Kaufvertrag
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s. Kauf.
Kaufvertrag
6 Wörter, 44 Zeichen
Kaufvertrag,
s. Kauf.
(lat. Emtio venditio, franz. Vente), der Vertrag, nach welchem der eine, der Verkäufer (venditor), eine Sache, die Ware (merx), dem andern, dem Käufer (emtor) überliefern und von diesem dagegen eine Geldsumme, den Preis (pretium), erhalten soll. Waren können nicht allein körperliche Sachen sein, sondern jedes andre Vermögensstück, wie Forderungen (s. Zession) und dingliche Rechte, eine Erbschaft und andre Vermögensmassen, nicht aber Gegenstände, welche dem Verkehr überhaupt entzogen sind.
Auch eine künftige und ihrer Existenz nach ungewisse Sache kann Gegenstand des Kaufs sein (Hoffnungskauf, emtio spei), z. B. der Kauf einer Jagdausbeute. Davon ist der Fall verschieden, daß eine künftige, der Existenz nach gewisse, aber nach Quantität und Qualität ungewisse Sache, z. B. die Frucht auf dem Halm, gekauft wird (emtio rei speratae, Kauf der gehofften Sache), oder daß eine künftighin erst anzufertigende oder eine von dem Verkäufer erst zu erwerbende Sache den Gegenstand des Kaufvertrags bildet.
Die Ware kann ferner individuell bestimmt (species) sein, z. B. wenn ich mir ein bestimmtes, einzelnes Exemplar eines Buches kaufe, weil sich in demselben eine mir wertvolle handschriftliche Notiz befindet; oder die Ware ist nur nach Gattung (genus) und nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt, z. B. wenn ich mir schlechthin ein Exemplar des betreffenden Buches bestelle (s. Gattungskauf). Der Preis (Kaufpreis, Kaufgeld, Kaufschilling) muß in einer bestimmten Geldsumme bestehen, neben welcher indessen auch noch andre Leistungen verabredet werden können; er gilt als genügend bestimmt, wenn seine Höhe zwar noch nicht in Zahlen ausgedrückt ist, aber sich doch dereinst nach der Abrede bestimmen läßt, z. B. wenn nach dem Marktpreis eines spätern Tags gekauft ist.
Erreicht der Preis nicht die Hälfte des Wertes der Ware zur Zeit des Kaufs (laesio enormis - ultra dimidium), so kann nach gemeinem Rechte der Verkäufer wegen Verletzung über die Hälfte Aufhebung des Handels fordern; ein Grundsatz, welcher auch auf den Käufer, der mehr als den doppelten Wert der Sache bezahlte (Verletzung unter der Hälfte), ausgedehnt worden ist. Bei gewagten Geschäften, z. B. bei dem Kauf einer Leibrente oder Lebensversicherungspolice, läßt sich dies nicht anwenden, da der Wert zum voraus sich nicht feststellen läßt. Bei Handelsgeschäften fällt nach dem deutschen Handelsgesetzbuch (Art. 286) eine solche Anfechtung überhaupt hinweg, ebenso ist die Anfechtbarkeit allgemein ausgeschlossen in Bayern [* 4] und Sachsen. [* 5]
Nach preußischem Landrecht begründet eine Verletzung über die Hälfte nur die Vermutung eines Irrtums auf seiten des Käufers, welche den Vertrag aufzuheben geeignet ist. Diese Vermutung schließt indessen den Gegenbeweis durch den Verkäufer nicht aus. Im französischen Recht ist lediglich dem Verkäufer eines Grundstücks, wenn er um mehr als 7/12 des Preises verletzt ist, ein Anfechtungsrecht gegeben. Der Kauf ist abgeschlossen, perfekt, sobald die Parteien über Ware und Preis einig sind.
Perfekt ist auch der Kauf nach Probe oder nach Muster (à l'échantillon), wobei der Verkäufer nur durch Lieferung probemäßiger Ware erfüllt, und der Kauf zur Probe, wobei der Käufer den Beweggrund angibt; bedingt ist dagegen der Kauf auf Probe (à l'essai) oder auf Besicht (Besichtkauf), welcher erst mit der Genehmigung der Ware durch den Käufer perfekt wird. Mit dem Abschluß gehen Gewinn und Verlust an der Ware auf Rechnung des Käufers. Wird aber nach Zahl, Maß oder Gewicht verkauft, so daß zur Ermittelung des Gesamtpreises noch die Zählung oder sonstigen Messung der Ware nötig wird, so sind zwar beide Teile an den Vertrag gebunden, die Gefahr geht aber erst mit der Zählung oder Messung auf den Käufer über (s. Gefahr).
Der Verkäufer hat die Ware vollständig und rechtzeitig zu übergeben, bis dahin aber sorgfältig zu verwahren; er ist zwar nicht gehalten, das Eigentum zu übertragen, steht aber dafür, daß der Käufer die Sache ungestört besitze (prästiert das habere licere) und hat daher für Entwährung (s. d.) einzustehen. Ist die Ware der Gattung nach bestimmt, so muß der Verkäufer im Zweifel Ware von mittlerer Güte liefern. Mängel, welche den Wert der Sache mindern, berechtigen den Käufer, binnen sechs Monaten mit der Wandlungsklage (actio redhibitoria) Aufhebung des Kaufs oder binnen Jahresfrist mit der Würderungsklage (actio aestimatoria s. quanti minoris) Minderung des Preises zu fordern.
