Kaserne
(vom ital. und span. casa, Haus), ein zur dauernden Unterbringung von Truppen bestimmtes Gebäude. Die Kasernierung des Militärs bildet den Gegensatz zur Einquartierung (s. d.) und wird bei stehenden Heeren mehr oder weniger zur Notwendigkeit. Schon zur röm. Kaiserzeit wurden Kaserne errichtet für die Prätorianer; die eigentliche Geschichte des Kasernenbaues aber beginnt mit der Errichtung stehender Heere durch Ludwig XIV. Die frühesten neuern Kaserne entstanden gegen Ende des 17. Jahrh. in Frankreich nach Entwürfen Vaubans.
Die Zusammenlegung der Truppen in Kaserne vereinfacht im Gegensatz zu ihrer Unterbringung in Bürgerquartieren den Dienstbetrieb, erleichtert die Überwachung der Truppen, fördert die Erhaltung der Disciplin sowie die Kameradschaft, bei zweckmäßiger Anlage auch die Gesundheitspflege und befreit die Bürger von der Last der Einquartierung. Die Vorteile, welche die Kaserne nach beiden Richtungen, für die Truppen wie für die in Frage kommende Bevölkerung bringen, sind so augenfällig, daß in allen größern Staaten, besonders auch im Deutschen Reiche, die vollständige Durchführung der Kasernierung auf der Tagesordnung steht. In England, wo für die Bevölkerung keine Verpflichtung zur Aufnahme von Einquartierung besteht, ist die Kasernierung seit lange allgemein. – Die Besatzung der
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forlaufend
215 Festungen muß im Kriege gegen das feindliche bände sich wesentlich bloß in einer Längsrichtung Feuer gesichert untergebracht werden, weshalb die Festungswerke mit zahlreichen zur Aufnahme von Truppen geeigneten kasemattiertenRäumen versehen sind, die häufig auch schon im Frieden als Kaserne bcnntzt werden. In ältern Festungen finden sich vielfack Defensivkasernen, die einesteils zur gesicherten Unterbringung von Truppen im Kriege dienen, andernteils auch verteidigungsfähig eingerichtet sind und durch ihre Lage als Abschnitte benntzt wer- den können.
Dnrch den wirksamen indirekten ^chuh der gezogenen Geschütze sind solche Bauten aber heute zu sehr gefährdet, als daß die Einrichtnng zur Verteidigung noch ferner beibehalten werden könnte. Für die Art der Anlage von Kaserne ist die Rücksicbt auf dienstliche Bedürfnisse sowie anf die Gcsnndhcit erstreckt und nnr kurze senkrecht zum Hauptgebäude stehende Flügel hat. Auch zu letzterm System gehört der Seitenkorridor, wenigstens im Hanptgeba'ude, während in den Seitenflügeln wegen ihrer Kürze behufs besserer Raumausnutznng ein Mittelkorridor gestattet wird.
Dem Linearsystem, welches in ge- sundheitlicher Hinsicht allen andern Typen des Cen- tralisationssystems vorzuziehen ist und eine Facaden- entwictlnng begünstigt, gehören weitaus die meisten seit der Mitte des 19. Jahrh, bis znm Ende der acht- ziger Jahre in Deutschland erbauten Kaserne an. Znr Anlage dccentralisierter Kaserne entschloß man sich zuerst in England nach dem Krimkriege, also knrz nach der Mitte des 19. Jahrh. Die engl. Pavillonkasernen bestehen aus einer Anzahl der Truppen maßgebend.
