Titel
Kettenbruch
(kontinuierlicher Bruch), ein Bruch, dessen Zähler eine ganze Zahl und dessen Nenner die Summe aus einer ganzen Zahl und einem Bruch von derselben Bildungsweise ist; z. B.:
^[img] oder: ^[img]
Diese beiden Kettenbrüche sind endlich und haben rationale
Werte; hört aber der Kettenbruch
nicht auf, so heißt er unendlich und
hat einen irrationalen Wert. Die
Brüche ¾, 7/8, 5/4, ½ im ersten und ½, 1/13, 1/7, ⅓ im zweiten
Beispiel nennt man die
Glieder
[* 2] des Kettenbruchs;
haben alle
Glieder den
Zähler 1, wie im zweiten
Beispiel, so heißt der ein
einfacher. Die einfachen Kettenbrüche finden hauptsächlich zur Berechnung von Näherungswerten für
Brüche, deren
Zähler
und
Nenner sehr große
Zahlen sind, Anwendung.
Nimmt man nämlich statt des ganzen Kettenbruchs
bloß das erste
Glied,
[* 3] dann die zwei ersten
Glieder, hierauf
die drei ersten
Glieder, so bekommt man Näherungswerte, die abwechselnd zu groß und zu klein sind, sich aber dem wahren
Wert immer mehr nähern, indem die Näherungswerte ungerader
Ordnung, also der erste, dritte, fünfte etc., abnehmen, diejenigen
gerader
Ordnung dagegen, also der zweite, vierte etc., wachsen. Diese Näherungswerte
(Partialbrüche) lassen sich leicht berechnen. Sind nämlich a1, a2, a3 ^[a1, a2, a3] etc.
die
Nenner der aufeinander folgenden
Glieder eines einfachen Kettenbruchs
, so sind die Näherungswerte
1) ^[img] 2) ^[img]
3) ^[img] 4) ^[img]
5) ^[img] u. s. f.
Es hat also beispielsweise der zweite der obenstehenden Kettenbrüche die Näherungswerte
^[img],
deren letzter den richtigen Wert angibt. Der Wert eines einfachen Kettenbruchs
ist stets kleiner als 1; um daher eine Zahl
in einen solchen Kettenbruch
zu verwandeln, sondere man erst die Ganzen ab und verwandle den übrigbleibenden echten
Bruch. Zu dem Ende dividiere man mit dem
Zähler in den
Nenner, dann mit dem Rest in den vorigen
Divisor
(den
Zähler des zu verwandelnden
Bruches) und fahre so fort, indem man immer mit dem Rest in den vorigen
Divisor dividiert,
bis die Rechnung aufgeht. Die
Quotienten, welche sich hierbei ergeben, sind die
Nenner der
Glieder des Kettenbruchs.
Bei der
Verwandlung eines Dezimalbruchs in einen Kettenbruch
hat man denselben zunächst als gemeinen
Bruch zu schreiben. Die Umwandlung
von 289/600 in einen Kettenbruch
gibt z. B. folgende Rechnung:
^[img],
und man erhält so die
Nenner der
Glieder des
oben angegebenen einfachen Kettenbruchs.
Außer zur Ermittelung von Näherungswerten
finden die Kettenbrüche auch in der unbestimmten
Analytik zur
Lösung diophantischer
Gleichungen, ferner in der
Algebra zur
Auflösung quadratischer
Gleichungen etc. sowie in der
Analysis Anwendung. Die Kenntnis der Kettenbrüche datiert aus dem 17. Jahrh.
Lord
Brounker (1620-84) hat bereits die
Ludolfsche Zahl durch einen Kettenbruch
dargestellt.
Huygens zeigte die Verwendung
zur Ermittelung von Näherungswerten, ausführlicher hat sie dann
Leonhard
Euler behandelt. Eingehendere
¶
mehr
Darstellungen findet man bei Schlömilch, Handbuch der algebraischen Analysis (6. Aufl., Jena [* 5] 1881); Serret, Handbuch der höhern Algebra, Bd. 1 (deutsch, 2. Aufl., Leipz. 1878); Stern, Lehrbuch der algebraischen Analysis (das. 1860).