Kiefer
,
zur Gattung Pinus L. (im engern Sinne) gehörende Nadelhölzer. [* 2] Man kennt gegen 70 Arten, die größtenteils in der nördlichen gemäßigten Zone vorkommen, außerdem auch im tropischen Asien [* 3] und in Centralamerika und Westindien. [* 4] Die Nadeln [* 5] stehen zu zwei oder mehrern in Büscheln zusammen, die am Grunde von einer häutigen aus mehrern Schuppen bestehenden Scheide umgeben sind. Die Blüten sind einhäusig, die männlichen Kätzchen enthalten zahlreiche Antheren, die mit Längsrissen aufspringen, die weiblichen stehen an der Spitze der Zweige und sind häufig nach unten gekrümmt, die Zapfen [* 6] hängen stets nach abwärts, die Schuppen sind gegen ihre Spitze mehr oder weniger verdickt, endigen bei den meisten Arten in einen nach auswärts gekehrten Schild, [* 7] der durch einen queren, in der Mitte in eine mehr oder weniger scharf ausgesprochene Erhabenheit (Nabel) erweiterten Kiel [* 8] geteilt ist.
Den Samen
[* 9] umfaßt meist ein Flügel mit zangenartigem
Ausschnitt. Die Samen reifen im zweiten Herbst nach der Blütezeit.
Die gemeine Kiefer
(Pinus silvestris L.), einer unserer wichtigsten
Waldbäume, in Süddeutschland meist Föhre oder Fohre, in
Württemberg
[* 10] Mädelbaum, in Norddeutschland, in Liv- oder
Esthland
[* 11]
Tanne,
[* 12] in der
Provinz
Preußen
[* 13] und in
Kurland
Fichte,
[* 14] in der
Schweiz
[* 15]
Dale,
Thäle, sonst noch Forle, Forche, Kienbaum,
Tangelbaum u. s. w. genannt, wird bei normalem Wachstum
bis 40 m hoch, in der
Jugend mit pyramidaler, im
Alter mit stark abgewölbter bis schirmförmiger
Krone.
Die Rinde der jungen Zweige ist graugelb, die der ältern Äste und der obern Stammteile rotgelb und löst sich in papierdünnen Fetzen los; die ältern Stammteile von unten bis nahe zum Kronenansatz besitzen eine außen graubraune, innen rotbraune, stark rissige, allmählich immer dicker werdende Borke. Die Nadeln stehen paarweise auf etwas erhabenem Kissen, spiralig um den Zweig, aber nicht dicht; sie sind 40–50 mm lang, an der konvexen Fläche dunkelgrün, an der ebenen seegrün; sie dauern drei bis vier Jahre.
Die Blüten erscheinen in den mittlern Lagen Deutschlands [* 16] im Mai. Sie sind 6–7 mm lang, gelblich, eiförmig, kurz gestielt, strauß- oder büschelförmig zusammengedrängt am Ende der vorjährigen Triebe; diese erscheinen nach Abfall der Blüten nackt. Die etwas kleinern weiblichen Blüten sind rötlich, gestielt, sitzen einzeln, seltener quirlständig am Ende der jungen Triebe. Der 4–7 cm lange Zapfen ist kegelförmig mit schiefer Grundfläche und sitzt an einem gebogenen Stiel.
Die meist flachen oder etwas pyramidal erhabenen Schuppenschilde sind nur schwach gekielt, gewöhnlich grau
mit plattem, gelblich braunem Nabel. Der länglich eiförmige Samen ist spitz, 3–4
mm lang, schwärzlich, mit einem bis
dreimal so langen Flügel. Die Abbildung auf
Tafel:
Nadelhölzer:
Waldbäume VIII, (Anmerkung des Editors:
Tafeln
Waldbäume VII
und VIII fehlen)
[* 1]
Fig. 2 zeigt die gemeine Kiefer
als
Baum, außerdem 1 Triebspitze mit einem weiblichen
Zäpfchen, 2 Zweig
mit männlichen
Blüten, 3 reifen
Zapfen, 4 denselben geöffnet, 5 Nadelpaar, 6 Querschnitt desselben, 7 männliche
Blüte,
[* 17] 8 Pollenkorn, 9 entleerten
Staubbeutel, 10 Samenschuppe, 11 dieselbe mit den beiden Samenknospen, 12 Samenschuppe (Zapfenschuppe) von der Außenseite, 13 dieselbe
von der Innenseite mit den zwei aufliegenden Samen, 14 entflügeltes Samenkorn, 15 Keimpflanze.
Die gemeine Kiefer
besitzt von allen
Nadelhölzern die weiteste
Verbreitung, sie ist heimisch in ganz Europa
[* 18] und in einem großen
Teile des nördl.
