Titel
Kempten.
Kemi - Kempten

* 2
Kempten.[* 2]
1)
Bezirksamt im bayr. Reg.-Bez.
Schwaben, hat (1890) 31 008 (15 275 männl., 15 733 weibl.) E., 28 Gemeinden mit 881 Ortschaften.
2) Unmittelbare Stadt, Hauptort des
Bezirksamtes und des
Allgäu, am linken Ufer der Iller und an den
Linien München–Buchloe–Lindau, Ulm–K. (87,4 km) und K.–Pfronten (im
Bau) der Bayr. Staatsbahnen,
[* 3] in 697 m Höhe,
im nördl.
Vorlande der
Allgäuer
Alpen
[* 4] anmutig gelegen, ist Sitz des
Bezirksamtes, eines Landgerichts (Oberlandesgericht
Augsburg)
[* 5] mit Kammer für Handelssachen und 10 Amtsgerichten (Füssen, Immenstadt,
Kaufbeuren,
[* 6] Kempten
,
Lindau,
[* 7] Oberdorf, Obergünzburg,
Schongau,
Sonthofen,
Weiler), eines Amtsgerichts,
Rent-, Forstamtes,
[* 1] ^[Abb.]
Ken - Kennan

* 8
Seite 60.297.^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.] ¶
mehr
295 Landbau-,Straßenbau- und Flußbauamtes, eines Nebenzoll-, Oberbahnamtes sowie einer Reichsbahnebenstelle und hat (1890) 15760 (7705 männl., 8055 weibl.) E., darunter 3600 Evangelische und 62 Israeliten, in Garnison das 1. Jägerbataillon, Postamt erster Klasse mit Filialexpedition und Telegraph, [* 9] Fernsprecheinrichtung, Wasserleitung, [* 10] Gasbeleuchtung, Filiale der Bayrischen Notenbank, städtische Sparkasse, Spar- und Vorschußverein, Stadtbibliothek, Stadttheater sowie einen Handels- und Gewerberat.
Holzstuck - Holzung

* 13
Holzstoff.
Die Stadt besteht aus der Altstadt an der Iller, ehemals Reichsstadt, und der höher gelegenen Neustadt,
[* 11] früher gefürstete
Abtei Kempten
, beide seit 1803 vereinigt. Unter den Gebäuden sind zu nennen die Stiftskirche (1652), ein Kuppelbau im ital. Stil
mit einem prächtigen, im Rokokostil gehaltenen Altar
[* 12] (s. Tafel: Altäre II,
[* 8]
Fig. 7), die evang. Kirche,
das Schloß der frühern Fürstäbte (18. Jahrh.), jetzt zum Teil Kaserne, und das zierliche Rathaus (1474). Von Unterrichtsanstalten
bestehen ein königl. Gymnasium, 1805 gegründet (Rektor Hasenstab, 24 Lehrer, 9 Klassen, 295 Schüler), eine Realschule, höhere
Mädchenschule und ein Institut der Englischen Fräulein. In und der nächsten Umgebung besteht eine lebhafte
Industrie, besonders mechan. Baumwollspinnerei und -Weberei, Zwirnerei, Bunt- und Leinenweberei sowie Fabrikation von Holzstoff,
[* 13] Papier und Käse.
Bedeutend ist der Käse- und Holzhandel, die Vieh- und Pferdemärkte. Die früher lebhafte Flößerei auf der Iller hat seit
Bestehen der Kempten-Ulmer Bahnlinie abgenommen. Im Süden auf steiler Höhe die Reste der Burg Hilarmont (jetzt
Burghalde); im Osten auf dem Lindenberger Plateau stand die alte Römerstadt Campodunum. Geschichte. Die Stiftsstadt Kempten
wurde
als Benediktinerkloster von Karls d. Gr. Gemahlin Hildegarde gestiftet. Der Abt erlangte 1360 die reichsfürstl.
Würde und erwarb allmählich ein Gebiet von 880 qkm. Kempten
im
Thale hingegen erstritt sich nach und nach die Unabhängigkeit von den Fürstäbten, wurde Reichsstadt und lebte in steter
Fehde mit der benachbarten Stiftsstadt, bis endlich beide Parteien 1803 an Bayern
[* 14] fielen. Im Dreißigjährigen Kriege hatte
die Stadt zu leiden von den Schweden
[* 15] wie von den Kaiserlichen. Letztere nahmen trotz der tapfersten Gegenwehr
der schwed. Besatzung und der Bürger die Stadt mit Sturm. Im Spanischen Erbfolgekriege wurde sie 1703 von den Franzosen
und Bayern erobert, und im franz. Revolutionskriege kam es bei Kempten
zu
einem Treffen, in welchem die Franzosen von den Österreichern besiegt wurden.
Vgl. Boxler, Sammlung der merkwürdigsten Ereignisse im ehemaligen fürstl.
Reichsstifte Kempten
(Kempt. 1822);
Haggenmüller,
Geschichte der Stadt und der gefürsteten Grafschaft Kempten
von den ältesten Zeiten bis zu ihrer Vereinigung mit dem bayr. Staat
(ebd. 1840);
Meirhofer, Geschichtliche Darstellung der denkwürdigsten Schicksale der Stadt Kempten
(ebd. 1856);
Baumann, Geschichte des Allgäues, Bd. 1–3 (ebd. 1880–92);
Allgauer Geschichtsfreund (Organ des Allgäuer Altertumsvereins
in Kempten
, Bd. 1–6).