Kaunitz
,
Wenzel Anton Dominik, Fürst von, Graf von Rietberg, österr. Staatsmann, geb. zu Wien, [* 2] wurde als jüngerer Sohn zuerst für den geistlichen Stand bestimmt, widmete sich aber später dem Staatsdienst. Er studierte zu Wien, Leipzig [* 3] und Leiden, [* 4] durchreiste hierauf, seit 1732, England, Frankreich und Italien [* 5] und wurde 1735 vom Kaiser Karl VI. zum Reichshofrat ernannt. Durch seine Vermählung mit der Gräfin von Ostfriesland und Rietberg erwarb er die Grafschaft Rietberg. 1741 wurde er in diplomat.
Sendung nach
Rom und
[* 6]
Florenz
[* 7] geschickt, ging 1742 als Gesandter nach
Turin,
[* 8] um das Verteidigungsbündnis
Österreichs mit
Sardinien
[* 9] und England gegen
Frankreich und
Spanien
[* 10] enger zu schließen, wurde 1744 österr. Minister am
Hofe
des
Generalgouverneurs der österr.
Niederlande,
[* 11] des
Herzogs
Karl von Lothringen, und während dessen
Abwesenheit 1745 von Maria
Theresia zum wirklichen bevollmächtigten Minister daselbst erhoben. Doch konnte er diesen Posten
nicht lange verwalten, weil die
Franzosen im
Österreichischen Erbfolgekriege
Brüssel
[* 12] Febr. 1746 einnahmen. Kaunitz
kapitulierte,
erhielt für die österr.
Truppen freien
Abzug, ging hierauf nach
Antwerpen,
[* 13] und da auch dieses übergeben werden mußte, nach
Aachen.
[* 14] Seiner geschwächten Gesundheit wegen trat er eine Zeit lang aus dem
Staatsdienst, erschien aber 1748 wieder
bei dem Friedenskongreß zu
Aachen, wo er den
Grund zu seinem großen Rufe als
Diplomat legte. Nach dem
Aachener Frieden zum
wirklichen Konferenz- und Staatsminister ernannt, sprach er sich in einer weitläufigen
Denkschrift für
^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.] ¶
mehr
ein Bündnis mit Österreichs bisherigem Erbfeind Frankreich aus, ohne daß die Kaiserin Maria Theresia damals darauf einging. Auch als Botschafter am franz. Hofe (1750–53) erreichte er dieses Ziel nicht. Erst 1756, nachdem er 1753 als Staatskanzler die Leitung des Auswärtigen erhalten hatte, gelang es ihm, die große Koalition gegen Friedrich d. Gr. zu stiften. Von dieser Zeit an bis in die letzte Regierungsperiode Maria Theresias, die ihm unbegrenztes Vertrauen schenkte und 1764 seine Erhebung in den Reichsfürstenstand veranlaßte, war die auswärtige Politik Österreichs wesentlich sein Werk.
Sein Hauptziel war die Niederhaltung der aufstrebenden preuß. Kriegsmacht im Bunde mit Frankreich und Rußland.
Dies gelang nicht, aber er verschaffte Osterreich Anteil an der Teilung Polens durch Erwerbung von Galizien und vergrößerte
den Staat ferner um die Bukowina und den Innkreis. Auch auf die innere Politik übte er großen Einfluß, wobei er als Anhänger
der damaligen Aufklärung die Einführung von Reformen auf den verschiedensten Gebieten förderte. Da er
mit der Politik, die Österreich
[* 16] seit der Thronbesteigung des Kaisers Franz II. einschlug, nicht einverstanden war, nahm er seine
Entlassung und starb in Mariahilf bei Wien. Kaunitz
genoß einen Ruf als Gönner der Künste und Wissenschaften und besaß
selbst eine bedeutende Kunstsammlung.
Vgl. Arneth, Geschichte Maria Theresias (10 Bde., Wien 1863–79);
ders., Maria Theresia und Joseph II.
Ihre Korrespondenz samt Briefen Josephs an seinen Bruder Leopold (3 Bde., ebd. 1867);
A. Beer, Denkschriften des Fürsten Kaunitz
(ebd. 1872);
ders., Joseph II.,
Leopold II. und Kaunitz.
Ihr Briefwechsel (ebd. 1873);
Correspondance secrète du comte de Mercy-Argenteau avec l’empereur
Joseph II et le prince de Kaunitz.
Publié par Arneth et Flamermont (Par. 1889).