Kepler
,
Joh., der Entdecker der Gesetze der Planetenbewegung (s. Keplersche Gesetze), geb. 27. Dez. 1571 zu Weil der Stadt in Württemberg [* 3] als der Sohn eines Gastwirts aus der verarmten Familie von Kappel. Er besuchte die Schule in Leonberg, dann die Klosterschule zu Maulbronn und bezog nach seines Vaters Tode die Universität zu Tübingen. [* 4] Mathematik studierte er nur als vorgeschriebenes Vorstudium der Theologie, der er sich zu widmen entschlossen hatte, doch war schon in Tübingen die Unterweisung seines Lehrers Möstlin, der ihn mit der Kopernikanischen Lehre [* 5] bekannt machte, von wesentlichem Einfluß für seine spätere Richtung.
Seine mathem. Kenntnisse waren um diese Zeit noch so beschränkt, daß er die ihm 1593 angetragene Professur der Mathematik zu Graz [* 6] nur in der Hoffnung besserer Ausbildung annahm. In Graz erst fing er an, sich mit Mathematik und Astronomie [* 7] ernstlicher zu beschäftigen. Trotz der 1598 begonnenen Protestantenverfolgungen hielt man doch in Graz, weil die Jesuiten seine hohe Begabung schätzten, bis seine Stelle durch das Edikt der «Reformationskommission» unhaltbar wurde.
Als
Tycho Brahe 1599 von Uranienburg nach
Prag
[* 8] gekommen war, ging auch Kepler
Okt. 1600 dorthin,
um an
Tychos
Arbeiten teilzunehmen, der ihm die
Stelle eines
Gehilfen gab.
Tycho starb 1601, und Kepler
erhielt die
Stelle eines kaiserl. Mathematikers
und Hofastronomen mit einem persönlichen Gehalt von 500 Fl. Als ihm aber in den bedrängten
Zeiten vor dem Dreißigjährigen
Kriege seine
Besoldung nicht mehr ausgezahlt wurde, begab er sich, nachdem er 11 Jahre in
Prag in der größten
Dürftigkeit gelebt und
Kaiser Rudolf Ⅱ., der ihn nicht von sich lassen wollte, im Jan. 1612 gestorben war, 1612 nach Linz,
[* 9] wo er als Professor der Mathematik an der dortigen Landschule fast 15 Jahre in nicht glücklichern Verhältnissen
zubrachte und sich hauptsächlich mit der Berechnung der
Rudolfinischen Tafeln beschäftigte, die er 1624 vollendete.
Doch war er von Linz auch öfter abwesend; 1613 erschien er z. B. mit dem Kaiser auf dem Reichstage zu Regensburg, [* 10] um den Gregorianischen Kalender zu vertreten, 1620 in Württemberg, um seine als Hexe angeklagte Mutter Katharina zu verteidigen. Durch die Protestantenverfolgung in Oberösterreich wurde der Aufenthalt in Linz unsicher, und um den Druck der Rudolfinischen Tafeln rascher betreiben zu können, verließ er im Nov. 1626 Linz und begab sich nach Ulm [* 11] zur Herausgabe seines Werks.
Mit seinem rückständigen Gehalt und andern Forderungen wurde er vom
Kaiser an Wallenstein, der seit 1608 in
persönlicher
Verbindung mit Kepler
stand und von ihm 1609 ein Horoskop
[* 12] gestellt erhalten hatte, gewiesen und nahm mit seiner
Familie vom Juli 1628 bis Okt. 1630 seinen Wohnort in Sagan.
[* 13] Wallenstein leistete die versprochenen
Zahlungen nicht und wollte
ihm eine Professorstelle an der
Universität zu Rostock
[* 14] geben, die Kepler
nicht annehmen wollte. Um seine
Geldforderungen geltend zu machen, entschloß Kepler
sich, in
Person auf dem
Reichstage zu
Regensburg um Auszahlung seiner noch
rückständigen kaiserl. Pension zu bitten.
Doch kaum dort angelangt, unterlag er den Anstrengungen seiner Reise und dem Kummer und starb daselbst 15. Nov. 1630. In seinem Nachlasse befand sich ein Exemplar seines Werks «De stella Martis», welches er dem Reichstage überreichen wollte, um ihn dadurch zum Erbarmen für seine und seiner Familie hilflose Lage zu bewegen. Der Fürst von Dalberg ließ ihm 1808 zu Regensburg ein Denkmal setzen; ein anderes (von Kreling) wurde ihm 1870 in Weil der Stadt errichtet.
Schon K.s erstes größeres Werk «Prodromus dissertationum cosmographicarum,
continens mysterium cosmographicum» (Tüb. 1596) trägt das Gepräge des Scharfsinns
und der
Beharrlichkeit
an sich, zeugt aber zugleich auch von K.s lebhafter, dem Verstand vorauseilender
Einbildungskraft. Die
wichtigste unter K.s
Schriften ist die klassische «Astronomia nova seu Physica
coelestis tradita commentariis de motibus stellae Martis»
(Prag 1609). Die von Kepler
aus
Tychos
Beobachtungen abgeleiteten Gesetze
des Planetenlaufs, in der
Astronomie unter dem
Namen der drei
Keplerschen Gesetze (s. d.) bekannt, sind es, auf welche sich
Newtons
[* 15] Entdeckungen nebst der ganzen neuern
Theorie der Planetenbewegung gründen. Eine Gesamtausgabe
der
Schriften K.s besorgte Ch. Frisch (8 Bde., Frankf. a. M. 1858–71), in der
auch eine auf Originalquellen beruhende lat.
Lebensbeschreibung K.s ent-
^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.] ¶
mehr
halten ist. –
Vgl. Breitschwert, K.s Leben und Wirken (Stuttg. 1831);
Brewster, The martyrs of science, or lives of Galileo,
Tycho de Brahe and Kepler
(Lond. 1841; 8. Aufl. 1874);
Reitlinger, Neumann und Gruner, Johannes Kepler
(Stuttg. 1868);
Reuschle, und die Astronomie (Frankf. a. M. 1871);
Schuster, Johann und die großen kirchlichen Streitfragen seiner Zeit (Graz 1888).