Kavallerie
truppendivision,
s. Infanteriedivision.
Kavallerietruppendivision
3 Wörter, 50 Zeichen
Kavallerietruppendivision,
s. Infanteriedivision.
(franz., vom span. und ital. infante, »Knabe, Knecht, Fußsoldat«),
seit dem 17. Jahrh. übliche, heute allgemeine Bezeichnung des Fußvolkes in den Heeren. Die I. ist die älteste und ursprünglichste Art der Kämpfer und von jeher der Kern und Hauptbestandteil aller geordneten Heere. Sie wird zwar von der Reiterei übertroffen an Schnelligkeit und Wucht des Angriffs, von der Artillerie an Tragweite und Wirksamkeit des Feuers, aber sie allein kann selbständig ein Gefecht führen, ist unabhängig vom Gelände (die Waffe für alle Fälle) und entscheidet allein über den dauernden Besitz des Kampffeldes; sie bildet somit in allen Heeren die erste Hauptwaffe und die Hauptmasse. Dagegen wird sie in der geplanten Schlacht wie im Kampf um befestigte Stellungen der Artillerie nicht nur eine wesentliche Mitwirkung, sondern auch einen Teil der Vorbedingungen des Erfolgs überlassen müssen. In der Bedeutung ¶
für Aufklärung und Sicherung steht sie hinter der Kavallerie zurück und kann nur in schwierigem Gelände und unmittelbarer Nähe des Feindes mit dieser wetteifern.
Begründet in der Notwendigkeit verschiedenartiger Verwendung und Bewaffnung, geht durch die ganze Kriegsgeschichte der Begriff der schweren und der leichten I. Der Nahkampf vor Einführung der Feuerwaffen bedingte schwere Rüstung [* 4] und schwere Waffen [* 5] für den Angriff in geschlossener Ordnung. Dem entsprechend trugen die Hopliten oder Phalangiten der Griechen Panzer, Schild, [* 6] Spieß und kurzes Schwert. Zum Fernkampf aber brauchte man leicht bewegliche, zerstreut fechtende Scharen: die Gymneten, die sich ihrer Waffe nach teilen in Akontisten (Speerwerfer), Sphendoneten (Schleuderer) u. Toxoten (Bogner).
Bei den Römern waren die den schweren Spieß führenden Triarier die eigentlich schwere I., die mit dem Pilum [* 7] bewaffneten Hastaten und Principes eine mittlere, die Veliten erst die leichte I. (s. Fechtart). [* 8] Ähnliche Einrichtungen bestanden bei allen Kulturvölkern des Altertums. Ein Versuch des Marius, eine einheitliche I. in Bewaffnung und Verwendung zu schaffen, mißglückte; in der spätern Kaiserzeit verfiel die I. gänzlich und tritt hier wie bei den andern Kulturvölkern in den ersten Jahrhunderten des Mittelalters nirgends besonders hervor.
Nach Karl d. Gr. aber bleibt sie hinter der Reiterei des aufblühenden Rittertums mehr und mehr und schließlich ganz zurück, um erst in den Freiheitskämpfen der Schweizer gegen Österreich [* 9] und Burgund und in den Hussitenkriegen von neuem zur Hauptwaffe sich aufzuschwingen. Ihre Hauptwaffe, die Hellebarde, zum Handgemenge zwar vortrefflich, reichte indes nicht aus, die zum Fußkampf abgesessenen, schwer gepanzerten Ritter, wie bei Sempach, zu durchbrechen. Dies zwang sie, einen Teil der I. auch mit Schild und Panzer und langem Spieß zu waffnen; die Hauptmasse jedoch blieb, um leicht beweglich zu sein, ohne Rüstung und führte in wachsender Zahl die Armbrust [* 10] und später Feuergewehre, doch blieb der Spieß, welcher bald die Hellebarde verdrängte, noch lange Hauptwaffe.
