Kartonstich,
s. Kupferstecherkunst.
3 Wörter, 36 Zeichen
s. Kupferstecherkunst.
(Chalkographie), die Kunst, durch Eingravieren einer Zeichnung in eine Kupfertafel eine Druckplatte herzustellen, welche, in den vertieften Stellen mit Druckerschwärze eingerieben und auf der Kupferdruckpresse (s. unten, S. 330) gedruckt, ein Abbild der Zeichnung gibt. Es gibt verschiedene Manieren des Kupferstichs (s. unten), d. h. der Herstellung der Kupferstichplatte; im Prinzip des Druckverfahrens stimmen sie jedoch unter sich und mit dem sogen. Stahlstich (s. d.) darin überein, daß sie, im Gegensatz zum Holzschnitt, die Zeichnung vertieft in die Platte bringen und infolgedessen beim Druck nicht die erhabenen Stellen auf das Papier abgedruckt, sondern dieses in die allein mit Farbe ausgefüllten vertieften Stellen eingedrückt wird. Dies dem Prinzip der Buchdruckpresse entgegengesetzte Druckverfahren des Kupferstichs läßt die eigentliche Verwendung desselben als Illustrationsmittel nicht zu, weil eine Kupferstichplatte nicht zugleich mit dem Text gedruckt werden kann. Doch spielt der Kupferstich und die als Ersatz desselben dienende Heliogravüre (s. d.) jetzt auch in der Buchillustration eine Rolle, indem man den Text besonders druckt und in die frei gebliebenen Stellen die in Kupfer gestochenen oder heliographisch auf Kupferplatten hergestellten Illustrationen nachträglich hineindruckt. Wichtig für den Stich sowohl als für den Druck ist die Reinheit und gleichmäßige Textur der Kupferplatte. Die Platten werden gewalzt und gehämmert oder auch auf galvanoplastischem Weg erzeugt. Letztere geben die gleichmäßigste Textur, weil sich die Metallatome auf chemischem Weg kontinuierlich miteinander zu einer Masse verbinden. Ungleichmäßige Festigkeit des Metalls, sogen. schieferige oder poröse Stellen
machen die Arbeit sehr schwierig, weil sie dem Stichel weniger Widerstand leisten und nachgeben. Nach der ersten Herstellung der Platte durch Walzen und Schmieden wird die für den Stich bestimmte Seite auf dem Stein geschliffen und durch feinern Nachschliff mit Lindenkohle geglättet und poliert, so daß sie eine spiegelglatte, ebene Fläche darbietet.
Die zahlreichen Manieren des Kupferstichs, von denen nicht selten mehrere auf derselben Platte zur Anwendung kommen, lassen sich dem Prinzip des Verfahrens nach auf dreierlei Arten zurückführen: die Linienmanier, die geschabte Manier und die Radiermanier. In der Linienmanier, der ältesten Art, wird der Kupferstich, d. h. die Bearbeitung der Platte mit dem Grabstichel (s. d.), vorzugsweise in Anwendung gebracht. Bevor jedoch der Grabstichel sein Werk beginnt, sind noch einige vorbereitende Arbeiten, welche übrigens auch bei den andern Manieren vorkommen, erforderlich, namentlich das Aufpausen der Zeichnung auf die Platte. Zu diesem Zweck wird die Platte mit einem dünnen Ätzgrund überzogen, indem man sie erwärmt und darauf eine Mischung von Mastix und Pech oder Mastix, Asphalt, Wachs und Schellack so zergehen läßt, daß sie eine dünne schwarze Schicht auf der Fläche bildet. Nun wird von der ausgeführten Zeichnung, um sie zu schonen, eine Durchzeichnung auf Öl- oder Glaspapier genommen, ein mit Rotsteinstaub angewischtes Papier mit der gefärbten Seite auf die Platte und darauf wieder die Durchzeichnung, und zwar mit der gezeichneten Seite nach unten, gelegt und dann mit einem stumpfen Stifte die Umrisse der durch das Pauspapier durchscheinenden Zeichnung nachgezogen. Hierdurch druckt sich mittels des Rotsteinstaubs die Zeichnung auf dem schwarzen Ätzgrund der Platte ab und kann nun mittels der Radiernadel entweder in die Platte selbst, so daß sie auch nach Abnahme des Ätzgrundes noch sichtbar bleibt, eingeritzt, oder radiert und geätzt werden (s. unten). Nachdem dies geschehen, wird der Ätzgrund durch Erwärmung oder mittels Terpentins