Titel
Kelten
(grch. Keltoí, auch Galátai; lat. Celtae), ein
indogerman. Volksstamm, der im
Altertum über Westeuropa verbreitet war, heute bis auf geringe Reste romanisiert oder germanisiert
worden ist. Die Kelten
haben sich von Süddeutschland und dem heutigen
Österreich
[* 3] aus zunächst über das Rheingebiet,
Frankreich
und die brit.
Inseln ausgebreitet, und zwar jedenfalls schon
vor der Mitte des 1. Jahrtausends
v. Chr. Durch
drei große Wanderungen haben sie ihr Gebiet in geschichtlicher Zeit ausgedehnt.
Balkan-Halbinsel

* 4
Balkanhalbinsel.
Ende des 6. Jahrh.
v. Chr. zogen Kelten
nach der Pyrenäischen Halbinsel (s. Hispania und
Keltiberer). Zu Anfang des 4. Jahrh.
v. Chr. besetzten sie das damals größtenteils etrusk. Norditalien
(s.
Gallien). 284-278
v. Chr. fällt der Zug
der Kelten
(Galater) nach der
Balkanhalbinsel,
[* 4] der nach den verheerenden Raubzügen, die
sich bis nach
Griechenland
[* 5] erstreckten, mit der
Ansiedelung in der Mitte
Kleinasiens endete (s. Galater). Hingegen gehört der
von
Livius erzählte Eroberungszug des Segovesus nach
Deutschland
[* 6] der Sage an. In
Deutschland reichten die
Sitze der Kelten
, wie sich vornehmlich aus den Ortsnamen beweisen läßt, einstmals ostwärts bis zur
Elbe.
Belgier (lat. Belgae) saßen in Norddeutschland, Walchen (lat. Volcae, woraus im Deutschen «Welsch» [s. d.] entstand) in Mittel- und Süddeutschland. Teils durch freiwillige Auswanderung, teils den Waffen [* 7] der vordringenden Germanen weichend, büßten sie das rechtsrheinische Gebiet im Laufe der letzten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. ein. Nur geringe Reste sind hier sitzen geblieben und germanisiert worden. Erheblich stärker ist die Beimischung kelt. Blutes bei den süddeutschen Stämmen.
Romanzement - Römer

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Römer.Die Bojer (s. d.) wurden aus ihren Sitzen in Böhmen [* 8] von den german. Markomannen in der ersten Hälfte des 1. Jahrh. v. Chr. verdrängt. Ariovist (s. d.) machte Süddeutschland nördlich von der Donau zu einem german. Lande und war im Begriff, seine Herrschaft über das heutige Elsaß und die Franche-Comté auszudehnen, wurde aber von Cäsar 58 v. Chr. besiegt und über den Rhein zurückgedrängt. Die Römer [* 9] eroberten 283-191 v. Chr. (Entscheidungsschlacht bei Clastidium 222) das kelt. Norditalien und gegen Ende des 2. Jahrh. v. Chr. das Rhônegebiet und das Land südlich von den Cevennen (Gallia Narbonensis).
Schon vorher waren sie die Herren von
Spanien
[* 10] geworden.
Cäsar eroberte nach hartnäckigem
Widerstände 58-51
v. Chr. das heutige
Frankreich
(Gallia transalpina) bis ostwärts zum Rhein, das seit 27
v. Chr. als röm.
Provinz organisiert
wurde (s.
Gallien). Der
Kaiser
Augustus unterwarf die in den Alpenländern (in Rhätien, Vindelicien, Noricum, Pannonien und
Mösien) wohnenden Kelten.
Der größere
Teil von Britannien wurde 43-85 n. Chr. von den
Römern in
Besitz genommen (s.
Britannia).
Die Romanisierung dieser weiten Gebiete erfolgte sehr allmählich im Laufe der Jahrhunderte. Der Romanisierung
folgte zum
Teil eine Germanisierung. Germanisiert wurden die romanisch sprechenden Kelten
links vom Rhein, soweit die deutsche
Sprachzone reicht,
und südlich von der Donau. Die britannischen Kelten
mußten den
Angelsachsen weichen. Die Germanisierung dauert
in Wales,
Irland und
Schottland heute noch fort.
Man schätzt die Zahl der in der Gegenwart noch keltisch Sprechenden auf etwa 3½ Mill. Hiervon kommen auf Wales 950000,
die
Insel Man 12000,
Schottland 300
000,
Irland 868
000 und auf die franz.
Bretagne 1200000; die Zahl der nordamerik.
Iren läßt
sich nicht sicher bestimmen. In Wales spricht das
Volk noch überwiegend keltisch, desgleichen auf Man;
in
Schottland nur in dem nordwestl.
Teile (nördlich von
Glasgow
[* 11] und westlich von Dundee);
[* 12] in
Irland nur an der Westküste (in
Munster, südlich von Limerick, in Connaught und in der nördl. Landschaft
Donegal). Aus Cornwallis sind im 5. bis 7. Jahrh.
n. Chr. die franz.
Bretonen ausgewandert, die ihre
Sprache
[* 13] etwa westlich von einer Linie St.
Brieux-Vannes
bewahrt haben.
Die Kelten
zerfielen im
Altertum in: 1)
Gallier oder Kelten
im engern
Sinne (östlich von der Garonne, südlich von der Seine, dazu
die süddeutschen, österr., nordital. und spanischen Kelten
); 2) Belgier (östlich von der Seine, einstmals
bis zur untern
Elbe, seit dem 1. Jahrh.
v. Chr. bis zum Rhein; dazu auch die Belgier im südl. Britannien);
3) Britten (in dem übrigen England und Wales);
4) Gälen (in Irland und Schottland). (S. Keltische Sprachen.)
Marschregimenter - Mar

* 14
Marseille. Die Kelten
waren im
Altertum ein
Volk von verhältnismäßig hoher Kultur, namentlich infolge des von Südfrankreich
ausgehenden mächtigen Einflusses der griech.
Kolonie
Massilia (Marseille).
[* 14] Sie verstanden sich besonders gut auf die
Metallbearbeitung.
Die Kelten
wohnten in
Städten.
Über die
Einteilung s.
Gallien (Bd. 7, S. 494 a).
Litteratur. Zeuß, Die Deutschen und die Nachbarstämme (Münch. 1837);
Brandes, Das ethnogr.
Verhältnis der und Germanen (Lpz. 1857);
Roget de Belloguet, Ethnogénie gauloise (4 Bde., Par. 1858-73; Bd. 1 u. 2, 2. Aufl., 1872-75);
Meyer, Die noch lebenden kelt. Völkerschaften, Sprachen und Litteraturen (Berl. 1863);
Cuno,
Vorgeschichte
Roms, Bd. 1: Die Kelten
(Lpz.
1878);
De Valroger, Les Celtes (Par. 1879);
Rhys, Celtic Britain [Early Britain] (Lond. 1882; 2. Aufl. 1885);
Czoernig, Die alten Völker Oberitaliens (Wien [* 15] 1885);
Müllenhoff, Deutsche [* 16] Altertumskunde, Bd. 2 (Berl. 1887).
(S. die Litteratur zu Gallien und zu Keltische Sprachen.)