Während sich hier unter besondern Verhältnissen auf der Basis des Volkscharakters ein dem kommenden Zeitalter und allen Nationen mustergültiges Fußvolk entwickelt, scheitern in Frankreich die Versuche, ein solches heranzubilden, bei den Francsarchers (s. d.). Das 200jährige Ringen um die Freiheit hatte in der Schweiz [* 11] ein Volk von außerordentlicher Kriegstüchtigkeit großgezogen, welches den Krieg um seiner selbst willen, als Handwerk, suchte und nun hinauszog in aller Herren Länder, seine Dienste [* 12] anbietend (s. Schweizerregimenter).
Die Schweizer wie die als Söldner vielbegehrten Böhmen [* 13] brachten das Fußvolk wieder zu Ehren, welches als eine der Reiterei ebenbürtige Waffe sich Anerkennung verschaffte. So entstanden um die Wende des 15. und 16. Jahrh. die Landsknechte [* 14] (s. d.), eine internationale I., welche dem Kriegswesen bis in das 17. Jahrh. hinein sein Gepräge aufdrückte. Neben dem mit Rüstung und langer Pike ausgestatteten schweren Fußvolk mehrt sich nach und nach das leichte, mit Arkebuse und Muskete bewaffnete, welches, wie im Altertum, vor den schwerfälligen Haufen der Pikeniere in zerstreuter Fechtart, als »verlorner Haufe« das Gefecht eröffnet. Um diese Schützen aber fester in die Hand [* 15] zu bekommen, stellte man sie auf die Flügel der Pikeniere, Schützenflügel, und wie dann nach und nach alle Piken durch die inzwischen verbesserten Handfeuerwaffen [* 16] ersetzt wurden, verschwindet gegen Ende des 17. Jahrh. das Schützengefecht ganz, damit auch der Unterschied zwischen schwerer und leichter I. Gleichzeitig beginnt das regelrechte Exerzieren, die Einteilung der Regimenter in Bataillone und damit die Verbindung der taktischen mit der administrativen Einheit.
Durch die Einführung des Bajonetts war die Pike ersetzt. Die mit der Bajonettflinte (fusil) bewaffnete I. wurde nach ihr Füsiliere (s. d.) genannt. Da dieselbe bald die alleinige Waffe bildete, war auch in dieser Beziehung eine Einheitsinfanterie erreicht. Allerdings waren auch die Namen der Musketiere und Grenadiere (s. d.) geblieben, doch bestanden Unterschiede in der taktischen Verwendung, mit Ausnahme der Grenadiere, nicht. Je mehr die Waffe an Feuerwirkung gewann, um so geringer wurde die Tiefe der Aufstellung behufs Ausnutzung des Feuergewehrs.
Aus den Haufen waren Linien und Linieninfanterie geworden, durch welche Gefechtsform die Lineartaktik (s. d.) ihren Namen erhielt. Ihre Grundlage fand sie in der durch Friedrich Wilhelm I. und Leopold von Anhalt-Dessau zur höchsten Vollkommenheit gebrachten Ausbildung der I. im Exerzieren (Gleichschritt), im Schnellfeuer (eiserner Ladestock) und in der Annahme der dreigliederigen Stellung. Aber erst Friedrich d. Gr. brachte die Lineartaktik in seiner genialen Weise mit glücklichem Erfolg zur unbedingten Herrschaft.
Und dennoch machte sich auch ihm das Bedürfnis nach leichter I. für den Sicherheitsdienst und den kleinen Krieg fühlbar, obgleich es ihm gelang, die Kavallerie für diesen Dienst zu einer noch heute mustergültigen Entwickelung zu bringen. So entstanden die Jäger, die Schützen, die Freibataillone und Freiregimenter als Ergänzung der Linieninfanterie, die für das zerstreute Gefecht unverwendbar war, auch nicht verwendet werden durfte, da Friedrich d. Gr. ihr das Betreten von Ortschaften auf dem Schlachtfeld untersagt hatte.
Nach Friedrichs d. Gr. Tod erstarrte die I. in diesen Formen, denn der Geist, der sie belebt hatte, war verschwunden. Aber die französische Revolution durchbrach auch diese Schranken. Für die zusammengerafften Heere der Republik war die Lineartaktik unbrauchbar, da in der Hast ihres Handelns für den Drill keine Zeit blieb. Man griff demnach zurück zur Stoßtaktik geschlossener Kolonnen, vor denen leichte I. im Schützengefecht den Kampf eröffnete. Indessen Napoleon verlangte nur Eine I., wollte von einer Scheidung in schwere und leichte nichts wissen, sondern seine I. beliebig, nach Bedarf sowohl geschlossen wie in zerstreuter Ordnung, als Tirailleure, verwenden.