aufgelöst und abgewaschen. Jetzt beginnt das eigentliche Stechen, indem der Kupferstecher vermittelst des Grabstichels, der eine dreieckig schräg abgeschliffene Spitze hat, die Schatten und Lichter der Zeichnung sowie die Schwingung der plastischen Formen der Figuren durch ein System von geraden und geschwungenen, teils parallelen, teils sich kreuzenden, stärkern und schwächern Lineamenten wiederzugeben versucht. Eine genaue Kenntnis der Schraffierungen, wie diese Lineamente genannt werden, in Rücksicht auf ihre plastische Wirkung, welche wiederum auf einem genauen Studium der Formen selbst, namentlich bei Figuren, Köpfen und einzelnen Gliedern des Körpers, basiert, ist für den Linienstecher eine unumgängliche Bedingung. Da der Linienstich in seiner Verfahrungsweise nicht sowohl eine Kopie der Zeichnung ist als vielmehr die Übertragung derselben in das selbständige System eines Lineamentennetzes, so ist die Thätigkeit des Stechers bei dieser Manier eine freiere und deshalb künstlerisch höher stehende als bei den andern Manieren. Noch ist technisch zu bemerken, daß der beim Stechen, namentlich bei tiefen Schnitten, entstehende Grat oder die Barbe, wie man die etwas erhöhte zackige Kante des Schnittes nennt, mit dem Schabeisen fortgenommen werden muß. Zu gewissen parallelen, geraden oder geschwungenen Lineamenten, namentlich in den Lufthintergründen, Meeresflächen etc., bedient man sich auch wohl der Parallelmaschine, jedoch seltener beim Kupferstich als beim Stahlstich. Korrekturen bei falschen Schnitten werden durch Zudrücken der Vertiefung vermittelst des Polierstahls bewirkt. Während der Linienstich bei Anwendung aller ihm zu Gebote stehenden Mittel auch die Wiedergabe der farbigen Wirkung seiner Vorlage, namentlich bei Gemälden, anstrebt, beschränkt sich der Kartonstich, gewissermaßen eine Vorstufe des Linienstichs, auf die Angabe der äußern und innern Linien sowie der zur Modellierung notwendigsten Schatten. Man benutzt den Kartonstich meist zur Wiedergabe von Zeichnungen. Verzichtet man gänzlich auf Schattenangaben, so heißt diese Art des Stiches, die namentlich bei Illustrationen von kunstgeschichtlichen und andern wissenschaftlichen Werken angewendet wird, Kontur- oder Umrißstich.
Die geschabte Manier (Schwarzkunst, mezzo tinto) wird selten auf Kupfer, sondern meist auf Stahl, seiner Härte wegen, ausgeführt. Hier wird die ganze Platte, nachdem zuerst die Zeichnung aufgepaust und radiert ist, rauh gemacht, also in lauter Schatten verwandelt und dann die Lichter durch Schaben mit dem Schabeisen und durch Polieren mit dem Polierstahl herausgebracht. Durch dieses System entsteht eine der Kreidezeichnung ähnliche Wirkung der Platte, welcher jedoch von tüchtigen Stechern eine ziemlich ausgeführte Unterradierung zu Grunde gelegt wird, welche dem Ganzen Kraft und höhere künstlerische Schönheit verleiht. Diese Unterradierung beschränkt sich nicht auf die Umrisse, sondern bedeckt, wie bei der Linienmanier, die ganze Platte, indem sie die Zeichnung bereits, mit Ausnahme der vollen, malerischen Wirkung, in allen Details wiedergibt, ausgenommen etwa in denjenigen Stellen, welche, wie bei gewissen weichen Stoffen (Samt, Atlas etc.), des Natureffekts wegen absichtlich nur geschabt werden sollen. Auch wird häufig die Unterradierung in den starken Kreuzlagen oder, wo die Ätzung nicht tief genug gegangen, noch mit dem Grabstichel nachgearbeitet. Die Schabkunst wurde in den 40er Jahren des 17. Jahrh. durch den hessischen Oberstleutnant L. v. Siegen erfunden. Prinz Ruprecht von der Pfalz lernte sie durch ihn und führte sie in England ein, wo dann namentlich im 18. Jahrh. eine Unmasse Blätter der Art, zumeist fabrikmäßig, produziert wurde, besonders Blätter nach Rembrandt. Gegenwärtig wird die Schwarzkunst nur noch in Verbindung mit Radiermanier angewendet.
