Kentucky
(spr. -töcki, abgekürzt Ky. oder Kent.), einer der Unionsstaaten von Nordamerika, [* 2] liegt zwischen 36° 30'-39° 6' nördl. Br. und zwischen 82° 2'-89° 40' westl. L. v. Gr. und grenzt gegen S. an Tennessee, gegen O. an Virginia, gegen N., wo der Ohiofluß die Grenze bildet, an Ohio, Indiana und Illinois und gegen W. an Missouri, von dem er durch den Mississippi getrennt wird. Im W. nehmen die sogen. Barrens, d. h. unfruchtbare Strecken, eine bedeutende Oberfläche ein, gehen aber in den Flußthälern in ziemlich fruchtbares Gelände über.
Ihnen schließt sich die sogen. blaue Grasregion an, welche den mittlern Teil des Staats einnimmt, eine der gesegnetsten Teile Nordamerikas, berühmt durch seine schönen Frauen, schönen Pferde, [* 3] seinen guten Tabak, [* 4] seine prächtigen Waldungen und seinen natürlichen Reichtum. Ihren Namen verdankt diese Region einem blauen Kalkstein, der hier die wellenförmigen Hügel bildet. Endlich steigt das Land im O. zu wirklichen Bergen [* 5] an, die indes eine Höhe von 800 m nicht zu überschreiten scheinen.
Die
Bewässerung ist ungemein günstig, und die
Mehrzahl der
Flüsse
[* 6] ist schiffbar. Der wichtigste unter allen, obgleich nur
Grenzfluß, ist der
Ohio, in den sich sämtliche
Flüsse des
Landes ergießen, so namentlich der
Fluß Kentucky
, der
hier in den Cumberlandbergen entspringt und nach einem gewundenen
Lauf durch ein malerisches
Thal
[* 7] oberhalb
Louisville in den
Ohio tritt. Der
Green River gehört gleichfalls in seinem ganzen
Lauf dem
Staat an. Der
Cumberland und der
Tennessee durchfließen
den westlichen Teil des
Staats, und beide sind noch über die
Grenzen
[* 8] desselben hinaus für
Dampfer schiffbar.
Der
Mississippi bespült einen Teil der Westgrenze. Kentucky
gehört ganz der großen Flözregion des
Westens an. Die
Schichten liegen
fast horizontal. Die Mitte bilden silurische und devonische
Kalke, und im W. reicht das Kohlenbassin von
Illinois
und
Indiana in das Land hinein, aus welchem man die ausgezeichnete Brackenridgekohle gewinnt. Die
Kohlenformation des
Ostens
gehört dem großen appalachischen
Becken von
Virginia und
Pennsylvanien an (s. unten); der
Kalk derselben ist
¶
mehr
berühmt durch seine herrlichen versteinerten Korallen [* 10] und durch seine Höhlen, von denen z. B. die Mammutshöhle (s. d.) zu den merkwürdigsten der Welt gehört. In den Einsenkungen der Kalkregion finden sich flache, salzhaltige Sümpfe, sogen. Saltlicks, die von Hirschen und Elentieren besucht werden wie ehedem von Büffeln und in der Vorzeit von Mastodonten, Megalonyx, Pferden etc., deren Knochen [* 11] noch in der Umgegend gefunden werden; eins der merkwürdigsten ist das Große Knochenlick südwestlich von Cincinnati.
Das Klima
[* 12] von Kentucky
ist im ganzen sehr gesund, die Winter sind feucht, doch mild; die mittlere Jahrestemperatur beträgt 10°
R., die Extreme sind 30° und -7,5,° so daß Rinder
[* 13] und Schafe
[* 14] meist das ganze Jahr hindurch im Freien bleiben.
Die angenehmsten Jahreszeiten
[* 15] sind Frühling und Herbst, wo das Wetter
[* 16] bei Südwestwinden schön und beständig, nur oft zu trocken
ist. Kentucky
hat ein Areal von 104,632 qkm (1900,2 QM.) mit 1870: 1,321,011, 1880:
1,648,690 Bewohnern, worunter 271,451 Farbige und 59,512 Ausländer (30,413 Deutsche).
[* 17]
Die echten Kentuckyer
, ursprünglich aus Virginia eingewandert, sind ein hochherziges, biederes Volk und haben sich in Zeiten,
wo dem Vaterland Gefahr drohte, stets als Männer bewiesen. Sie sind gastfrei und leidenschaftliche Jäger. Die öffentlichen
Schulen wurden 1884 von 238,440 Kindern besucht, doch können 22 Proz. der über 10 Jahre alten Weißen
und 70 Proz. der Schwarzen nicht schreiben. Die Negerkinder werden, wie auch sonst, in besondern Schulen unterrichtet. An höhern
Lehranstalten hat der Staat eine Universität nebst 14 Colleges mit (1884) 2017 Studenten.
Die Landwirtschaft bildet die Hauptquelle des Reichtums. 1880 waren 4,342,930 Hektar landwirtschaftlich verwertet; 38 Proz. der Oberfläche bestanden aus Wäldern, in denen Ulmen, Eichen, Hickory, Walnuß- und Kastanienbäume und der wertvolle Zuckerahorn vorwiegen, während Nadelhölzer [* 18] fast gänzlich fehlen. Die Ernte [* 19] ergab 1884: 31,818,155 hl Getreide [* 20] (vorwiegend Mais und Weizen), Kartoffeln, 1880: 77,6 Mill. kg Tabak und 294 Ton. Baumwolle. [* 21] Wein und Sorghummelasse werden gleichfalls gewonnen.