Eine numerisch geringe Ausnahme machten die mit gezogenen Gewehren (Büchsen) bewaffneten Scharfschützen (Jäger), die gegenüber der das glatte Gewehr führenden I. für das Schützengefecht ebenso geeignet wie unentbehrlich waren. Aber auch Napoleon ist seinem Ausspruch: »Ich will nur Eine I., aber eine gute!« nicht treu geblieben. Er bildete durch Auswahl der Offiziere und Mannschaften aus allen Regimentern eine Eliteinfanterie, seine Garden (s. d.), eine Schlachtenreserve und in jedem Bataillon eine Elite, die Voltigeurkompanie, aus kleinern, gewandtern und intelligenten Leuten für den Schützenkampf. Diese Einrichtung fand nach dem Vorgang Österreichs in Preußen [* 17] 1812 darin Nachahmung, daß der dritte Zug jeder Kompanie einen Schützenzug bildete und dem entsprechend die besten Schützen und gewandtesten Leute erhielt. Dem gleichen Gedanken entsprach die Formierung der Füsilierregimenter aus den ehemaligen Reservebataillonen bei Reorganisation der preußischen Armee 1860. Die ¶
Fortschritte im Waffenwesen, die Einführung der gezogenen wie der Hinterladungsgewehre und die gleichmäßige Bewaffnung der gesamten I. mit denselben vermischte nach und nach die frühern hierauf begründeten Unterschiede in der I. Als aber durch die Erfahrungen der Kriege von 1866 und 1870/71 die Taktik der Kompaniekolonnen, welche von jeder Kompanie die gleiche Befähigung zum Schützenkampf forderte, zur Geltung kam, wurden 1876 die Züge der dritten Glieder [* 19] beseitigt.
Eine verschiedene Verwendung einzelner Teile der Kompanien ist ausgeschlossen, die ausgedehnte Anwendung des Schützenkampfes erfordert, daß nicht nur Kompanien, sondern ganze Regimenter und Brigaden in denselben eingreifen. Wir haben jetzt also in der That eine Einheitsinfanterie. Die beibehaltenen Bezeichnungen Grenadiere, Musketiere und Füsiliere sind nominell und haben nur Bedeutung in der Erhaltung geschichtlicher Erinnerungen. Auch unsre Jäger (s. d.) machen keine Ausnahme mehr, die ihnen allerdings 1866 nach dem Reglement noch gewahrt war, durch den Kampf selbst aber aufgehoben wurde.
Immerhin werden die Jäger vorzugsweise der Avantgarde und Detachements zugeteilt. Das deutsche Reichsheer hat 165 Infanterieregimenter, von diesen sind 11 Garde-, 19 Grenadier- und 19 Füsilierregimenter, ferner 20 Jägerbataillone;
Frankreich hat 144 Infanterieregimenter, 30 Jägerbataillone;
England 112 Infanterieregimenter mit zusammen 144 Bataillonen und 1 Schützenbrigade mit 4 Bataillonen;
Italien [* 20] 96 Linieninfanterie-, 12 Bersaglieriregimenter, 72 Alpenkompanien in 6 Regimentern;
Österreich 102 Infanterieregimenter, 1 Tiroler Jägerregiment, 32 Jägerbataillone;
Rußland 192 Infanterieregimenter, 50 Schützenbataillone, 103 Reserveinfanterie-, 164 Ersatzbataillone.
Vgl. Rüstow, Geschichte der I. (2. Aufl., Nordhaus. 1864);
Jähns, Handbuch der Geschichte des Kriegswesens (Leipz. 1880);
Derselbe, Heeresverfassungen und Völkerleben (Berl. 1885);
v. Boguslawski, Die Hauptwaffe in Form und Wesen (das. 1880).