Die Radiermanier (Ätzkunst), welche als Vorarbeit schon bei der Linienmanier und der Schabkunst in Anwendung kommt, nimmt in künstlerischer Beziehung, wenn der Stecher sich zur Herstellung der Zeichnung auf sie beschränkt, eine eigentümliche Stellung ein, indem die meisten radierten Blätter ursprünglich nicht von Kupferstechern von Fach und nicht nach Zeichnungsvorlagen, sondern als Originalkompositionen von Meistern der bildenden Künste gefertigt werden (peintres-graveurs). Dergleichen Radierungen sind von den berühmtesten Künstlern, wie Dürer, Rembrandt, A. van Dyck, Waterloo, Ostade, Paul Potter, Callot, Hogarth, auch von Bildhauern, wie Schadow etc., bekannt und sehr geschätzt. Diese eigentümliche Stellung der Radierung gründet sich auf ihre technische Manier, welche in der Leichtigkeit und Freiheit der Stiftführung ganz der Methode der freien Handzeichnung ähnlich ist. Die zu radierende Platte wird zuerst mit schwarzem Ätzgrund überzogen und darauf die Zeichnung (falls eine solche als Vorlage vorhanden ist, wie beim eigentlichen Kupferstich) aufgepaust (s. oben). Demnächst wird die Zeichnung (Komposition) mit der Radiernadel, einem runden,
zugespitzten Stahlstift, welcher die Form einer Bleifeder hat, in ganz freier Handzeichnungsmanier ausgeführt, indem nur der dünne Ätzgrund eingeritzt wird, so daß nach Vollendung der Zeichnung diese den roten Kupfergrund bloßlegt und also sich in roten Strichen auf schwarzem Grunde darstellt. Dann wird die ganze Platte mit einem festen Wachsrand umgeben und das Ätzwasser (verdünnte Schwefelsäure, Salzsäure oder Eisenchlorid) auf die Platte gegossen, welches sich nun an den bloßgelegten Stellen in das Kupfer einfrißt und also die Zeichnung vertieft. Sind die leichtesten, zartesten Stellen der Zeichnung hinlänglich geätzt, so wild das Ätzwasser abgegossen, die Platte mit Wasser abgespült und diese Stellen gedeckt, d. h. vermittelst des Pinsels mit durch Terpentin aufgelöstem Deckfirnis überstrichen, damit sie bei fernerer Ätzung nicht weiter vertieft werden. In dieser Weise fährt man fort, zu ätzen und zu decken, bis man auf die am meisten zu vertiefenden Stellen gekommen ist. Schließlich wird der ganze Ätzgrund abgewaschen und, wenn es nötig ist, hier und da mit der kalten Nadel oder mit dem Stichel nachgearbeitet. Die Radiermanier ging durch die Harnischmacher auf Dürer über, der jedoch nur wenige Blätter lieferte (auf Eisen, vgl. Eisenstich). Seitdem datiert ihre große Verbreitung. In unsrer Zeit hat die Radierung besonders in Frankreich, England und Deutschland einen neuen Aufschwung genommen. Sie wird sowohl von Malern betrieben, welche ihre Zeichnungen selbst radieren (Malerradierer, Peintres-graveurs), als auch als selbständige Kunst von Radierern im engern Sinn, welche alte und moderne Gemälde mit Rücksicht auf ihre malerische Wirkung reproduzieren (s. Radierung).
Alle andern Manieren sind Abarten der drei hier beschriebenen oder eine Verbindung derselben. Zu nennen sind folgende: die Aquatinta- oder Tuschmanier, die auf dem Prinzip des Ätzens beruht. Die Platte wird nämlich, nachdem die Umrisse der Zeichnung leicht geätzt sind, mit Kolophoniumpulver besiebt und dann erwärmt, so daß der Staub zu einzelnen Punkten schmilzt. Dann wird mittels eines Pinsels schwarzer Deckfirnis leicht auf die Stellen aufgetragen, welche weiß bleiben sollen (die Lichter werden gedeckt), und demnächst die Platte geätzt. Hierauf kommen die Halblichter, Mitteltöne, Halbschatten etc., wie bei der Radierung, bis zu den tiefsten Schatten. Diese erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts von Le Prince (1768) erfundene Manier ist wieder aus dem Gebrauch gekommen. Die Punktiermanier ist eine Abart der Linienmanier und unterscheidet sich von derselben dadurch, daß statt der mit dem Grabstichel eingegrabenen Lineamente vermittelst des Bunzens Punkte eingeschlagen werden, welche unterbrochene Linien in ähnlicher Schwingung wie beim Linienstich darstellen. Diese Manier wurde schon gegen das Ende des 16. Jahrh. in Nürnberg geübt. Die moderne englische Punktiermanier, welche besonders beim Stahlstich angewandt wird, ist im Prinzip ähnlich, doch in ihrer Anwendung verschieden; auch wird bei ihr der Grabstichel angewandt, so daß sie eigentlich Punktierstich (statt Linienstich) ist. Die Crayonmanier oder der Kreidestich, seit Mitte des vorigen Jahrhunderts besonders in Frankreich geübt, besteht in der Nachahmung von Kreidezeichnungen, häufig in rötlicher Farbe. Der Farbendruck in Kupfer wird von mehreren Platten bewirkt. Er ist neuerdings durch die Franzosen wieder aufgenommen und auch für die Buchillustration verwertet worden (vgl. Farbiger Stich).
