bei
Entscheidungen und Bestimmungen versteht man unter
Kassation die Aufhebung derselben, welche eintritt, wenn wesentliche
Formen dabei verletzt wurden, oder wenn der
Inhalt bestehenden
Gesetzen zuwider ist, besonders wenn eine Amtsbehörde den
Kreis
[* 4] ihrer Amtsgeschäfte überschritten hat;
so können ein
Vertrag,
Testament, eine
Ehe, ein
Privilegium, die
Verhandlungen einer Behörde, ein gerichtliches
Verfahren, ein Richterspruch kassiert,
d. h. für unwirksam, für null und nichtig erklärt, werden.
Insbesondere spricht man von der Kassation eines
gerichtlichen
Urteils, wenn dasselbe von dem zuständigen
Obergericht aus Rechtsgründen für nichtig erklärt (vernichtet,
kassiert) wird. Vgl.
Revision. - In der
Musik wurde Kassation (ital. cassazione) im 18. Jahrh.
ein zur Aufführung im
Freien, besonders als Abendmusik oder
Ständchen, bestimmtes mehrsätziges Tonstück
für mehrere
Instrumente genannt (vgl.
Serenade).
Nichtigkeitserklärung eines Gerichtsurteils durch höhere Instanz im Falle von unterlaufenen
formalen Mängeln oder falschen Deutungen der bestehenden Gesetze.
(vom mittellat. cassare, ungültig machen), im allgemeinen
die Entscheidung, daß ein Rechtsakt ungültig sei. Im franz. Prozeßrecht insbesondere bedeutet
Kassation die Vernichtung eines in letzter Instanz gesprochenen Urteils wegen einer Verletzung des Gesetzes, die begangen ist, sei
es in dem Verfahren, sei es in der Entscheidung der Sache selbst. Der Kassationsrekurs, pourvoien cassation,
charakterisiert sich als Rechtsmittel zur Wahrung des Gesetzes. Er steht den Parteien und der Staatsanwaltschaft zu; der von
dieser eingelegte Rekurs hat aber für die Parteien keine Wirkung.
Über den Kassationsrekurs entscheidet der Kassationsgerichtshof, cour de cassation; durch ihn soll die Einheit der Rechtsprechung
erhalten werden. Er spricht aber den Parteien nicht selber Recht; wenn er das Urteil vernichtet, so überweist
er die Sache zur Entscheidung einem andern Gericht. Dieses ist an die Rechtsauffassung des Kassationshofs nicht gebunden.
Wird aber das Urteil auch dieses Gerichts aus dem gleichen Grunde kassiert, so ist nach einem franz. Gesetz vom das
Gericht, an welches jetzt die Sache verwiesen wird, verpflichtet, seiner Entscheidung den Rechtssatz zu Grundezu legen, welchen
der Kassationshof (in der Vereinigung aller seiner Kammern) ausgesprochen hat.
Der Kassationsgerichtshof zu Paris
[* 6] ist eingesetzt worden durch Dekret vom an Stelle des frühern conseil duroi.
Er ist in drei Kammern gegliedert, in die chambre de requêtes, welche über die Zulässigkeit des Rekurses in Civilsachen,
in die chambre de cassation civile, welche über den zugelassenen Rekurs in Civilsachen, und in die chambre de cassationcriminelle, welche über den Rekurs in Strafsachen entscheidet. Mit dem franz. Prozeßrecht
hatte das Institut der Kassation auch in deutschen Staaten Geltung, in welchen demgemäß auch Kassationshöfe bestanden (in Preußen,
[* 7] in Bayern,
[* 8] in Hessen);
[* 9] im Umfange seiner Kompetenz war das Reichs-OberhandelsgerichtKassationshof für die betreffenden Teile
des Reichs, auch für Elsaß-Lothringen.
[* 10]
Jetzt ist im DeutschenReiche durch die Civil- und Strafprozeßordnung das Institut der Kassation beseitigt; die
Revision (s. d.) ist ein von dem Kassationsrekurs wesentlich verschiedenes Rechtsmittel.
In Österreich
[* 11] entscheidet der oberste Gerichtshof «als Kassationshof»
über alle in der Strafprozeßordnung für zulässig erklärten Nichtigkeitsbeschwerden (s. d.).
– Über die Vernichtung von Erfindungspatenten s. Patent. – Unter Kassation einer Urkunde versteht man eine Handlung,
durch welche ausgedrückt werden soll, daß die Urkunde ohne Kraft
[* 12] sei (wie Zerschneiden, Durchstreichen). – Mit Kassation eines
Beamten oder Offiziers pflegt man die härteste Art der Dienstentlassung zu bezeichnen.
Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.
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