Die Pferde und Rinder von Kentucky
sind hoch geschätzt. 1880 zählte man 373,000 Pferde, 116,000 Maultiere, 844,200 Rinder, 1 Mill.
Schafe und 2,225,000 Schweine.
[* 22] Der Viehstand ist jetzt größer als zur Zeit der Sklavenarbeit, und auch die Produktion von
Tabak und Nährpflanzen (mit Ausnahme des Maises) hat zugenommen. Der Bergbau
[* 23] fördert Steinkohlen (1884:
1,550,000 Ton.), Eisenerze (1884: 45,052 T. Roheisen) und Blei
[* 24] (1880: 10,681 T.). Auch etwas Steinöl und Salz
[* 25] (aus Solen und den
oben genannten Saltlicks) werden gewonnen.
Die Industrie hat sich im Lauf der Jahre 1870-80 bedeutend gehoben. 1880 gab es 5328 gewerbliche Anstalten mit
37,391 Arbeitern. Sie erzeugt Eisen- und Stahlgußwaren und Maschinen, Tabak- und Zigarren, Sägholz, Branntwein etc. Ihr Hauptsitz
ist Louisville. Den Handel fördern Eisenbahnen (1885: 3220 km) und schiffbare Flüsse (1885 mit 74 Dampfern von 17,315 T.). Die
gegenwärtige Verfassung Kentuckys
wurde durch eine zu Frankfort zusammengetretene Kommission angenommen
und darauf durch Abstimmung des Volkes ratifiziert.
Nach derselben hat Wahlrecht jeder freie, weiße, 21 Jahre alte männliche Einwohner, der zwei Jahre im Staat, ein Jahr in der County und 60 Tage in dem Wahldistrikt gewohnt hat, indem er stimmen will. Die exekutive Gewalt ist einem Gouverneur und einem Vizegouverneur übertragen, welche alle vier Jahre vom Volke gewählt werden. Der Gouverneur ist für die seiner Amtszeit zunächst folgenden vier Jahre nicht wählbar. Dem Gouverneur stehen zwei administrative Beamte zur Seite: der Schatzmeister, welcher durch das Volk alle zwei Jahre gewählt wird, und der Staatssekretär, welcher durch den Gouverneur ernannt wird mit Zustimmung des Senats.
Die gesetzgebende Gewalt besteht aus einem Senat und einem Haus der Repräsentanten. Die Senatoren, 38 an der Zahl, werden von
den einzelnen Distrikten auf vier Jahre gewählt, die Repräsentanten, 100 an der Zahl, auf zwei Jahre. Sitzungen der gesetzgebenden
Körper werden jährlich gehalten, dürfen nicht über 60 Tage währen und nicht ohne zwei Drittel der
Stimmen aller Mitglieder jeder Abteilung stattfinden. Die Richter werden vom Volk auf 2-8 Jahre gewählt. Die Finanzen des Staats
sind von jeher gut verwaltet worden, und da Kentucky
der Union treu blieb, ersparte es sich die Ausbeutung durch nordische Abenteurer.
Die Staatseinnahme war 1885: 3,233,364 Doll., die Staatsausgabe nur 2,825,150. Die Staatsschuld belief sich Juli 1885 auf 1,174,000
Doll., doch waren 711,346 Doll. bar in einem Amortisationsfonds vorhanden. Eingeteilt ist in 115 Counties und hat Frankfort
zur Hauptstadt.
Erst 1754 entdeckte man die Mündung des Flusses Kentucky
, der dem Staate den Namen gab. Derselbe soll »blutiger
Fluß« bedeuten und an die Kämpfe erinnern, welche dort zwischen Indianern und Weißen stattfanden. Andre deuten ihn (Kän-tuck-ee)
als »Land des grünen Rohrs«, nach einer hohen schilfartigen Pflanze (Arundinaria macrosperma), welche statt Grases ungeheure
Strecken des Bodens bedeckte. Durch einen indischen Händler, John Finlay, auf die Fruchtbarkeit jener Gegend
aufmerksam gemacht, unternahm 1769 Oberst Boon eine Erforschung derselben; die Expedition wurde aber von den Indianern überfallen,
und Boon allein entkam dem Tod und verweilte bis 1771 gleich einem Einsiedler in der Wildnis. 1775 ließ er sich darauf mit
noch fünf andern Familien im heutigen Kentucky
nieder.
Sie erbauten an dem Ufer des Flusses ein Fort, welchem sie den Namen Boonsborough gaben, und sahen die Niederlassung von Jahr
zu Jahr wachsen. 1777 bildete sie bereits einen eignen Kanton
[* 26] und 1782 einen Distrikt Virginias. 1786 löste Kentucky
den Verband
[* 27] mit
Virginia, die Trennung ward 1790 vom Kongreß anerkannt und 1792 als eigner Staat in die Union aufgenommen.
Die eingebornen Indianer wurden von 1778 bis 1830 größtenteils über den Mississippi und nach Süden gedrängt, den Zurückgebliebenen
kaufte man ihre Ländereien ab. Während des amerikanischen Bürgerkriegs blieb Kentucky
der Union treu. Doch wurde es 1861 und 1862 zeitweise
von den Konföderierten besetzt, und die Bevölkerung
[* 28] war sowohl gegen die Aufhebung der Sklaverei als namentlich gegen die
Erteilung des Stimmrechts an die Neger. Der sogen. Kuklux-Clan (s. d.) trieb namentlich in Kentucky
sein Unwesen. S.
Karte »Vereinigte Staaten«.