Asiens, vermag überdies auf dem verschiedenartigsten
Boden zu wachsen. Am meisten sagt ihr ein tiefgründiger,
humoser Sand zu, sie gedeiht aber auch unter allen nutzbaren Holzarten noch am besten auf dem magersten
Flugsand und ist daher für den Anbau der Dünen an den norddeutschen
Küsten wichtig. Jedoch auch auf Moorboden und auf trocknen
Felsklippen vermag sie zu wachsen. Die Kiefer
verträgt außerordentlich große Wärme- und Kältegrade, ist aber
unter den
Nadelhölzern neben der
Lärche eine der lichtbedürftigsten Holzarten.
In den nordischen
Gebirgen
steigt sie etwas höher als die
Fichte.
Der Wert des Kiefer
nholzes steigt sehr mit dem
Alter des
Baums, da sich nur alte Kiefer
durch
¶
mehr
bedeutende Entwicklung des Kerns auszeichnen. In Kulturwäldern wird sie wohl selten älter als 100- 200jährig genutzt, während
sie auf ihr zusagendem Standort recht gut ein Alter von 300 bis 400 J. erreichen kann. Die gemeine Kiefer
liefert das gesuchteste
Holz
[* 20] zu starken Schiffsmasten; am berühmtesten sind die nordischen, die von Riga
[* 21] aus in den Handel kommen;
in Deutschland
[* 22] die Kiefer
des Hauptsmoors bei Bamberg.
[* 23] Während junges Kiefer
nholz wenig Brennkraft und nur sehr geringe Dauer besitzt,
zeichnet sich altes, kerniges, harzreiches bezüglich dieser Eigenschaften vorteilhaft vor der Fichte aus, weshalb es oft an
Stelle von Eichenholz, z. B. zu Brückenrosten, Verwendung findet.
Die Kiefer
liefert ferner Teer, Terpentinöl, Pech und Kienruß. Die Nadeln dienen zur Bereitung von Bädern, auch gewinnt man aus
ihnen die sog. Waldwolle. Die Kiefer
ist forstlich sehr wichtig, nicht bloß ihrer vielseitigen
Nutzbarkeit wegen, sondern namentlich auch deshalb, weil sie zur Aufforstung der schlechtesten Böden dient, z. B. auf
trocknem Sandboden durch keine andere Holzart ersetzt werden kann. Die schönsten, nutzbarsten Kiefer
nstämme erzieht man
durch Mischung mit andern, schlanken Holzarten, z. B. mit Fichten.
Die Kiefer
ist vielfachen Gefahren.und Krankheiten ausgesetzt. In der Jugend leidet sie häufig an der Schütte (s. d.). Verschiedene
parasitische Pilze
[* 24] verursachen auch andere Krankheiten der Nadeln, z. B. Peridermium pini Wallr. acicola
(eine auf den Nadeln vorkommende Form des Kiefernblasenrostes), der Kieferndreher (Caeoma pinitorquum A. Br.) u. a., ferner Krankheiten
der Rinde und des Holzes, z. B. der Erdkrebs (s. d.)
oder das Harzsticken, die Rotfäule und Rindenschäle (s. Trametes), die Kienkrankheit (s. d.) u. a. Unter den Insekten
[* 25] hat sie
viele Feinde, den großen Kiefernspinner (Gastropacha pini L.), die Nonne (Liparis monacha L.), Kieferneule
(Trachea piniperda Panz.), Kiefernspanner (Fidonia piniaria L.), eine ziemliche Anzahl von Mikrolepidopteren, namentlich die
Arten der Gattung Retinia.
Zahlreiche Käferarten, vorzugsweise die Larve des Maikäfers (Engerling), der große und kleine braune Rüsselkäfer [* 26] (Hylobius abietis L. und Pissodes notatus Fabr.) u. a. Rüsselkäfer, viele Borken- und Bastkäfer, besonders der Waldgärtner (Hylesinus piniperda L. und minor Hrtg.), Tomicus stenographus L., laricis Fabr., bidens u. a. m., sind Feinde der Kiefer, ebenso einige Blattwespen, namentlich die Kiefernblattwespe (Lophyrus pini L.). (Vgl. die Litteratur beim Artikel Forstinsekten; ferner R. Hartig, Lehrbuch der Baumkrankheiten, 2. Aufl., Berl. 1889, und Eckstein, Die und ihre tierischen Schädlinge, Bd. 1: Die Nadeln, ebd. 1893.) Ihre tiefe Bewurzelung macht die Kiefer sturmfester als die Fichte, doch leidet sie mehr vom Schnee- und Eisbruch als diese.
Die verschiedenen Standortsverhältnisse bedingen verschiedene Formen der gemeinen Kiefer, die früher von Botanikern und Gärtnern besonders benannt wurden. Als gute europ. Arten der Gattung Pinus sind namentlich zu nennen: Berg-, Zwerg- oder Krummholzkiefer, auch Latsche, Leg- oder Alpenföhre genannt (Pinus montana Mill.), deren gleichfarbige Nadeln paarweise aus einer Scheide kommen. Die weiblichen Blüten sind violett oder bläulich, der Nabel der Schuppenschilde von einer dunkeln Linie begrenzt, grauweiß, die Rinde dunkel.
