Kauf
(lat. Emtio venditio, franz. Vente), der Vertrag, nach welchem der eine, der Verkäufer (venditor), eine Sache, die Ware (merx), dem andern, dem Käufer (emtor) überliefern und von diesem dagegen eine Geldsumme, den Preis (pretium), erhalten soll. Waren können nicht allein körperliche Sachen sein, sondern jedes andre Vermögensstück, wie Forderungen (s. Zession) und dingliche Rechte, eine Erbschaft und andre Vermögensmassen, nicht aber Gegenstände, welche dem Verkehr überhaupt entzogen sind.
Auch eine künftige und ihrer
Existenz nach ungewisse
Sache kann Gegenstand des Kaufs
sein
(Hoffnungskauf, emtio
spei), z. B.
der Kauf
einer Jagdausbeute. Davon ist der
Fall verschieden, daß eine künftige, der
Existenz nach gewisse, aber nach
Quantität
und
Qualität ungewisse
Sache, z. B. die
Frucht auf dem
Halm, gekauft
wird (emtio
rei speratae, Kauf der gehofften
Sache), oder daß eine künftighin erst anzufertigende oder eine von dem Verkäufer erst zu erwerbende
Sache den Gegenstand
des
Kaufvertrags bildet.
Die
Ware kann ferner individuell bestimmt (species) sein, z. B. wenn ich mir ein bestimmtes,
einzelnes
Exemplar eines
Buches kaufe
, weil sich in demselben eine mir wertvolle handschriftliche
Notiz
befindet; oder die
Ware ist nur nach
Gattung (genus) und nach Zahl,
Maß oder
Gewicht bestimmt, z. B. wenn ich mir schlechthin
ein
Exemplar des betreffenden
Buches bestelle (s.
Gattungskauf). Der
Preis (Kauf
preis,
Kaufgeld,
Kaufschilling) muß in einer bestimmten
Geldsumme bestehen, neben welcher indessen auch noch andre Leistungen verabredet werden können; er gilt
als genügend bestimmt, wenn seine
Höhe zwar noch nicht in
Zahlen ausgedrückt ist, aber sich doch dereinst nach der Abrede
bestimmen läßt, z. B. wenn nach dem
Marktpreis eines spätern
Tags gekauft
ist.
Erreicht der
Preis nicht die Hälfte des
Wertes der
Ware zur Zeit des Kaufs
(laesio enormis - ultra dimidium),
so kann nach gemeinem
Rechte der Verkäufer wegen
Verletzung über die Hälfte Aufhebung des
Handels fordern; ein
Grundsatz,
welcher auch auf den Käufer, der mehr als den doppelten
Wert der
Sache bezahlte
(Verletzung unter der Hälfte), ausgedehnt
worden ist. Bei gewagten
Geschäften, z. B. bei dem Kauf
einer
Leibrente oder Lebensversicherungspolice,
läßt sich dies nicht anwenden, da der Wert zum voraus sich nicht feststellen läßt. Bei
Handelsgeschäften fällt nach
dem deutschen
Handelsgesetzbuch (Art. 286) eine solche
Anfechtung überhaupt hinweg, ebenso ist die Anfechtbarkeit allgemein
ausgeschlossen in
Bayern
[* 3] und
Sachsen.
[* 4]
Nach preußischem
Landrecht begründet eine
Verletzung über die Hälfte nur die
Vermutung eines
Irrtums
auf seiten des Käufers, welche den
Vertrag aufzuheben geeignet ist. Diese
Vermutung schließt indessen den
Gegenbeweis durch
den Verkäufer nicht aus. Im französischen
Recht ist lediglich dem Verkäufer eines
Grundstücks, wenn er um mehr als 7/12
des
Preises verletzt ist, ein Anfechtungsrecht gegeben. Der Kauf
ist abgeschlossen, perfekt, sobald die
Parteien über
Ware und
Preis einig sind.
Perfekt ist auch der Kauf
nach Probe oder nach
Muster (à l'échantillon), wobei der Verkäufer nur durch Lieferung probemäßiger
Ware erfüllt, und der Kauf
zur Probe, wobei der Käufer den
Beweggrund angibt; bedingt ist dagegen der Kauf
auf
Probe (à l'essai) oder auf Besicht
(Besichtkauf), welcher erst mit der
Genehmigung der
Ware durch den Käufer perfekt wird.
Mit dem
Abschluß gehen
Gewinn und Verlust an der
Ware auf Rechnung des Käufers. Wird aber nach Zahl,
Maß oder
Gewicht verkauft
,
so daß zur Ermittelung des Gesamtpreises noch die Zählung oder sonstigen Messung der
Ware nötig wird,
so sind zwar beide Teile an den
Vertrag gebunden, die
Gefahr geht aber erst mit der Zählung oder Messung auf den Käufer über
(s.
Gefahr).
Der Verkäufer hat die
Ware vollständig und rechtzeitig zu übergeben, bis dahin aber sorgfältig zu
verwahren; er ist zwar nicht gehalten, das
Eigentum zu
übertragen, steht aber dafür, daß der Käufer die
Sache ungestört
besitze (prästiert das habere licere) und hat daher für
Entwährung (s. d.) einzustehen. Ist die
Ware der
Gattung nach bestimmt,
so muß der Verkäufer im
Zweifel
Ware von mittlerer
Güte liefern. Mängel, welche den
Wert der
Sache mindern,
berechtigen den Käufer, binnen sechs
Monaten mit der Wandlungsklage (actio redhibitoria) Aufhebung des Kaufs
oder binnen
Jahresfrist mit der Würderungsklage (actio aestimatoria s. quanti minoris) Minderung des
Preises zu fordern.
