Karolinger
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fränk. Dynastie, welche erst die Majordomuswürde im alten Frankreich bekleidete, mit Pippin dem Kleinen 751 den fränkischen Thron [* 2] bestieg und sich durch Ludwigs des Frommen Söhne in drei Linien teilte: eine italienisch-lothringische, die schon 875, eine deutsche, die 911, und eine französische, die 987, resp. 994 erlosch. Die Heimat dieses glorreichen Geschlechts ist in dem Gebiet zwischen Maas und Mosel, Rhein, Roer und Amblève, also mitten in Austrasien, zu suchen, als Stammvater Arnulf, Bischof von Metz [* 3] (612-627, gest. 641), zu betrachten.
Karolinische Bücher -

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Seite 9.555.Sein Sohn Ansegisil heiratete eine Tochter des Majordomus von Austrasien, Pippin von Landen (622-639); diese Würde ging aber nicht auf ihn, sondern auf Pippins Sohn Grimoald über. Als dieser 656 einen verfrühten Versuch machte, sein Geschlecht an der Stelle des merowingischen auf den fränkischen Thron zu setzen, mußte er diesen Ehrgeiz mit dem Leben bezahlen. Doch des Ansegisil Zweig blühte fort, sein Sohn Pippin (von Herstal) gewann 687 durch die Schlacht bei Testri das Majordomusamt im gesamten fränkischen Reich. Nach seinem Tod folgte nicht sein unmündiger Enkel Theudoald, sondern sein unehelicher Sohn Karl Martell (714-741) als Majordomus, demselben 741 seine Söhne Karlmann und Pippin der Kleine, welch letzterer, als Karlmann 747 ins Kloster ging, allein das Ruder in die Hände bekam. Dieser ließ sich nach Entthronung ¶
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des letzten Merowingers im Herbst 751 zum König der Franken krönen (starb 768). Sein Sohn Karl d. Gr. (768-814) brachte nach seines Bruders Karlmann Tod (771) das ganze Frankenreich unter seine Botmäßigkeit und erlangte 800 auch die römische Kaiserkrone. Von seinen Söhnen starben Karl und Pippin vor dem Vater, den nur der jüngste, Ludwig I., der Fromme (814-840), überlebte. Bei der vorläufigen Reichsteilung 817 erhielt Ludwigs ältester Sohn, Lothar, Italien [* 5] und die Kaiserkrone, der zweite Sohn, Pippin, erhielt Aquitanien und der jüngste, Ludwig, Bayern. [* 6] Als Ludwig der Fromme zu gunsten seines in zweiter Ehe erzeugten Sohns, Karls des Kahlen, die Teilung ändern wollte, entspann sich ein Kampf zwischen Vater und Söhnen, den letztere nach des erstern Tod unter sich fortsetzten, bis im Vertrag von Verdun [* 7] (10. Aug. 843) der Zwist beigelegt ward.
Deutsche Altertümer -

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Deutsche.Lothar I. blieb Kaiser und erhielt Italien sowie die Länder zwischen dem Rhein und der Schelde, vom Ursprung der Maas bis zum Einfluß der Saône in den Rhône und längs dieses bis ans Mittelländische Meer, nebst Friesland bis zur Wesermündung; Ludwig der Deutsche [* 8] die Länder rechts vom Rhein und die Sprengel von Speier, [* 9] Worms [* 10] und Mainz; [* 11] Karl der Kahle Westfrancien westlich vom Lotharschen Anteil. Dieser Teilung verdanken die Reiche Italien, Deutschland [* 12] und Frankreich ihre Entstehung.
Die Söhne Lothars I. teilten 855 nochmals, und zwar erhielt Ludwig II. Italien und die Kaiserwürde, Lothar II. die Länder an der Maas als Königreich Lothringen, Karl das Rhônegebiet als Königreich Provence. Als letzterer 863 kinderlos starb, teilten sich die erstern in seine Länder; als aber auch Lothar II. 869 ohne Erben mit Tod abging, teilten Karl der Kahle und Ludwig der Deutsche seine Länder zu Mersen (870). Auch Ludwig II. starb 875 kinderlos, und mit ihm erlosch daher Lothars Linie.
Königreich Sachsen

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Sachsen.
Ludwig der Deutsche hinterließ, als er 876 starb, drei Söhne, nämlich Karlmann, welcher Bayern und die
östlichen Marken und 877 nach Karls des Kahlen Tod Italien erhielt, aber 880 ohne rechtmäßige Nachkommen starb, Ludwig den jüngern,
welcher Franken, Thüringen und Sachsen
[* 13] bekam und 882 ebenfalls kinderlos starb, und Karl den Dicken, dem erst Schwaben und das
Elsaß, später Italien mit der Kaiserwürde und der Rest von Deutschland, 884 aber auch die Krone von Frankreich
zufielen. Als er 887 abgesetzt ward, folgte ihm in Deutschland Arnulf, ein natürlicher Sohn seines Bruders Karlmann, und diesem 899 Ludwig
III., das Kind, mit welchem 911 die ostfränkische oder deutsche Linie der Karolinger
erlosch. Arnulfs natürlicher Sohn Zwentibold
erhielt Lothringen, starb aber 900 ohne männliche Erben. In Frankreich folgte auf Karl den Kahlen dessen Sohn Ludwig der Stammler,
der 879 seine Söhne erster Ehe, Ludwig III. (gest. 882) und Karlmann I. (gest. 884), zu Nachfolgern hatte.
Deren Halbbruder Karl der Einfältige wurde anfangs übergangen, dann nur in einem Teil des Landes anerkannt,
und erst sein Sohn Ludwig IV., der Überseeische, kam 936 in den Besitz des Throns. Ihm folgte 954 sein ältester Sohn, Lothar
I., der 986 starb. Mit dessen Sohn Ludwig V. erloschen die Karolinger
987 auch in Frankreich. Ludwigs IV. zweiter Sohn, Karl, Herzog von
Niederlothringen, ward von Hugo Capet besiegt und starb 994 im Gefängnis. Sein ältester Sohn, Otto, folgte
in Niederlothringen und starb 1003; der jüngere, Ludwig, schmachtete noch lange in französischer Haft. Sie waren die letzten
Sprößlinge des karolingischen Geschlechts.
Vgl. Warnkönig und Gérard, Histoire des Carolingiens (Par. 1862, 2 Bde.);
Bonnell, Die Anfänge des karolingischen Hauses (Berl. 1866).