Kaufmännische
Fortbildun
gsschulen und
Kaufmännische Hochschulen, s. Handelsschulen.
Kaufmännische Fortbildungsschulen
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Kaufmännische
Fortbildun
gsschulen und
Kaufmännische Hochschulen, s. Handelsschulen.
Lehranstalten, welche jungen Leuten die für den kaufmännischen
Beruf nötige Vorbildung geben. Man
kann sie nach der Art ihrer Organisation und nach ihren Lehrzielen in höhere und niedere Handelsschulen teilen. Höhere Handelsschulen sind entweder
selbständige Fachschulen oder bloß Abteilungen andrer höherer Lehranstalten. Zur erstern Kategorie gehören z. B.
die öffentlichen Handelslehranstalten zu Leipzig,
[* 3] Dresden,
[* 4] Chemnitz,
[* 5] die Handelsakademien zu Prag,
[* 6] Wien
[* 7] etc., zur letztern die
Handelsabteilungen an Gymnasien, Real- und Industrieschulen, wie in Frankfurt
[* 8] a. M., München,
[* 9] Zittau
[* 10] etc. Ferner haben die höhern
Handelsschulen entweder mehr den Charakter einer Akademie (die älteste Anstalt dieser Art war die 1768 gegründete Hamburger
Handelsakademie, welche unter der Leitung des berühmten Direktors Büsch etwa 30 Jahre lang in Blüte
[* 11] stand) oder den einer
Mittelschule, je nachdem sie von den eintretenden Zöglingen ein höheres oder geringeres Maß allgemeiner Vorbildung verlangen.
Im erstern Fall erstreckt sich der Unterricht fast ausschließlich auf Fachwissenschaften, im letztern wird auch
der allgemeinen Weiterbildung im Lehrplan eine Stelle eingeräumt.
Die Dauer der Schulzeit bemißt sich dort in der Regel auf 1 Jahr, hier auf mindestens 2-3 Jahre, bei einer wöchentlichen
Stundenzahl von 30-36. Das Wesen einer höhern Handelsschule verdeutlicht am besten der Organisations- und Lektionsplan der
Leipziger öffentlichen Handelslehranstalt, welche auf Veranstaltung der Leipziger Kramerinnung durch Aug.
Schiebe 1831 gegründet wurde und vielen andern Handelsschulen zum Muster gedient hat. Die Mittelschule verlangt von den eintretenden Zöglingen,
welche das 14. Lebensjahr erreicht, das 16. nicht überschritten haben dürfen, die Bestehung einer Aufnahmeprüfung und
unterrichtet sie in drei Jahresklassen in deutscher, französischer und englischer Sprache,
[* 12] Mathematik,
kaufmännischem
Rechnen, Physik, mechanischer Technologie, Chemie, Warenkunde, Geographie, Geschichte, Handelswissenschaft, Handels- und
Wechselrecht, Kontorarbeiten, Korrespondenz, Buchhaltung, Volkswirtschaftslehre, Schönschreiben, Zeichnen und Turnen.
Fakultativ sind: italienische und spanische Sprache und Stenographie. Die Abgangsprüfung ist zugleich Prüfung für die Reife
zum einjährigen Militärdienst in der deutschen Armee. Die fachwissenschaftliche Abteilung der Schule,
welche erst in neuerer Zeit errichtet wurde, verlangt von den eintretenden Zöglingen bereits die Reife zum einjährigen Militärdienst
und unterrichtet sie in zwei Semestern ausschließlich in Fachwissenschaften für den kaufmännischen
Beruf. - Niedere Handelsschulen knüpfen
gewöhnlich die Fachbildung direkt an die Volksschule an, gehen in ihren Zielen nicht so weit wie die höhern
und haben nicht das Recht, Reifezeugnisse mit oben genannter Berechtigung auszustellen. Zu ihnen rechnen wir auch die Lehrlingsschulen,
welche Handlungslehrlingen
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in einer durch ihre Geschäftsthätigkeit beschränkten Zeit Gelegenheit zur theoretischen Fachbildung geben. Sie bestehen
entweder selbständig, oder sind mit höhern Handelsschulen verbunden. Bereits 1829 wurde die gegenwärtig noch bestehende
Lehrlingsunterrichtsanstalt der Innungshalle zu Gotha
[* 14] gegründet. In Sachsen
[* 15] sind diese Schulen sehr verbreitet. Die mit der
genannten öffentlichen Handelslehranstalt zu Leipzig verbundene Lehrlingsabteilung besteht aus drei Jahresklassen,
der Unterricht findet wöchentlich fünfmal früh von 7-9 Uhr
[* 16] statt und erstreckt sich auf deutsche, französische und englische Sprache,
kaufmännisches
Rechnen, Handelswissenschaft, Kontorarbeiten, Buchhaltung, Korrespondenz, Geographie und Schönschreiben. - Das
Handelsschulwesen ist am besten ausgebildet in Deutschland,
[* 17] hier speziell in Sachsen, und in der österreichisch-ungarischen
Monarchie.
Die Schulen sind meistens in der Hand
[* 18] von kaufmännischen
Korporationen oder in Privathänden mit oder ohne Unterstützung des
Staats, nur wenige sind reine Kommunalschulen. Von andern Ländern nennen wir noch die École supérieure de commerce in Paris,
[* 19] welche bereits 1820 gegründet wurde, die 1852 gegründete Handelsschule in Antwerpen,
[* 20] welche den Namen
l'Institut supérieur de commerce führt, die Openbare Handelsschool in Amsterdam,
[* 21] das Handelsgymnasium zu Christiania
[* 22] und
die russischen Handelsschulen, insbesondere die alte als Staatsanstalt in St. Petersburg
[* 23] bestehende Kommerzschule und die bereits 1810 gegründete
Moskauer Handelsakademie sowie die Warschauer Handelsschule. In den Vereinigten Staaten
[* 24] von Nordamerika
[* 25] gibt es
ebenfalls eine große Anzahl von Business oder Commercial Colleges für beide Geschlechter. Dagegen ist merkwürdigerweise
in England bisher das Handelsschulwesen vernachlässigt worden und findet erst jetzt eine gewisse Förderung.