Wenn die Kupferstichplatte auf eine der angeführten Manieren hergestellt ist, kommt sie in die Kupferdruckpresse, welche eine von der Buchdruckpresse ganz abweichende Konstruktion hat. Im wesentlichen besteht dieselbe aus einem Gestell, welches zwei wenig voneinander abstehende, verstellbare, entgegengesetzt laufende Eisenwalzen trägt, zwischen denen das zum Aufnehmen der Platte bestimmte Lauf- oder Druckbrett liegt. Man schwärzt nun die etwas erwärmte Platte ein, so daß alle Vertiefungen mit Farbstoff gefüllt sind, und reibt sie dann so wieder ab, daß nur in den Vertiefungen Farbe bleibt, die erhabenen Stellen dagegen ganz rein sind. Sodann legt man sie auf das Laufbrett und zwar mit der gestochenen Seite nach oben, darauf das angefeuchtete Kupferdruckpapier, auf dieses eine Lage von 3-4 glatten, guten Tüchern von Wolle oder eine dünne Filzdecke und zieht dann, indem die Walzen durch ein Schwungrad in Bewegung gesetzt werden, das Laufbrett mit Platte und Papier zwischen denselben so durch, daß das Papier mit möglichster Kraft in die Vertiefungen der Platte vermittelst des doppelten Walzendrucks hineingepreßt wird. Hiermit ist der Druck eines Exemplars vollbracht. Vor jedem neuen Abdruck muß die Platte wieder erwärmt und aufs neue eingeschwärzt werden. Das Verfahren ist also ein ziemlich langsames, bei größern Platten können täglich nur 20-25 Abdrücke gemacht werden. Eine gute Platte hält, wenn sie in Linienmanier gestochen, 1000 gute und weitere 1500 brauchbare Abdrücke aus, Radierungen nur 2-300. Um mehr Abdrücke zu erzielen, werden die Platten der letztern verstählt oder galvanoplastisch vervielfältigt. Da es demzufolge für die Qualität des Stiches sehr wesentlich ist, zu wissen, ob er dem ersten oder zweiten Tausend der Abdrücke angehört, so pflegt man die ersten 100-200 Abdrücke ohne Unterschrift zu drucken, d. h. die Unterschrift erst nach dem Abzug dieser Exemplare (avant-la-lettre) darunter stechen zu lassen, welche deshalb wertvoller und seltener sind als die Drucke mit der Schrift. Auch unter den »avant la lettre« werden noch die sogen. Drucke auf chinesisches Papier und die Épreuves d'artiste (d. h. Abdrücke mit dem eigenhändig eingravierten Namen des Stechers, mit dem Porträt des Künstlers, nach welchem das Blatt gestochen ist, oder mit andern Auszeichnungen), die allerersten Abdrücke, besonders hoch geschätzt. Die folgenden Abdrücke mit der Unterschrift heißen après oder avec la lettre. Durch das Verfahren der galvanoplastischen Vervielfältigung gestochener Kupferplatten ist jedoch dieser Unterschied im Wert fast illusorisch geworden, da man, ohne von der Originalplatte selbst zu drucken, galvanoplastische Platten in beliebiger Anzahl herstellen kann. Auch das sogen. Verstählen der gestochenen Kupferplatten sichert die Herstellung einer bedeutend größern Anzahl tadelfreier Abdrücke. Neuerdings kommt es vor, daß die Platte, nachdem eine bestimmte Zahl von Abdrücken gemacht, zerstört wird, um die Seltenheit der Blätter zu erhöhen. Außer der Unterschrift des Titels, welcher den Gegenstand der Darstellung bezeichnet, findet man dicht unter dem Bildrand an den Ecken und in der Mitte den Namen des Malers oder Kompositors des Bildes mit der Abkürzung pinx. (pinxit) oder inv. (invenit), des Zeichners mit del. (delineavit), des Stechers mit sc. (sculpsit) und auch wohl des Druckers mit imp. (impressit) oder exc. (excussit).
Der Kupferstich kam um 1440, wie es scheint, im südwestlichen Deutschland auf, d. h. der oben erwähnte