prachtvollen
Wasserfällen des
Dündenbaches und
Pochtenbaches vorbei auf die
Dündenalp und
Bundalp, von wo man auf einem bald zu verbessernden Bergpfad über das Hohtürli (2706 m) nach dem Oeschinensee
gelangen kann.
Das früher wenig beachtete Kienthal
ist seit einigen Jahren ein beliebtes Touristenziel geworden. Fremdenstationen sind
das Dorf Kienthal
und die
Dündenalp. Die Hohtürlihütte des S. A. C. dient als Fusspunkt für Hochgebirgstouren
in der Gruppe der
Blümlisalp. Auch am
Gspaltenhorn befindet sich eine kleine Unterkunftshütte. Vom Abschluss des Kienthales
aus kann man über die
Gamchilücke und den
Kanderfirn nach
Lauterbrunnen, ins
Gasterenthal oder auch ins
Lötschenthal hinüber
gelangen.
Litteratur. Alpenrosen, 1816. S. 232-262. - Itinerarium des S. A. C. für 1882 und 1883. - Osenbrüggen. Wander- ¶
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studien in der Schweiz. Band IV, 1867-1876. - K. Stettler. Das Frutigland. Bern 1887.