Die neuern Wandlnngen ! von Wobn- und Wirtschafts- u. s. w. Gebäuden. im Kascrnenbau wurden vorzugsweise durch die Gesundheitslehre beeinflußt und lebncn sich eng an diejenigen des Bancs von Krankenhäusern an. Wie bei letztern hat man auch bei Kaserne das ältere Centralisationssystem und das ncnerc De- cent r a l i s a t i o n s s y st e m zu unterscheiden. Znm Begriff des erstern gehört:
1) die Vereiniguug einer großen Zahl von Mannschaften (Bataillon, Regi- ment) unter einem Dach;
2) die Unterbringung nicht nnr der Mannfchaftswohnzimmer, sondern anch aller sonstigen zu einer Kascrnenanlage gehörigen Räume «Küchen, Vorratskammern, Kantinen, Montierungs- lammern, Vnreaus, Werkstätten, Wobnnngen für Offiziere, Beamte und verheiratete Unteroffiziere, Revierkrankenstnben, Wachen u. s. w.) in einem einzigen Gebäude. Zum Begriff der deecntralisier- ten Kaserne gehört: 1) die Verteiluug der Maunschaften auf mehrere kleine Gebäude; 2) die bauliche Trennnng aller oben angedeuteten Verwaltungs-, Wirtschasts- und fonstigcn Rännie von den Wohngebändcn der Mannschaften. Unter den centralisierten Kaserne sind diejenigen besonders ungünstig, bei denen (nach dem Vorbilde der spätern Vaubanschen Kaserne) ein bohes Gebäude einen kleinen Hof festungsartig umschließt, weil eine solche Bauart die gerade bei einem Massenqnartier überaus wichtige Durchleuchtung und Durchlüftung der Zimmer unmöglich macht. Ein großer Fortscbrin war es daher fcbon, als man durch Freilassen einer Seite oder der Ecken zu einer mebr offenen Bauart überging. Anch die innere Raumcinteilung ist wicb- tig. Bei dem ursprünglichen Vandanschen Grundriß setzte sich das gesamte Gcba'nde aus einer Anzabl durch starke Zwischenwände voneinander getrennter Blocks zusammen. Jeder Block enthält ein Treppen- baus und zu jeder Seite desselben ein bis zwei un- mittelbar von der Treppe ans zugängigc Zimmer. Der Wunsch nach Verminderung der Treppenhäuser, welche den Bau beträchtlich verteuern, führte zu dem Korridorsystem, bei welchem sämtliche Zimmer eines Stockwerks sich nach einem, das ganze Ge- bäude in der Mitte oder an einer Seite dnrcbsetzen- den Gange (Korridor) öffnen. Allseitig verurteilt ist in neuerer Zeit der notwendig dunkle und nn- genügend lüftungsfähige Mittelkorridor. Besondere Unterabteilungen des viel bessern Systems mit ^ei- tcntorridor sind: 1) das dem antiken Wobnbanfe nachgebildete fpanische System, bei dem in der einen geschlossenen Hof umgebenden Kaserne an der Hof- seite ein geschlossener, mit Fenstern versebcner Kor^ ridor ringsum laust- 2) das i^incarsystem, bei dem das an einer Seite des Hofes errichtete Ge- Jedes der erstern besitzt außer einem Erdgeschoß nur e i u Obergeschoß und beherbergt nur rund 1l_»l) Mann.
Meist sind je 21 Mann in einem Zimmer vereinigt, welches die ganze Breite des Gebäudes einnimmt. Letzterer Umstand ermöglicht die Anlage gegenüber- liegender Fenster an den Längsseiten und dadurch eine ausgiebige Lüftnng, während bei jedem Korri- dorfystem Fenster nur an einer Zimmerseite, und ;war meist an der Schmalseite, angebracht werden können. Außerhalb Euglands sind ähnliche Kaserne je- doch bisher nur in den Vereinigten Staaten von Amerika errichtet worden.
Hingegen ist man in curop. Staaten neuerdings vielfach zum Baracken- fyftem gen, bei Kasernenanlagen jedoch meist nnr da, wo es sich um zeitweilige Unterbringung von Truppen handelte: es bestehen aber anch Varackenkaserne- ments zur dauernden Unterkunft. Dahin gehören insbefondere die an mehrern Orten Südfrankreichs errichteten Barackenkasernen nach dem T olletschen System, bei dem neben noch weiter gebender De- centralisierung als in den englischen Kaserne die Rücksicht anf Infektionsverhütung durch Verminderung des Materials überbauvt und Vermeidung von in- fektionsfäbigcm Material maßgebend ift.
Die Bau- art (Spitzbogen) soll bei größtmöglichster Nanmaus- nutzung alle Ecken und Winkel ausschließen, in denen die Luft stagnieren und Scbmutz sich ansammeln kann, und die fast ausschließliche Verwendnng von Cement und Eisen eine sehr gründliche Desinfektion gestatteil. Das in seiner ursprünglichen Form auf ein mildes Klima berechnete Tolletsche System ist durch die österr. Ingenieure Gruber und Voelkner durch Verwandlung des Spitzbogens in einen Rund- dogen und dadnrch ermöglichter Einfügung von rnbenden Lnftscbichten in die Wände und Decken unter Beibehaltnng der wesentlichen Gesichtspunkte in der Art verändert worden, daß es anch in kälterm Klima benutzt werden kann. Im Deutschen Reiche ist man in neuester Zeit grundsätzlich zum Decentrali- sationssystem übergegangen, ohne jedoch in der Ier- strennng der Mannschaften so weit zu gehen wie bei dem engliscben und dem Tolletschen System, auch obne grundsätzliche Verwendung von Baracken oder Pavillons. Vielmebr werden in den neuesten deut- schen Kaserne mit Vorliebe je zwei Compagnien (rund WO Mann) in einem mehrgeschossigen Gebäude, ohne Flügel, mit Seitenkorridor,, die Wirtschafts- und sonstigen Räume aber in besondern Gebäuden untergebracht. Die großartigste derartige Anlage ist die im Sommer 18W vom 4. Garderegiment zu Fuß bezogene in Berlin-Moabit. Die Kosten Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C auszusuchen.