Kaste
(v. portug. casta, »Geschlecht«, Übersetzung des ind. dschâti, »Stand«),
zuerst gebraucht von den Eroberern
Ostindiens unter
Albuquerque, dann in
Europa
[* 3] angenommen zur Bezeichnung einer Gesellschaftsschicht, die sich streng durch
Sitte
und
Gesetz von jeder andern abgesondert hält, ohne daß eine nähere Berührung, Vermischung oder ein
Aufsteigen aus den niedern in die höhern gestattet wäre. Da nach dieser Gesellschaftsordnung die
Kinder unabänderlich in der
mütterlichen Kaste
verbleiben, so ist der individuellen
Entwickelung hierbei schon durch die
Geburt eine unübersteigliche
Schranke
gezogen.
Das Kaste
nsystem, wie es heutzutage noch in einzelnen Teilen
Indiens und
Polynesiens zu
Recht besteht, ging
ursprünglich, wie man annimmt, überall aus kriegerischen Umwälzungen in den betreffenden
Ländern hervor, indem sich die
siegreiche
Partei zur herrschenden Kaste
aufwarf und die bisherigen Bewohner des
Landes zu Untergebenen, Besitzlosen und Leibeignen
machte. Wiederholte
Eroberungen desselben
Landes führten dann zur
Bildung weiterer
Kasten, denen durch eine
tyrannische Staatsordnung verschiedene Berufsarten zugewiesen wurden.
Hiernach wird naturgemäß die Kriegerkaste
, denen der Herrscher und der
Adel zugehörten, ursprünglich zumeist den obersten
Rang eingenommen haben, denen die
Kasten der
Gelehrten,
Priester, Kaufleute, Gewerbtreibenden und
Handarbeiter untergeordnet waren;
aber in solchen
Fällen, wo der erobernde
Staat eine hierokratische
Verfassung besaß, wie z. B. im alten
Ägypten
[* 4] (s. d.), nahm die Priesterkaste
den obersten
Rang ein, und ihr gehörte der Landesherrscher an. Befand sich im Gegenteil
der unterworfene Teil im
Besitz einer höhern
Bildung, die der
Sieger annahm, so mußten
Gelehrten- und Priestertum sich mit
einer tiefern
Stufe begnügen, wie die Raatiras auf
Tahiti,
[* 5] welche von der herrschenden Kaste
der Arii überragt
werden, obwohl sie sich der Abstammung von den
Göttern und ihres
Umgangs rühmen. Die besitzlose unterste Kaste
, z. B. die
Parias
(s. d.) der
Inder, stand den Sklaven nicht viel nach, und ihre bloße Berührung galt den höhern
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Kasten bereits als verunreinigend. Infolge der durch Jahrtausende fortgesetzten Abschließung sollen in manchen Fällen innerhalb der einzelnen Kasten ethnologische Merkmale, Rasseneigentümlichkeiten u. dgl. bewahrt worden sein, so daß die Angehörigen derselben beinahe an die körperlich verschiedenen Kasten gesellig lebender Insekten [* 7] (Ameisen und Termiten) [* 8] erinnern, deren Zahl mitunter auf 5-10 (Königinnen, Krieger, Arbeiter, Aufseher, Männchen etc.) steigt. Die strengen Abschließungsverhältnisse ehemaliger Kasten haben sich in den Kulturländern meist bis zum Verschwinden gemildert, obwohl in Erbständen u. Adelsvorrechten noch ein Nachklang jener alten Staatseinrichtungen gefunden werden kann. Über Einzelheiten s. Ägypten, Ostindien [* 9] etc.