Sie bildet zahlreiche Varietäten mit Übergangsformen, wie die meist auf Hochmooren vorkommende Hakenkiefer (Pinus uncinata Ram. et DC.), deren Zapfen an der Lichtseite sehr stark entwickelte, kapuzenförmig erhabene und nach der Basis zurückgekrümmte Schuppenschilde haben, die Knieholzkiefer (Pinus pumilio Haenke), mit Schuppenschilden von gleicher Höhe rings um den Zapfen, die Mugokiefer (Pinus mughus Scop.) u. s. w. Die Lärchen- oder Schwarzkiefer (Pinus nigricans Host., nigra Lk., maritima et Ait., laricio Poir., austriaca Höss) hat paarweise gleichfarbige Nadeln, gelbe männliche und rote weibliche Blüten, bis 8 cm lange, sitzende, gelbbraune Zapfen mit fleischfarbenem Nabel, ist verbreitet in Südeuropa und wichtig wegen der Harznutzung (s. d.). Die Strandkiefer (Pinus pinaster Sol., maritima Poir.), der Schwarzkiefer sehr ähnlich, ist als Harzbaum besonders wichtig an den Küsten Portugals, Spaniens und Frankreichs und ein ausgezeichneter Baum für die Kultur der Sanddünen an den Küsten des Atlantischen Meers.
Die Aleppokiefer (Pinus halepensis Mill.) mit paarweisen, gleichgefärbten, sehr dünnen, zarten Nadeln ist heimisch an den Küsten des Mittelmeers. [* 27] Die Pinie (Pinus pinea L.) hat paarweise, hellgrüne Nadeln, eiförmige, 8-15 cm große Zapfen; deren Nabel ist ohne schwarze Saumlinie, ihr Samen bis 2 cm groß mit nur schmalem, saumartigem Flügel, ihr Kern eßbar. Sie ist heimiscb an den Küsten des Mittelmeers. Die Zürbel- oder Zirbelkiefer oder Arve (Pinus cembra L.). deren Nadeln zu fünf aus einer Scheide kommen, hat einen eßbaren Kern und ist heimisch in den Alpen, [* 28] wo sie bis in die Krummholzregion steigt.
Von den zahlreichen exotischen Kiefer ist in Deutschland namentlich heimisch geworden die Weymouthskiefer (Pinus strobus L.), deren zarte und dünne, bis 10 cm lange, an der konvexen Seite hellgrüne, an der innern, ebenen Fläche bläulichweiß gestreifte Nadeln zu fünf aus einer Scheide kommen. Sie ist aus Nordamerika [* 29] seit 1705 in Europa eingeführt, nicht bloß in Gärten, sondern auch als Waldbaum angepflanzt. Dieser Kiefer sehr ähnlich ist die deutsches Klima [* 30] leidlich vertragende Pinus excelsa Ham. vom Himalaja, indessen wohl kaum im deutschen Walde des Anbaues würdig und fähig.
Letztere Eigenschaft dürften eher noch drei nordamerik. Arten haben: Die drei Nadeln aus einer Scheide zeigende Pinus rigida Mill. (Pechkiefer), die echte Pitch Pine des Holzhandels, die 1759 nach England eingeführt wurde;
sie besitzt die keiner andern Kiefer zukommende Eigenschaft, auf den Stock gesetzt wieder auszuschlagen.
Ferner Pinus ponderosa Dougl., in Kalifornien, überhaupt im Norden [* 31] Amerikas unter dem Namen Yellow Pine bekannt, eingeführt in Europa 1826; sie besitzt drei lange, dunkelgrüne Nadeln in einer Scheide. Endlich Pinus Jeffreyi Murray (aus Kalifornien) mit drei schönen langen blaugrünen Nadeln, vielleicht nur Varietät der ponderosa, eingeführt um 1852. Mit den drei letztgenannten Arten werden jetzt Anbauversuche in Deutschland gemacht. Terpentin liefernde Kiefer sind auch die Besenkiefer (Pinus australis Mich., Mexiko) [* 32] und die Weihrauchkiefer (Pinus taeda L., Virginien). Aus den angebrannten Stämmen der kaliforn. Zucker- oder Riesenkiefer (Pinus Lambertiana Dougl.) schwitzt das sog. Kalifornia-Manna oder Pinit aus, das die Indianer wie Zucker [* 33] benutzen. Das Anacuitholz von Pinus ¶
mehr
ayacuitte Ehrenbg. (Mexiko) stand im Rufe als Mittel gegen Schwindsucht, ist aber ganz unwirksam.