Beim
Viehhandel ist nach deutscher Rechtsbildung der Käufer in der
Regel nur zur Wandlungsklage und zwar
nur wegen bestimmter
Haupt- oder
Gewährsmängel (s. d.) berechtigt, aber auch noch dann, wenn die Mängel
erst eine gewisse Zeit nach dem Kauf
hervortreten. Der Käufer muß die
Ware rechtzeitig in Empfang nehmen und haftet für den
durch seinen
Verzug verursachten Aufwand und
Schaden; es wird in der
Regel
Zug um Zug gekauft, der
Preis ist
daher gleich nach Empfang der
Ware zu zahlen und
im Fall der Säumnis zu verzinsen (Barkauf, Kauf per contant);
vor der
Zahlung
geht das
Eigentum der in der Erwartung derselben übergebenen
Ware nicht über.
Anders, wenn ausdrücklich Kredit gegeben oder dies nach der Natur des Geschäfts oder nach dem Gebrauch anzunehmen ist (Kreditkauf, Kauf auf Kredit, auf Borg, auf Zeit, auf Ziel). Kaufgeschäfte, welche beiderseits nicht sofort bei dem Abschluß, sondern erst eine bestimmte Zeit danach zu erfüllen sind, heißen Zeitgeschäfte (s. Börse, S. 236). Ist der Kaufpreis vor der Übergabe der Ware zu zahlen, so spricht man von einem Pränumerationskauf. Ohne besondere Verabredung besteht keine Verpflichtung zur Pränumeration, daher nach Entscheidungen des frühern Reichsoberhandelsgerichts der Verkäufer ohne besondere Vereinbarung auch nicht befugt ist, den Kaufpreis mittels Postnachnahme zu erheben.
Im Handel ist der Kauf das wichtigste Geschäft, und er hat daher eine besondere Ausbildung erfahren, so namentlich in dem allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuch (Buch III, Tit. II, Art. 337-359). Aus ¶
mehr
letzterm ist die Bestimmung hervorzuheben, daß, wenn der Käufer mit der Abnahme der Ware in Verzug ist, der Verkäufer sie auf dessen Kosten bei einem Dritten niederlegen oder nach vorgängiger Androhung öffentlich verkaufen lassen kann, wovon er aber den Käufer sofort benachrichtigen muß. Der Käufer muß die von einem andern Orte (Distanzhandel, im Gegensatz zum Platzhandel) übersandte Ware, soweit es nach dem ordentlichen Geschäftsgang thunlich ist, sofort besichtigen, auf ihre Empfangbarkeit prüfen und von gefundenen Mangeln unverzüglich, von solchen, welche bei sofortiger Untersuchung nicht erkennbar sind, wenigstens gleich nach der Entdeckung dem Verkäufer Anzeige machen und die Ware zur Disposition stellen; sonst gilt die Ware als genehmigt.
Übrigens können beide Teile die Feststellung des Zustandes einer bemängelten Ware durch richterlich ernannte Sachverständige fordern. Fehler, welche erst sechs Monate nach der Ablieferung entdeckt werden, oder deren Anzeige nicht binnen dieser Frist erfolgte, können nicht mehr geltend gemacht werden, und die Klagen aus Fehlern verjähren überhaupt in sechs Monaten von der Ablieferung an, während bei rechtzeitiger Benachrichtigung die Einreden daraus der Verjährung nicht unterworfen sind.
Ist der Käufer mit der Zahlung des Preises in Verzug, so kann der Verkäufer nach seiner Wahl Zahlung des Preises und Schadenersatz fordern, oder die Ware auf Rechnung des Käufers verkaufen und daneben Schadenersatz fordern, oder auch vom Kauf zurücktreten; ist der Verkäufer mit der Lieferung in Verzug, so kann der Käufer Erfüllung und daneben Schadenersatz oder statt der Erfüllung, unbeschadet des Anspruchs wegen erweislich höhern Schadens, den Unterschied zwischen dem Kaufpreis und dem Markt- oder Börsenpreis zur Zeit und am Orte der geschuldeten Lieferung als Schadenersatz fordern, oder den Handel aufheben.
Will der eine oder andre Teil hiernach vom Kauf zurücktreten, so muß er dies dem Gegner anzeigen und, wenn es die Umstände erlauben, noch eine entsprechende Frist zur Nachholung der Leistung gestatten. War aber die Zeit der Leistung fest bestimmt (s. Fixgeschäft im Artikel »Börse«, S. 237), so bedarf es dessen nicht; dagegen muß, wer auf der Erfüllung bestehen will, dem Gegner dies sofort anzeigen, widrigenfalls diese nicht gefordert werden kann. Der kaufmännischen Spekulation dienen besonders der Lieferungskauf von Waren und von Kreditpapieren, welche einen Marktpreis haben und die damit zusammenhängenden Differenz- u. Prämiengeschäfte (s. Börse, S. 237). Vgl.: Treitschke, Der Kaufkontrakt in besonderer Beziehung auf den Warenhandel (2. Aufl., Gera [* 6] 1865);
Hofmann, Über das Periculum beim Kauf (Wien [* 7] 1870);
Eck, Die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährung des Eigentums (Halle [* 8] 1874);
Bernhöft, Beitrag zur Lehre [* 9] vom Kauf (Jena [* 10] 1874);
Bechmann, Der Kauf nach gemeinem Recht (Erlang. 1876-84, 2 Tle.);
Gareis in Endemanns »Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts«, Bd. 2 (Leipz. 1884).