(Häretiker), überhaupt alle, welche von der als rechtgläubig allgemein anerkannten Kirchenlehre abweichen,
zu unterscheiden von den Ungläubigen (infideles), d. h. allen denjenigen, welche keine Christen sind, den Apostaten (s. d.)
und den Schismatikern (s. d.). Der Name Ketzer ist aus dem Wort Katharer (s. d.) entstanden und kommt zuerst
bei den Minnesängern des 12. Jahrh. vor. Sobald im Verlauf des 2. Jahrh.
die katholische Kirche sich konsolidiert hatte, wurden die abweichenden Lehren als Häresien, d. h. Ketzereien, ausgeschieden.
Dergleichen Ketzereien haben seit Justinus Martyr, dessen Verzeichnis verloren gegangen ist, die Kirchenväter
rastlos zusammengestellt. Schon der gegen Ende des 4. Jahrh.
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schreibende Epiphanius zählt ihrer 80 auf. Bald erschienen Gesetze wider die Ketzer. Sie wurden von seiten der Bischöfe durch Ausschließung
aus der Kirche (Exkommunikation) bestraft, und erst nach vielfachen Bußübungen wurden die Reuigen wieder aufgenommen. Vollends
seit Konstantin d. Gr. standen auf das Verbrechen der Ketzerei Güterkonfiskation und Landesverweisung (Exil), Verbrennung
ketzerischer Bücher und Verlust der bürgerlichen Rechte, bald sogar die Todesstrafe.
Das erste Beispiel der letztern gaben 385 die spanischen Bischöfe, auf deren Betreiben Priscillianus (s. d.) enthauptet wurde.
Noch schlimmer erging es den Ketzern, namentlich den Anführern derselben, als im 13. Jahrh.
durch Gregor IX. auf der Kirchenversammlung zu Toulouse (1229) die Ketzergerichte (s. Inquisition) angeordnet
und fast in allen Ländern der Christenheit eigne Ketzermeister mit unumschränkter Vollmacht über Freiheit, Güter und Leben
von solchen, die wirklich oder angeblich vom Kirchenglauben abwichen, bestellt wurden.
Zugleich fanden förmliche Kreuzzüge gegen die Ketzer statt; ihnen erlagen im 13. Jahrh. die Albigenser und
die Stedinger. Seit der Reformation werden von der römisch-katholischen Kirche vornehmlich die Protestanten und in letzter
Zeit auch die Altkatholiken (s. d.) als Ketzer bezeichnet, wiewohl nach
den Bestimmungen des Westfälischen Friedens im Deutschen Reich die Angehörigen beider Konfessionen sich gegenseitig jenen Namen
nicht beilegen sollten. Auch in der protestantischen Kirche fing man bald an, Rechtgläubige (»Orthodoxe«)
und Häretiker (»Heterodoxe«) zu unterscheiden. Religiöse Unduldsamkeit ist noch heute der Charakterzug der herrschenden
Theologie, wenngleich ihr der Staat nicht mehr den Gefallen thut, die Ketzer von bürgerlichen Ehren, Ämtern und Würden oder gar
vom Rechte der Existenz auszuschließen.
Vgl. Hilgenfeld, Die Ketzergeschichte des Urchristentums (Leipz.
1883).
oder Häretiker, nach kath. Sprachgebrauch alle, die von der als rechtgläubig
allgemein anerkannten Kirchenlehre abweichen. Der deutsche Name ist aus dem Worte Katharer (s. d.) entstanden und kommt zuerst
bei den Minnesängern des 12. Jahrh. vor. Von den Ketzer werden unterschieden die Ungläubigen
(lat. infideles), d. h. alle diejenigen, die keine Christen sind, die Apostaten (s. Apostasie) und die Schismatiker,
oder diejenigen, die sich von der Einheit der Kirche in Ritus und Verfassung absondern. (S. Häresie.) Der Ausschluß der Ketzer erschien
der Kirche schon im 2. Jahrh. den Gnostikern gegenüber als eine notwendige Maßregel der
Selbsterhaltung, deren Vollziehung in die Hände der Bischöfe gelegt wurde.
Die Wiederaufnahme der in die Kirche erfolgte erst nach vielfachen Bußübungen (s. Kirchenbuße). Seit
Konstantin d. Gr. trafen den Ketzer auch weltliche Strafen: Verbannung, Verlust aller bürgerlichen Rechte, Verbrennung ketzerischer
Schriften, Vermögenseinziehung. Das erste Beispiel der Todesstrafe gegen Ketzer gaben auf der Synode zu Trier (385) span. Bischöfe
durch die Verurteilung Priscillians (s. d.). Bis zur Einführung
der Inquisition (s. d.) blieb die Bestrafung der Ketzer den Bischöfen überlassen.
Todesstrafen wurden von der weltlichen Gerichtsbarkeit vollzogen. Massenhafte Ketzerprozesse begannen im 13. Jahrh.
Auf der Kirchenversammlung zu Toulouse (1229) wurden durch Gregor IX. die Ketzergerichte angeordnet und eigene Ketzermeister
mit unumschränkter Vollmacht bestellt, die sich durch zahllose Gütereinziehungen und Hinrichtungen furchtbar
machten, wie in Deutschland Konrad von Marburg (s. d.). Die Kreuzzüge gegen die Albigenser (s. d.) und gegen die Stedinger (s. d.)
und später gegen die Hussiten (s. d.) waren Kriege zur Vernichtung der Ketzer.
Seit der Reformation wurden vornehmlich die Protestanten in Frankreich, Spanien, Portugal, den span. Niederlanden, den österr.
Erblanden, Böhmen, Bayern und den geistlichen Territorien Deutschlands als Ketzer verfolgt. Noch am Ende des 17. Jahrh. stifteten
die Beichtväter Ludwigs XIV. solche Ketzerverfolgungen an, am Anfange des 18. fanden die Bluttage in Thorn statt, und bald
nachher vertrieb der Erzbischof Firmian (s. d.) die evang.
Salzburger. Neue Greuelthaten erhoben sich 1815 in Frankreich gegen die Reformierten, und 1837 mußten die
evang. Zillerthaler nach Preußen auswandern. In Florenz wurde noch 1852 gegen die evang. Eheleute Madiai die Galeerenstrafe
verhängt, und in Spanien wurden bis zur Vertreibung Isabellas II. (1868) evang. Christen mit Kerkerhaft belegt. Im ersten
Zeitalter der Reformation unterschied man auch noch in der
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