Karren
oder Schratten, französisch Lapier,
Lapiaz. So nennt man die auf Kalksteinmassen, die der Nässe ausgesetzt
sind, sich bildenden Vertiefungen und Wasserrinnen, die sich mit der Zeit ausserordentlich erweitern
und verzweigen und dann ganze weite «Karren
felder» bilden können. Hier
wird die Felsoberfläche bald von engen, bald wieder von weiten, unregelmässigen Rinnen und
Löchern durchbrochen. Die dazwischen
stehen gebliebenen
Rippen und
Kämme sind zumeist scharfkantig und rauh, oft sogar messerscharf.
Dabei behält die ganze ausgezackte und durchbrochene Gesteinsmasse ihren soliden Zusammenhang, so dass
lose Trümmer sich selten finden. Die Ursache der Karren
bildung ist eine chemische Zersetzung des Kalksteins durch Regenwasser
und schmelzenden
Schnee. Karren
können in jedem feuchten Klima entstehen, finden sich aber hauptsächlich da,
wo
Schnee lange
liegt und sein Schmelzwasser die Unterlage während des grössten Teiles des Jahres nass erhält, d. h.
also in der Nähe der Schneelinie.
Viele der hoch gelegenen Karren
felder werden nach schneereichem Winter in kalten und nassen Sommern überhaupt nicht schneefrei,
während tiefer unten oder in günstiger Lage in warmen Jahren in den Karren
löchern Humus und Pflanzensamen
sich ansammeln, aus denen dann Alpenpflanzen sich entwickeln, die als kriechende Polster bald ganze grosse Flächen überkleiden
können. «Wunderbar glänzt im Sommer die Farbenpracht der Blüten mitten aus
dem weissgrauen, kahlen Karren
feld. Die
Löcher und Furchen der wilden Gesteinsfläche füllen sich durch das Absterben der
untern Pflanzenwurzeln mehr und mehr mit Humuserde an, die
Ast- und Wurzelgeflechte benachbarter Kolonien
verweben sich, und allmählig ragen nur noch die höchsten Karren
kämme steinig rauh aus der immer dichter, dicker und zusammenhängender
wachsenden Pflanzendecke hervor, und endlich ... werden auch diese letzten
Rippen unter der schwellenden Pflanzendecke begraben.»
Zu Karren
ausgebildet werden namentlich Flächen von reinem Kalkstein (Urgon oder Schrattenkalk und Malm
oder Hochgebirgskalk), während unreine Kalke und andere Felsarten durch Verwitterung und Frost in ein Haufenwerk von Grus
und Trümmern aufgelöst werden (Blockgipfel und Felsenmeere). Sehr schöne und typische Karren
sieht man z. B. an der
Silbern,
auf der Karren-
und
Rädertenalp im Kanton Schwyz,
am
Mattstock bei
Amden, in der Mulde des sog. Grossen
Schnees am
Säntis,
im
Melchthal etc. Vergl.
Heim,
Alb. Einiges über die Verwitterungsformen der
Berge. (Neujahrsblatt der Natur forsch. Gesellsch.
in Zürich
auf 1874). Zürich
1873. - Ferner Schweizer. Idiotikon. Band III, S. 422.