Beim Viehhandel ist nach deutscher Rechtsbildung der Käufer in der Regel nur zur Wandlungsklage und zwar nur wegen bestimmter Haupt- oder Gewährsmängel (s. d.) berechtigt, aber auch noch dann, wenn die Mängel erst eine gewisse Zeit nach dem Kauf hervortreten. Der Käufer muß die Ware rechtzeitig in Empfang nehmen und haftet für den durch seinen Verzug verursachten Aufwand und Schaden; es wird in der Regel Zug um Zug gekauft, der Preis ist daher gleich nach Empfang der Ware zu zahlen und im Fall der Säumnis zu verzinsen (Barkauf, Kauf per contant); vor der Zahlung geht das Eigentum der in der Erwartung derselben übergebenen Ware nicht über.
Anders, wenn ausdrücklich Kredit gegeben oder dies nach der Natur des Geschäfts oder nach dem Gebrauch anzunehmen ist (Kreditkauf, Kauf auf Kredit, auf Borg, auf Zeit, auf Ziel). Kaufgeschäfte, welche beiderseits nicht sofort bei dem Abschluß, sondern erst eine bestimmte Zeit danach zu erfüllen sind, heißen Zeitgeschäfte (s. Börse, S. 236). Ist der Kaufpreis vor der Übergabe der Ware zu zahlen, so spricht man von einem Pränumerationskauf. Ohne besondere Verabredung besteht keine Verpflichtung zur Pränumeration, daher nach Entscheidungen des frühern Reichsoberhandelsgerichts der Verkäufer ohne besondere Vereinbarung auch nicht befugt ist, den Kaufpreis mittels Postnachnahme zu erheben.
Im Handel ist der Kauf das wichtigste Geschäft, und er hat daher eine besondere Ausbildung erfahren, so namentlich in dem allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuch (Buch III, Tit. II, Art. 337-359). Aus ¶
letzterm ist die Bestimmung hervorzuheben, daß, wenn der Käufer mit der Abnahme der Ware in Verzug ist, der Verkäufer sie auf dessen Kosten bei einem Dritten niederlegen oder nach vorgängiger Androhung öffentlich verkaufen lassen kann, wovon er aber den Käufer sofort benachrichtigen muß. Der Käufer muß die von einem andern Orte (Distanzhandel, im Gegensatz zum Platzhandel) übersandte Ware, soweit es nach dem ordentlichen Geschäftsgang thunlich ist, sofort besichtigen, auf ihre Empfangbarkeit prüfen und von gefundenen Mangeln unverzüglich, von solchen, welche bei sofortiger Untersuchung nicht erkennbar sind, wenigstens gleich nach der Entdeckung dem Verkäufer Anzeige machen und die Ware zur Disposition stellen; sonst gilt die Ware als genehmigt.
Übrigens können beide Teile die Feststellung des Zustandes einer bemängelten Ware durch richterlich ernannte Sachverständige fordern. Fehler, welche erst sechs Monate nach der Ablieferung entdeckt werden, oder deren Anzeige nicht binnen dieser Frist erfolgte, können nicht mehr geltend gemacht werden, und die Klagen aus Fehlern verjähren überhaupt in sechs Monaten von der Ablieferung an, während bei rechtzeitiger Benachrichtigung die Einreden daraus der Verjährung nicht unterworfen sind.
Ist der Käufer mit der Zahlung des Preises in Verzug, so kann der Verkäufer nach seiner Wahl Zahlung des Preises und Schadenersatz fordern, oder die Ware auf Rechnung des Käufers verkaufen und daneben Schadenersatz fordern, oder auch vom Kauf zurücktreten; ist der Verkäufer mit der Lieferung in Verzug, so kann der Käufer Erfüllung und daneben Schadenersatz oder statt der Erfüllung, unbeschadet des Anspruchs wegen erweislich höhern Schadens, den Unterschied zwischen dem Kaufpreis und dem Markt- oder Börsenpreis zur Zeit und am Orte der geschuldeten Lieferung als Schadenersatz fordern, oder den Handel aufheben.
Will der eine oder andre Teil hiernach vom Kauf zurücktreten, so muß er dies dem Gegner anzeigen und, wenn es die Umstände erlauben, noch eine entsprechende Frist zur Nachholung der Leistung gestatten. War aber die Zeit der Leistung fest bestimmt (s. Fixgeschäft im Artikel »Börse«, S. 237), so bedarf es dessen nicht; dagegen muß, wer auf der Erfüllung bestehen will, dem Gegner dies sofort anzeigen, widrigenfalls diese nicht gefordert werden kann. Der kaufmännischen Spekulation dienen besonders der Lieferungskauf von Waren und von Kreditpapieren, welche einen Marktpreis haben und die damit zusammenhängenden Differenz- u. Prämiengeschäfte (s. Börse, S. 237). Vgl.: Treitschke, Der Kaufkontrakt in besonderer Beziehung auf den Warenhandel (2. Aufl., Gera [* 7] 1865);
Hofmann, Über das Periculum beim Kauf (Wien [* 8] 1870);
Eck, Die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährung des Eigentums (Halle [* 9] 1874);
Bernhöft, Beitrag zur Lehre [* 10] vom Kauf (Jena [* 11] 1874);
Bechmann, Der Kauf nach gemeinem Recht (Erlang. 1876-84, 2 Tle.);
Gareis in Endemanns »Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts«, Bd. 2 (Leipz. 1884).